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     3607  0 Kommentare Habe ich es nicht gesagt?!


    Buffetts Angebot

    Die Nachricht der vergangenen Woche kam für mich am Mittwoch. Und sie lief nur über CNBC und ist ansonsten völlig untergegangen, nicht registriert worden oder hinter anderen Nachrichten versteckt. Der Investor Warren Buffett hat angeboten, wenn man ihn ließe, ein Prozent des US-Bailout-Plans selbst und mit eigenem Geld zu übernehmen. Na, habe ich das nicht gesagt?! Der Name „Buffett“ könnte durchaus mit diesem Geschäft in Verbindung gebracht werden. Denn die Gelegenheit ist wirklich zu phantastisch.

    Aus meiner Sicht gibt es jetzt zwei mögliche Szenarien: Entweder wir erleben in der kommenden Woche tatsächlich die Kernschmelze, dass die Vertrauenskrise so groß ist und wir in die völlige Liquiditätsfalle hinein laufen, dass alle nur noch Cash halten und folglich nichts mehr funktioniert und alles zum Stillstand kommt. Dann kann wirklich alles passieren und niemand weiß, was dann wird.

    Oder aber wir überstehen diese Wirren und schaffen es, bald wieder Normalität herzustellen. Dann wird sich aus meiner Sicht zeigen, dass gegenwärtig viele Unschuldige zu Unrecht am Pranger stehen und es treffliche Gelegenheiten zum Einstieg gab und immer noch gibt. Denn wir dürfen nicht verkennen: Im Moment befinden wir uns „nur“ in einer Vertrauenskrise, aus der noch keine reale Krise geworden ist. Jeder, der jetzt etwas borgen muss – und das Borgen ist die normalste Angelegenheit in einer dezentral vernetzten Marktwirtschaft – kommt in Schwierigkeiten. Und zwar weitgehend losgelöst von seiner wirklichen wirtschaftlichen Situation.

    Welches Szenario ist nun das wahrscheinlichere? Ich muss zugeben, dass die Politik derzeit keinen guten Eindruck macht, um es gelinde auszudrücken. Gerade bei uns in Deutschland. Wenn man erst die Rettung der Hypo Real Estate bekannt gibt, dann jedoch plötzlich zugesagte Kreditlinien nicht eingehalten werden und der Liquiditätsbedarf viel höher ausfällt als vorher genannt, schafft das kein Vertrauen. Ja, was sind denn das für Leute, die da am Hebel sitzen? Auch stimmt die Tatsache, dass die US-Börsen gerade nach der Absegnung des Bailout-Plans wieder fallen, nicht unbedingt zuversichtlich.

    Andererseits: Schaut auf Leute wie Warren Buffett! Was er macht und was er so von sich gibt! Und schaut auf die ganzen Aufkäufer der ins Straucheln geratenen Firmen. Wenn das Vertrauen einmal wieder hergestellt ist, wird man sehen, dass die meisten der Pleitekandidaten bei funktionierenden Märkten nie in wirkliche Schwierigkeiten gekommen wären. Da gehe ich jede Wette ein. Auch eine kurzfristige Refinanzierung langfristiger Verbindlichkeiten wie bei der Depfa sagt per se noch nichts über die Werthaltigkeit der Aktiva aus. Und dass heute die ganze Welt anscheinend unisono davon ausgeht, dass Lehmann Brothers ein Totalausfall wird, halte ich ebenfalls für ein Fehlurteil. Dort sind doch nicht alle Assets wertlos.

    In der Quintessenz befinden wir aus meiner Sicht also in einer Situation extremer Hysterie. So, wie in der Hausse alle den optimistischen Quatsch der Hausseidioten kritiklos nachplappern, wird jetzt der Pessimismus der Untergangsidioten kritiklos nachgeplappert. Wir sind wieder einmal in einem Zustand der völligen Gleichschaltung der Meinungen gefangen. In Extremsituationen scheint also auch der Kapitalismus regelmäßig zum Stalinismus zu tendieren.






    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Habe ich es nicht gesagt?! Buffetts Angebot Die Nachricht der vergangenen Woche kam für mich am Mittwoch. Und sie lief nur über CNBC und ist ansonsten völlig untergegangen, nicht registriert worden oder hinter anderen Nachrichten versteckt. Der Investor Warren …