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     1696  0 Kommentare Aktien und Hirnforschung


    Sind die Anleger selbst Schuld?

    Anfrage an Radio Eriwan: „Gibt es eigentlich einen Unterschied zwischen Aktienspekulanten und Sexualstraftätern?“
    Antwort: „Im Prinzip ja, doch es hat ihn noch niemand herausgefunden.“

    Und heute? Was hat sich seit dem Fall des eisernen Vorhanges verändert?

    Die Hirnforschung hat viele neue Erkenntnisse gewonnen. Gerade habe in der „WamS“ einen Beitrag des Hirnforschers Gerhard Roth. Er schreibt über den Schuldbegriff im Strafrecht und, glaube ich, im Anlagegeschäft. Dieser sei „...aufs Engste verbunden mit einem Konzept von Willensfreiheit, dass man „Alternativismus“ nennt. Es geht davon aus, dass man unter ansonsten identischen Bedingungen allein kraft geistiger Reflexion unterschiedlich entscheiden kann. Dem Täter wird entsprechend unterstellt, er hätte aus solchem freien Willen heraus den zur Straftat drängenden Motiven widerstehen und die Tat unterlassen können. Seine moralische Schuld besteht darin, dass er dies nicht getan hat.“

    Eine Sichtung von Studien über Straftäter zeige jedoch, so Roth weiter, dass nahezu alle von ihnen „... eine hohe Übereinstimmung in einigen wenigen biologischen, individual- und sozialpsychologischen Merkmalen zeigen. Hierzu gehören (1) individuelle genetische Dispositionen, Hirnschädigung und neurophysiologische Defizite, (2) psychische Traumatisierung ..., und (3) Erfahrung ... in der eigenen Familie und im engeren Lebensbereich ... Da diese Faktoren die Persönlichkeit in einem Alter bestimmen, in dem niemand schuldfähig ist, können die Täter bei ihrem späteren Tun auch nicht im Traditionellen Sinne schuldig werden. Schließlich kann niemand für seine Gene, seine frühen psychischen oder sozialen Erfahrungen verantwortlich gemacht werden.“

    Na bitte, Radio Eriwan! Im Grunde hat es ja schon die Bibel gewusst: Denn Sie wissen nicht, was Sie tun. Oder war es der Koran? Oder James Dean? Das ist ja alles viel komplizierter als man am Anfang glaubt.

    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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