Chinesische Aktien boomen
Chinas Rallye – Ein gefährlicher Traum oder der Start einer neuen Ära?
Der chinesische Aktienmarkt erlebt einen historischen Aufschwung, der Hoffnungen auf einen Konsumboom weckt. Doch sind die Verbraucher wirklich bereit, mehr auszugeben? Ein Blick auf Chancen und Risiken für Investoren.
- Chinesischer Aktienmarkt boomt, Konsum bleibt skeptisch.
- Regierung fördert Konsum, Aktienmarkt als Schlüssel.
- Internationale Investoren zeigen wachsendes Interesse.
- Report: Platzt die Alles‑Blase?
Im September verzeichneten chinesische Aktien den fünften Monat in Folge Kursgewinne, die beste Entwicklung seit 2018. Der Shanghai Composite erreichte Anfang des Monats ein Zehnjahreshoch, und der Hongkonger Hang Seng Index stieg 2025 um rund 30 Prozent.
Diese Performance weckte Hoffnungen, dass der Konsum von einem sogenannten Vermögenseffekt profitieren könnte, wenn sich die Menschen durch den boomenden Aktienmarkt reicher fühlen.
Allerdings machen Aktien nur einen kleinen Teil des Gesamtvermögens der Haushalte aus, weshalb die verbesserte Stimmung bislang nicht zu höheren Ausgaben der Verbraucher geführt hat. Die chinesische Regierung hat die Förderung der Konsumausgaben zu einer politischen Priorität für 2025 erklärt und strebt an, den Aktienmarkt als verlässliche Gewinnquelle für Haushalte sowie als Finanzierungsquelle für Pekings technologische Ambitionen zu nutzen.
Im kommenden Fünfjahresplan wird dem Konsum voraussichtlich eine größere Rolle zugeschrieben. Eine lange Phase stetiger Kursgewinne könnte mehr Menschen an den Aktienmarkt locken, was zu einer Stabilisierung des öffentlichen Vertrauens beitragen würde.
"Es gibt eine Änderung der politischen Absichten, da der Deflationsdruck immer stärker wird", sagte Hao Hong, CIO bei Lotus Asset Management.
"Die politischen Entscheidungsträger waren der Meinung, dass sie etwas unternehmen müssen, um den Fokus wieder auf das Wirtschaftswachstum zu lenken, anstatt Risiken zu minimieren."
Chinesische Aktien, die einst als instabil galten, ziehen sowohl lokale als auch ausländische Anleger an. Die chinesische Regierung hat Maßnahmen ergriffen, um mehr institutionelles Kapital anzuziehen und den Aktienmarkt als langfristige Anlagealternative zu etablieren.
Die schwache Lage im Immobilienmarkt und die nach wie vor strengen Investitionsbeschränkungen im Ausland haben dazu geführt, dass sich immer mehr Menschen wieder dem Aktienmarkt zuwenden. Zudem hat die Entspannung im Handelskrieg zwischen den USA und China die Stimmung verbessert.
Hou Yujie, die traditionelle chinesische Kleidung für Fotos in Peking vermietet, hat laut CNBC kürzlich zehn Prozent ihres Geldes in den Markt investiert und innerhalb weniger Tage ein Monatsgehalt verdient. "Die Zinsen für Bankeinlagen sind so niedrig, dass ich mich gar nicht erst damit beschäftigen möchte", erklärte Hou.
Dennoch bleibt die Skepsis vieler Privatanleger hoch. Nach dem massiven Börsencrash vor einem Jahrzehnt sind viele Chinesen zurückhaltend, ihr Geld in Aktien zu investieren.Viele glauben nach wie vor, dass es sich beim Aktienmarkt um eine Art Glücksspiel handelt. In China machen Privatanleger etwa 90 Prozent des täglichen Handels aus, was den Markt anfällig für schnelle Schwankungen macht.
Es gibt auch Anzeichen für zunehmendes Interesse internationaler Fonds. Ein Bericht von Morgan Stanley zeigt, dass globale Hedgefonds im August den größten monatlichen Kauf chinesischer Aktien seit sechs Monaten verzeichneten. Polar Capital, ein Vermögensverwalter mit einem Portfolio von rund 20 Milliarden US-Dollar, hat seine China-Allokation in diesem Jahr von knapp über 20 Prozent auf mehr als 30 Prozent erhöht. Auch Cathie Wood hat ihre Investitionen in chinesische Aktien ausgebaut und für mehr als 32 Millionen US-Dollar Alibaba- und Baidu-Aktien gekauft.
Brett Barna, ein ehemaliger Hedgefonds-Manager, erklärte:
"China ist interessant, weil es kaum Korrelationen zum Rest der Welt gibt."
Der wachsende Kapitalzufluss in den chinesischen Aktienmarkt zeigt, dass China als eigenständige Anlageklasse zunehmend anerkannt wird. Laut Zheng Yuchen, CIO von Allianz Global Investors, wird China in Portfolios nicht mehr ausgeschlossen.
Autor: Nicolas Ebert, wallstreetONLINE Redaktion
