Wer zahlt die Zölle?
US-Verbraucher und Unternehmen zahlen 77 Prozent der Zölle
Trotz Trumps Versprechen, dass ausländische Unternehmen die Zölle übernehmen, zeigt eine Analyse: US-Unternehmen und Verbraucher zahlen drei Viertel der Kosten – und der Preisanstieg wird die Inflation weiter anheizen.
- US-Unternehmen und Verbraucher tragen Zölle hauptsächlich.
- Zölle heizen Inflation an, Kaufkraft der Bürger sinkt.
- Welthandel wächst nur um 0,5% wegen Zollpolitik.
- Report: Platzt die Alles‑Blase?
Die Handelszölle, die US-Präsident Donald Trump zur Bekämpfung von Handelsungleichgewichten und zur Förderung der heimischen Produktion eingeführt hat, sollen eigentlich von den Handelspartnern getragen werden. Das wurde der Bevölkerung oft genug versprochen.
Doch eine genauere Analyse zeigt: Die Rechnung für diese Zölle bezahlen vor allem US-Unternehmen und die Verbraucher. Trump hatte gehofft, dass die Zölle den Druck auf ausländische Unternehmen erhöhen und diese gezwungen wären, ihre Preise zu senken, um auf dem US-Markt konkurrenzfähig zu bleiben. Die Realität sieht anders aus: Studien und Expertenmeinungen belegen, dass die Hauptlast der Zölle von US-Unternehmen getragen wird, die die erhöhten Importkosten oft an die Verbraucher weitergeben müssen.
Laut einer Untersuchung der Harvard-Universität, die die Preise von mehr als 350.000 Produkten in US-Einzelhandelsgeschäften überwachte, sind Importwaren seit der Einführung der Zölle im März im Durchschnitt um 4 Prozent teurer geworden, während die Preise für inländische Produkte nur um 2 Prozent gestiegen sind. Besonders stark betroffen sind Produkte, die die USA nicht selbst herstellen können, wie zum Beispiel Kaffee, oder Produkte aus stark besteuerten Ländern wie der Türkei.
Es gibt Analysen, die den US-Verbrauchern die klare Hauptlast der Zölle zuschreiben. Laut einer Studie von Goldman Sachs wird erwartet, dass US-Verbraucher bis Ende des Jahres etwa 55 Prozent der Zölle tragen werden, während US-Unternehmen 22 Prozent übernehmen und ausländische Exporteure nur 18 Prozent der Kosten durch Preissenkungen absorbieren. Die restlichen 5 Prozent der Zölle werden voraussichtlich durch Umgehungsstrategien und Verzögerungen vermieden. Mit anderen Worten: Die US-Zolleinnahmen stammen zu 77 Prozent aus den Geldbörsen der Bürger und Unternehmen des Landes.
Diese Schätzungen stimmen mit den Ergebnissen einer Reihe von Studien überein, die zeigen, dass die Zölle die Preise für Konsumgüter in den USA erheblich verteuert haben. Die Goldman-Experten gehen davon aus, dass Zölle allein bereits um 0,44 Prozentpunkte zur Kerninflation beigetragen haben und die Inflation bis Dezember auf 3 Prozent ansteigen könnte, was die Kaufkraft der US-Verbraucher zusätzlich belastet. Die Boston-Fed prognostiziert, dass die Zölle die Kerninflation um 75 Basispunkte (0,75 Prozentpunkte) antreiben werden.
Die Auswirkungen der Zölle sind in den letzten Monaten deutlich sichtbar geworden. Besonders betroffen sind Sektoren, die stark auf Importe angewiesen sind, wie die Automobilindustrie und Konsumgüterhersteller. Zuletzt haben unter anderem Unternehmen wie Procter & Gamble und Ray-Ban-Hersteller EssilorLuxottica ihre Preise bereits erhöht.
Der weltweite Handel wird durch die Zollpolitik insgesamt ausgebremst. Die Welthandelsorganisation WTO erwartet für das nächste Jahr nur noch ein Wachstum des Welthandels von 0,5 Prozent – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu den bisherigen Prognosen.
Trotz Trumps Versprechen, dass die Zölle die Handelspartner treffen würden, zeigt sich, dass vor allem die US-Wirtschaft die Zeche zahlt. Die Unternehmen übernehmen einen Großteil der Zölle und geben diese Kosten dann in Form höherer Preise an die Verbraucher weiter. Die Auswirkungen dieser Politik sind bereits spürbar und könnten sich in den kommenden Monaten noch verstärken, insbesondere wenn die US-Zölle gegenüber China weiter steigen. Noch federn die großen Konzerne einen Teil der höheren Kosten ab, langfristig aber kann das nicht funktionieren, weil ihre Margen dadurch zu stark gedrückt werden. Letztendlich hat das zur Folge, dass sich die amerikanischen Verbraucher auf immer weiter steigende Preise einstellen müssen.
Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Redaktion


