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     3348  0 Kommentare Tolle Amis !!!


    Der neue US-Staatsfonds

    So einen Börsentag wie den letzten Freitag habe ich in meiner über dreißigjährigen Börsengeschichte noch nicht erlebt: Commerzbank plus 20 %, Deutsche Bank plus 15 %, der Dax plus 5,5 % und der Dow in zwei Tagen mehr als 8 % im Plus.

    Und wer an diesem Freitag sowohl die „Tagesschau“ als auch das US-Fernsehen gesehen hat, wird sehr gestaunt haben. Bei uns sind die Hauptschlagzeilen die KfW und das larmoyante Politikergezerre, wohingegen in den USA sich alles um den großen Wurf der Politik dreht. Hier wird ein großer Staatsfonds aufgelegt, um die illiquiden Immobilienpapiere aufzunehmen und die Banken mit Bargeld zu versorgen.

    Die Politik hat in den USA gezeigt, dass sie handlungsfähig ist. Und die westliche Führungsmacht hat erneut demonstriert, dass sie und warum sie Führungsmacht ist. Hier wird nicht kleinkariert geredet wie bei uns, hier werden Panzer aufgefahren und gehandelt. Und es sieht gar nicht dumm aus, was die USA da vorhaben.

    Wenn die Pest ausbricht, kann man die Patienten nicht mehr an den Hausarzt verweisen. Aber bei uns würde nicht einmal im Fall des nationalen Notstands das Apothekenmonopol fallen. Die USA schicken hingegen die Truppen los. Und das ist gut so und auch richtig so.

    Die Stimmen hierzulande erinnern an Oskar Lafontaine vor der Deutschen Vereinigung. Den Vogel schießt der Fondsmanager Martin Siegel ab. Unter der Überschrift „Währungsreform am Wochenende“ schreibt er: „Wichtig ist, dass Sie jetzt den Zugriff auf eine kleine Menge an Edelmetallen haben. Zudem sollten Sie sich um einen gewissen Bargeldbestand kümmern, um in den nächsten Tagen liquide zu sein. Falls Sie noch über irgendwelche Zertifikate verfügen, sollten diese sofort liquidiert werden. Sie könnten bereits am Montag wertlos sein.“ Das ist ganz exemplarisch das Denken, das in unserem weinerlichen Land herrscht: neurotische Selbstverstümmelung als oberster Lebenszweck.

    Was haben nun hingegen die USA vor, und wie könnte das funktionieren? Das gegenwärtige Problem ist primär ein Liquiditätsproblem. Viele Institute sitzen auf Papieren, deren Wert nicht exakt bestimmbar ist und für die es keinen funktionierenden Markt gibt. Fast alle dieser Papiere sind immobiliengesichert. Die große Frage ist nun, zu welchem Preis der neue US-Staatsfonds diese Papiere übernimmt. Ich rechne mit einem hohen Diskont. Das heißt, die Finanzinstitute machen Verluste, sind aber sofort wieder liquide und werden es schaffen, diese Verluste abzuschreiben.

    Der Staat besitzt damit indirekt einen erheblichen Teil des US-Immobilienvermögens. Ist es falsch, dass ein Staat Immobilien in seinem Territorium besitzt? Und wenn es gelingt, sowohl die Finanz- als auch die Immobilienmärkte in der mittleren Sicht zu stabilisieren, werden Papiere, die heute vielleicht zu 40, 50 oder 60 Prozent ihres Nennwertes übernommen werden, vielleicht bald wieder pari stehen. Und die Differenz verbucht der Staat als Einnahme – steuerfrei natürlich ;-)

    Wenn man mir die Chance geben würde, Genaueres über die Modalitäten dieses Staatsfonds zu erfahren und mich sogar an diesem Fonds beteiligen zu dürfen, würde ich keinen Moment zögern. Vielleicht hören wir ja bald sogar, dass Warren Buffett sich an diesem Fonds beteiligt. Und ihn vielleicht sogar managt.

    Die Amis sind wirklich Teufelskerle. Und gerade als Berliner komme ich hier immer wieder von Neuem ins Staunen und ins Schwärmen. Manchmal muss man die Freiheit tatsächlich mit unfreien Mitteln bekämpfen. Und ich denke, sie werden es auch dieses Mal schaffen. Und wenn wir immer noch im Sumpf unserer selbstanklagenden Untergangswünsche à la Martin Siegel verflochten sein werden, der das Deutsche Denken so wundervoll auf den Punkt gebracht hat, wird jenseits des Atlantiks schon längst wieder die Sonne scheinen.



    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Tolle Amis !!! Der neue US-Staatsfonds So einen Börsentag wie den letzten Freitag habe ich in meiner über dreißigjährigen Börsengeschichte noch nicht erlebt: Commerzbank plus 20 %, Deutsche Bank plus 15 %, der Dax plus 5,5 % und der Dow in zwei Tagen …