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     2994  0 Kommentare Kann die Liquidität uns jetzt retten?

    Die Lage ist viel ernster als geglaubt

    Die Märkte haben wirklich herb zugeschlagen. Überall hört man jedoch, dass die Liquidität weltweit so groß ist, dass den Märkten nichts Ernsthaftes passieren kann. Das ist ein wunderbarer Grund, das sehr zweischneidige Thema „Liquidität“ noch einmal genau zu analysieren.

    Im Teil (1) werde ich die naive Begründung und in Teil (2) die wissenschaftliche für das Argument liefern, dass eine hohe Liquidität die Kurse treibt – und anschließend jeweils die Schwachstellen dieser Argumentationen aufzeigen. Im Teil (3) werde ich schließlich versuchen, eine Konklusion zu ziehen und zu einem Urteil zu gelangen.

    (1)

    Die weltweit hohe Liquidität, so heißt es, muss angelegt werden. Deswegen werden die Kurse weiter steigen. Das ist schon von der Logik her unmöglich. Liquidität (=Geld) kann nicht angelegt werden. Wenn ich die Möhre in den Entsafter stecke, wechselt die Möhre ihren Aggregatszustand. Dann hat die Möhre ihre Anlageform gefunden. Doch anschließend ist die Möhre weg. Versucht man jedoch, Liquidität anzulegen, dann wird sie nur vom Konto des Aktienkäufers auf das des Aktienverkäufers transferiert und verschwindet nicht wie die Möhre. Das Liquiditätsargument ist damit ein Perpetuum mobile. Doch ein Perpetuum mobile gibt es nicht. Das Liquiditätsargument ist folglich falsch.

    Nichts desto Trotz ist es natürlich richtig, dass eine ansteigende Liquidität aufgrund höherer Inanspruchnahme von Zentralbankausleihungen die Kurse treibt. Denn niemand wird sich Geld bei der Zentralbank besorgen, wenn er nicht denken würde, damit an den Märkten einen höheren Ertrag erwirtschaften zu können als er für die Geldaufnahme bei der Zentralbank bezahlt. Das Problem ist nur, dass man dann, wenn man die Höhe der Liquidität misst, niemals weiß, was mit ihr schon „gelaufen“ ist.

    (2)

    Damit kommt die wissenschaftliche Argumentationen ins Spiel. Hier wird portfoliotheoretisch behauptet, der private Sektor habe eine bestimmte Vorstellung eines Portfoliogleichgewichts, also einer in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehenden Allokation von Liquidität (=Geld) und Finanzaktiva (=Aktien und Bonds). Erhöht sich nun die Liquidität, so besteht ein Ungleichgewicht von zu viel Geld auf der einen und zu wenig Finanzaktiva auf der anderen Seite. Um wieder zum Gleichgewicht zu kommen, werden folglich Finanzaktiva nachgefragt, bis der Preis so weit gestiegen ist, dass der Wert der Finanzaktiva (=unveränderte Menge zu jetzt höheren Preisen) wieder in einem gleichgewichtigen Verhältnis zur Liquidität steht.

    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Kann die Liquidität uns jetzt retten? Die Lage ist viel ernster als geglaubt Die Märkte haben wirklich herb zugeschlagen. Überall hört man jedoch, dass die Liquidität weltweit so groß ist, dass den Märkten nichts Ernsthaftes passieren kann. Das ist ein wunderbarer Grund, das …