Treasuries werden Stars
Hohe Renditen für Investoren: US-Langläufer erleben Trendwende
Nach Monaten der Wetten auf Kurzläufer haben Trader plötzlich langlaufende US-Bonds wiederentdeckt. Das könnte Aktien unter Druck setzen, den US-Dollar stärken und die Finanzwelt bis Jahresende gehörig durchschütteln.
- Trader setzen wieder auf langlaufende US-Bonds.
- Aktien könnten unter Druck geraten, Dollar stärken.
- Politische Unsicherheiten könnten Markt durcheinanderwirbeln.
- Report: Platzt die Alles‑Blase?
Die Ruhe auf dem Anleihemarkt war trügerisch – jetzt ist sie vorbei. Investoren haben monatelang darauf gewettet, dass die Renditen von kurzlaufenden US-Staatsanleihen stärker sinken als die von Langläufern. Diese zunehmend steilere Bond-Kurve (ein sogenanntes "Steepening"), bedeutet, dass die Zinsdifferenz zwischen langen und kurzen Laufzeiten größer wird.
Die Strategie war sehr lukrativ, da die Hoffnung auf Zinssenkungen durch die US-Notenbank zu einem Einbruch der Kurzläufer-Renditen, die politisch sensibler reagieren, führte. Die langfristigen Renditen blieben unter anderem aufgrund fiskalischer und politischer Bedenken auf einem höheren Niveau. Laut einem Bloomberg-Index trug diese Dynamik auch dazu bei, dass der Anleihemarkt bis September die beste Jahresperformance seit fünf Jahren erzielte.
Doch in den letzten Wochen zeigt sich eine klare Trendwende: Papiere mit 10 und 30 Jahren Laufzeit stehen plötzlich wieder hoch im Kurs, und die Renditen beginnen zu sinken. Die Allianz-Tochter Pimco rät ihren Kunden, sich die derzeit noch attraktiven Renditen zu sichern, während JPMorgan Asset Management und TD Securities beobachten, dass Investoren verstärkt aus kurzfristigen Anleihen in längerfristige, renditestärkere Laufzeiten wechseln.
Zehnjährigen US-Bonds rentierten in der vergangenen Woche um fünf Basispunkte niedriger bei rund 4,1 Prozent, die Rendite der 30-jährigen sank auf 4,7 Prozent. Für viele Anleger ist das ein Signal, jetzt die Chance auf stabile Erträge oberhalb der Marke von 4 Prozent mitzunehmen. Experten wie Warren Pierson von Baird Funds sprechen von guten Chancen am Bondmarkt, vor allem für Pensionsfonds und alle, die auf Sicherheit setzen.
Hinter der Bewegung steckt eine Mischung aus Vorsicht und Opportunismus. Anleger nehmen Gewinne aus dem erfolgreichen Steepening-Trade mit und sichern sich gleichzeitig die höheren Zinsen, die Langläufer aktuell bieten. Die US-Wirtschaft zeigt sich widerstandsfähig, die Fed lässt sich Zeit mit Zinssenkungen, und der Regierungsstillstand verschärft die Unsicherheit. Länger laufende Anleihen wirken in diesem Umfeld wie ein Schutzschild gegen wilde Börsenbewegungen. Aber so verlockend die Aussicht auf sichere Zinsen bei langen US-Anleihen auch ist, politische Krisen wie der US-Regierungsstillstand und unvorhersehbare Entscheidungen der Fed können den Markt schnell durcheinanderwirbeln.
Die kommenden Treasury-Auktionen werden zeigen, wie stark die Nachfrage wirklich ist. Analysten wie Bill Campbell von DoubleLine Capital glauben, dass die Rallye erst am Anfang steht. Zinssenkungen, steigende Staatsverschuldung und Unsicherheit über US-Politik werden Campbell zufolge dafür sorgen, dass Anleger weiterhin mehr Rendite für längere Laufzeiten verlangen.
Wenn seine Prognose aufgeht, könnten sich Investoren mit der Wette auf Langläufer attraktive Zinsen sichern und gleichzeitig ihr Portfolio gegen fallende Aktienkurse absichern. Die Trendwende markiert einen beachtenswerten Richtungswechsel nach Monaten, in denen die Märkte auf Kurzläufer gesetzt hatten. Wenn die Fed ihre Politik hält und die Nachfrage anhält, könnten Treasuries mit Laufzeiten ab 10 Jahren bis Jahresende die Stars am Anleihemarkt sein.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion

