Aktien und Hirnforschung
Sind die Anleger selbst Schuld?
Anfrage an Radio Eriwan: „Gibt es eigentlich einen Unterschied zwischen Aktienspekulanten und Sexualstraftätern?“
Antwort: „Im Prinzip ja, doch es hat ihn noch niemand herausgefunden.“
Und heute? Was hat sich seit dem Fall des eisernen Vorhanges verändert?
Die Hirnforschung hat viele neue Erkenntnisse gewonnen. Gerade habe in der „WamS“ einen Beitrag des Hirnforschers Gerhard Roth. Er schreibt über den Schuldbegriff im Strafrecht und, glaube ich, im Anlagegeschäft. Dieser sei „...aufs Engste verbunden mit einem Konzept von Willensfreiheit, dass man „Alternativismus“ nennt. Es geht davon aus, dass man unter ansonsten identischen Bedingungen allein kraft geistiger Reflexion unterschiedlich entscheiden kann. Dem Täter wird entsprechend unterstellt, er hätte aus solchem freien Willen heraus den zur Straftat drängenden Motiven widerstehen und die Tat unterlassen können. Seine moralische Schuld besteht darin, dass er dies nicht getan hat.“
Eine Sichtung von Studien über Straftäter zeige jedoch, so Roth weiter, dass nahezu alle von ihnen „... eine hohe Übereinstimmung in einigen wenigen biologischen, individual- und sozialpsychologischen Merkmalen zeigen. Hierzu gehören (1) individuelle genetische Dispositionen, Hirnschädigung und neurophysiologische Defizite, (2) psychische Traumatisierung ..., und (3) Erfahrung ... in der eigenen Familie und im engeren Lebensbereich ... Da diese Faktoren die Persönlichkeit in einem Alter bestimmen, in dem niemand schuldfähig ist, können die Täter bei ihrem späteren Tun auch nicht im Traditionellen Sinne schuldig werden. Schließlich kann niemand für seine Gene, seine frühen psychischen oder sozialen Erfahrungen verantwortlich gemacht werden.“
Na bitte, Radio Eriwan! Im Grunde hat es ja schon die Bibel gewusst: Denn Sie wissen nicht, was Sie tun. Oder war es der Koran? Oder James Dean? Das ist ja alles viel komplizierter als man am Anfang glaubt.