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    Smart Investor Weekly 24/2008  1043  0 Kommentare Trichet - der Spielverderber

    Das neue Schreckgespenst…
    heißt Zinserhöhung. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat vergangene Woche unmissverständlich auf die Möglichkeit einer Zinsanhebung schon auf der nächsten Notenbanksitzung im Juli hingewiesen. Daraufhin ging der DAX auf Tauchstation. Steigende Zinsen sind an der Börse nie gerne gesehen. In der jetzigen Situation, in der die europäische Gemeinschaftswährung ohnehin schon lange zur Stärke gegenüber dem US-Dollar neigt und die Wachstumserwartungen auch in der Eurozone zurückgenommen werden müssen, könnten Zinserhöhungen allerdings zu einer deutlichen Verschärfung der Abwärtsrisiken beitragen. Eine weitere signifikante Euro-Aufwertung dürfte so langsam selbst den bis dato äußerst robusten Exporten Probleme bereiten, was unmittelbar negative Folgen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands und damit der Euro-Zone hätte. Auf dem Papier muss man Trichet Recht geben. Die aktuellen Inflationsdaten liegen deutlich über dem, was die EZB einst als Ziel für die Preissteigerung als tolerabel erachtete. Bereits mehrere Monate hintereinander kletterten die Verbraucherpreise in der Eurozone um mehr als 3% (annualisiert). Somit wäre es nur logisch und konsequent, wenn die Notenbanker eine Anhebung des Leitzinses beschließen würden. Immerhin ist die EZB im Unterschied zur FED nur der Preisstabilität verpflichtet. Dennoch würde sich wohl manch einer wünschen, dass Trichet mit etwas mehr Fingerspitzengefühl an die Sache heran gegangen wäre. Denn noch immer müssen die Märkte die Folgen der amerikanischen Hypothekenkrise verdauen.

    Alles nur ein verbales Muskelspiel?
    Wir werten Trichets Äußerungen daher noch nicht als Beleg, dass im Juli tatsächlich die Leitzinsen auch angehoben werden. Im Gegenteil: Eher sehen wir bis zum Herbst eine hohe Wahrscheinlichkeit für Zinssenkungen. Dann nämlich, wenn sich – wie von uns erwartet – die Baisse in den kommenden Monaten verschärft und neue Schieflagen im Bankensektor publik werden. In diesem Szenario kann die EZB nicht anders, als weiterhin zähneknirschend die Zinsen zu senken bzw. im „Best Case“ auf dem aktuellen Niveau zu belassen – Preisstabilität hin oder her. Wir interpretieren Trichets Aussagen vielmehr als verbales Muskelspiel, das die Inflationserwartungen herunterbringen sowie die Stärke und Entschlossenheit der Zentralbanker im Kampf gegen steigende Preise dokumentieren soll. Wie ein Boxer könnte die EZB rechts antäuschen (höhere Zinsen ankündigen), um letztlich links zuzuschlagen (alles beim Alten zu belassen).
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    Verfasst von 2Ralf Flierl
    Smart Investor Weekly 24/2008 Trichet - der Spielverderber Das neue Schreckgespenst… heißt Zinserhöhung. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat vergangene Woche unmissverständlich auf die Möglichkeit einer Zinsanhebung schon auf der nächsten Notenbanksitzung im Juli hingewiesen. Daraufhin ging der …