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     2208  0 Kommentare Hatten wir mal eine Finanzkrise?

    Die US-Aktienmärkte erlebten gestern ihren besten Tag seit Oktober 2002, der Geburtsstunde der vergangenen Hausse. (Allerdings lag das Baby dann noch bis März 2003 im Brutkasten).

    Auslöser für die furiose Wende im späten US-Handel war die Ankündigung, die US-Regierung strebe nach einer umfassenderen Lösung der Finanzkrise anstelle der bisherigen Feuerwehr-Aktionen. Finanzminister Henry Paulson denkt an eine Lösung ähnlich der Resolution Trust Corp (RTC), die ab 1989 die Nachwirkungen der Savings & Loan-Krise abfederte: Eine noch zu schaffende Institution soll notleidende „Assets“, Schuldverschreibungen usw. aufkaufen und damit Risiken aus dem Markt nehmen. Zudem wird daran gedacht, den bisher unregulierten, auf ein Volumen von über 60 Bill. Dollar taxierten CDS-Markt unter staatliche Aufwicht zu stellen.

    In den Tagen zuvor war die Kreditkrise mit der de-facto-Pleite von AIG außer Kontrolle geraten. Die Rendite für dreimonatige TBills (IRX) sackte auf nahezu 0 Prozent ab. Das zeigte die panikartige Flucht aus anderen Assets, die frei werdenden Mittel wurden hier geparkt. Die Angst war so groß, dass selbst ein deutlich negativer Realzins nicht störte - nur raus aus anderen Asset-Klassen. Der IRX und die effektive Target Rate der Fed klafften mit einem Wert von nahezu 280 Basispunkten so weit auseinander, wie seit mindestens einem Jahrzehnt nicht mehr. Ein ähnliches Bild zeigte der TED-Spread. (Link und Chart zu beiden Indikatoren auf der Web-Seite der TimePattern).

    Dann war auch die Nachricht nicht gerade hilfreich, dass die Fed in einer Hauruckaktion mit frischen Mitteln versorgt werden musste. Sie stand nach der 80 Mrd. Dollar schweren Übernahme von AIG kurzzeitig an der Wand. Da hätte die KfW die „versehentlich“ an die bankrotten Lehman Brothers überwiesenen 300 Mio. Euro doch besser an die Fed geschickt... Der in den Geldmärkten herrschende Stress wird auch deutlich, wenn man sich für das zweite Quartal die Aktivitäten im Repo-Markt ansieht: Im Tagesdurchschnitt gab es ausstehende Reverse Repo Agreements von fast 2,8 gegen ausstehende Repos im Volumen von gut 4,2 Bill. Dollar.

    Als weiteres Zeichen dafür, dass im Finanzbereich Weltuntergangsstimmung aufkam, mag auch gelten, dass Gold innerhalb von wenigen Stunden um 80 Dollar heraufschoss. Das soll der größte, jemals verzeichnete Tagesgewinn gewesen sein.

    Als Anlass der furiosen Wende am Aktienmarkt kann der Plan der US-Regierung von einer Widerauflage des RTC gelten, ja. Als Ursache ist aber in erster Linie eine Short-Squeeze zu nennen, die der Einsetzung neuer Regeln der SEC folgte. Das Eingehen ungedeckter Leerverkäufe ist jetzt generell verboten, zuvor war es in der Regel erlaubt, die Deckung innerhalb von drei Tagen nachzuholen. Die britische Finanzaufsicht hat heute Nacht ein entsprechendes, temporäres Verbot erlassen. Man erwartet aber, dass sie dem Beispiel der SEC folgt. Zudem hat Pensionsfonds von New York die Ausleihungen von 19 Finanzaktien gestoppt, um die spekulativen Exzesse nicht weiter zu fördern, wie es heißt. All das hat schließlich den Boden unter den Füßen von Short-Sellern zu heiß werden lassen. Die Eindeckung trieb die Kurse in die Höhe. Das Handelsvolumen im S&P 500 stieg gestern auf einen Rekordwert an, was auch zeigt, in welchem Umfang hier auf fallende Kurse spekuliert wurde. (Ganz aktuell: Leerverkäufe von Aktien aus dem Finanzbereich sind seit heute in den USA und GB generell verboten).
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    Klaus Singer
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    Verfasst von Klaus Singer
    Hatten wir mal eine Finanzkrise? Die US-Aktienmärkte erlebten gestern ihren besten Tag seit Oktober 2002, der Geburtsstunde der vergangenen Hausse. (Allerdings lag das Baby dann noch bis März 2003 im Brutkasten). Auslöser für die furiose Wende im späten US-Handel war die …