Weltwirtschaft im Wandel
EU schlägt zurück: Neue Handelsallianzen gegen Trumps Zölle
Trumps Zölle zwingen die Welt zum Umdenken. Die EU und andere Länder schließen neue Handelsabkommen, um die Abhängigkeit von den USA zu reduzieren.
- Trumps Zölle fördern neue Handelsabkommen weltweit.
- EU diversifiziert Handelsbeziehungen, um Abhängigkeit zu verringern.
- Kurzfristige Vorteile begrenzt, langfristige Strategie entscheidend.
- Report: Platzt die Alles‑Blase?
Die Importzölle der Vereinigten Staaten unter Präsident Donald Trump haben weltweit neue Dynamik in den internationalen Handelsbeziehungen entfacht. Länder, die Einbußen durch den eingeschränkten Zugang zum US-Markt ausgleichen wollen, schließen vermehrt Freihandelsabkommen.
Seit Trumps Wiederwahl im vergangenen November hat die Europäische Union drei Handelsabkommen abgeschlossen – mit dem südamerikanischen Mercosur-Block, Mexiko und Indonesien – und strebt bis Ende dieses Jahres ein viertes mit Indien an. Auch Mercosur hat ein Abkommen mit der vierköpfigen Europäischen Freihandelszone unterzeichnet und die 2021 unterbrochenen Verhandlungen mit Kanada wieder aufgenommen. Indien und Neuseeland haben Gespräche nach einer zehnjährigen Pause wiederbelebt, während die Vereinigten Arabischen Emirate im Januar gleich drei Abkommen an einem Tag unterzeichneten.
Brüssel betont, dass die neuen Bündnisse Teil der Antwort auf die "ungerechtfertigten" US-Zölle von rund 15 Prozent auf EU-Waren seien. Hinzu komme die chinesische Überproduktion und Exportbeschränkungen bei kritischen Mineralien, die die EU für ihre grüne Transformation benötigt.
Diversifikation statt Abhängigkeit vom US-Markt
EU-Handelskommissar Maros Sefcovic erklärte gegenüber Abgeordneten im vergangenen Monat, dass die Vereinigten Staaten mit 17 Prozent des EU-Handels im vergangenen Jahr "nicht das einzige Spiel in der Stadt" seien. "Wir müssen uns auch um die übrigen 83 Prozent kümmern. Das bedeutet, unsere Beziehungen weiter zu diversifizieren", so Sefcovic.
Die Botschaft zeigt Wirkung. Länder, die bislang zögerlich gegenüber offenen Märkten waren, darunter Indien und Frankreich, lockern ihre Positionen. Auch WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala begrüßt die Entwicklung, sofern die Abkommen den Regeln der Welthandelsorganisation entsprechen. "Mitglieder, die mehr Abkommen miteinander verhandeln, diversifizieren den Handel und unterstützen die WTO", sagte sie.
Kurzfristiger Nutzen begrenzt, langfristige Strategie entscheidend
Kurzfristig können die neuen Abkommen die Verluste durch US-Zölle kaum ausgleichen. Während die Zölle sofort greifen, benötigen Handelsverträge Jahre für Genehmigungen und gestaffelte Zollsenkungen. Investitionen könnten jedoch früher ausgelöst werden, um Vorteile zu nutzen.
Langfristig bleiben die Effekte ungewiss. EU-Exporte in die Vereinigten Staaten und nach China machen etwa vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Niclas Poitiers vom Bruegel-Thinktank schätzt, dass die Trump-Zölle das EU-BIP nur um 0,2 bis 0,3 Prozent reduzieren könnten, wobei die Unsicherheit Investitionen hemmen könnte. Poitiers betont auch den politischen Wert:
"Es geht darum sicherzustellen, dass Handelsbeziehungen nicht nur auf internationalen Regeln beruhen, die heute weniger verbindlich sind, sondern auch durch bilaterale Verträge abgesichert werden."
Europa als verlässlicher Partner
Sabine Weyand, Generaldirektorin der EU-Handelsabteilung, bezeichnete die Union vor dem Europäischen Parlament als "verlässlichen Handelspartner für den Rest der Welt". Sander Tordoir vom Centre for European Reform sieht Europa als möglichen Anführer eines "Rest-of-the-Band"-Blocks, weist aber auf die Herausforderung hin: Länder wie Japan oder die EU haben Handelsüberschüsse und benötigen Käufer. "Die Herausforderung ist enorm. Die Vereinigten Staaten haben lange etwa 50 Prozent der globalen Handelsdefizite ausgemacht und damit eine wesentliche Nachfrage für Exporte geschaffen", sagte Tordoir.
Für die EU gilt: Die übrige Welt allein reicht nicht, um die Vereinigten Staaten und China zu ersetzen. "Europa muss die Binnennachfrage ankurbeln, sonst droht eine Stagnation", warnte Tordoir.
Saskia Reh, wallstreetONLINE Redaktion

