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    Egbert Prior  2951  0 Kommentare In der Finanzkrise lauert der Schuldentod

    In den Zeiten des Neuen Markts kursierten sogenannte Todeslisten mit von der Pleite bedrohten börsennotierten Gesellschaften. Wichtigstes Kriterium war damals die sogenannte cash burn rate. Viele Firmen verbrannten während der Interneteuphorie fröhlich Geld, bis sie zahlungsunfähig waren. In der Finanzkrise dagegen hat sich der Überlebenskampf an eine andere Front verlagert. Zahlreiche Gesellschaften, darunter auch bekannte und sehr große, sind nun vom Schuldentod bedroht.

    Nehmen Sie Heidelberger Cement, der drittgrößte Baustoffkonzern der Welt. Rund zwölf Milliarden Finanzverbindlichkeiten lasten auf der Bilanz, von denen etwa fünf Milliarden relativ kurzfristig umgeschichtet werden müssen. Vom toten Mehrheitsaktionär Adolf Merckle ist keine Hilfe mehr zu erwarten. Durch den Kursverfall der Aktie, seit 2007 büßte das Papier mehr als drei Viertel seines Werts ein, wird die Lage brenzlig. Die Heidelberger sind dadurch nicht mehr in der Lage, sich ausreichend Geld über eine Kapitalerhöhung an der Börse zu beschaffen.

    Ein enorm wichtiges Kriterium bei der Beurteilung der Finanzstärke eines Unternehmens ist der Verschuldungsgrad. Um diese Kennziffer zu ermitteln, haben wir die Nettofinanzschulden durch die aktuelle Marktkapitalisierung geteilt. Nahezu hoffnungslos erscheint die Situation beim Fernsehsender ProSiebenSat1. Die Nettoschulden schlagen mit 3,9 Milliarden Euro zu Buche, während der Börsenwert gerade noch lumpige 200 Millionen Euro beträgt. Der Verschuldungsgrad irrsinnige 19,5. Die Eigenkapitalquote ist auf bedenkliche 14 Prozent geschrumpft. Die Münchner wurden Opfer der private-equity-Gesellschaften Permira und KKR. Wenn die Heuschrecken nicht noch frisches Geld nachschießen, dürfte bei ProSiebenSat1 bald Sendeschluß sein.

    Der Autovermieter Sixt hängt am Tropf der Banken. 1,4 Milliarden Finanzverbindlichkeiten und nur noch 240 Millionen Börsenwert. Der Verschuldungsgrad abenteuerliche 5,8. Besonders prekär wird die Lage hochverschuldeter Unternehmen durch die von der Wirtschaftskrise eingetrübten Geschäftsperspektiven. Sixt zum Beispiel kämpft gleich an drei Fronten: Die Finanzkrise verschlechtert und verteuert vor allem die Finanzierungsmöglichkeiten, die Zahl der Touristen und Geschäftsreisenden geht zurück, zudem bricht der Gebrauchtwagenmarkt ein. Für den Autovermieter spricht freilich das persönliche Engagement des Gründers und Großaktionärs Erich Sixt.

    Der Kaufhaus- und Reisekonzern Arcandor zählt dagegen schon zu den Scheintoten. Die Eigenkapitalquote des hochdefizitären Unternehmens lausige neun Prozent. Allein Kapitalspritzen der Großaktionäre Schickedanz und Bankhaus Oppenheim verhinderten (bislang) das Ableben.

    Mit elf Milliarden Euro Nettoschulden ist auch der Autozulieferer Continental keineswegs krisenfest. Die Hannoveraner haben sich bei der Übernahme des Wettbewerbers VDO mächtig verhoben. Der neue Mehrheitsaktionär Scheffler kann nicht für Stabilität sorgen. Das fränkische Familienunternehmen gilt inzwischen als Pleitekandidat.

    Auch bei Air Berlin ist die Absturzgefahr keineswegs gebannt. Eingeweihte gehen davon aus, daß in der Luftfahrtindustrie langfristig nur die stärksten Gesellschaften überleben können. Zu diesem Kreis sind die Berliner keinesfalls zu zählen. Vergleichen Sie: Lufthansa bringt fünf Milliarden Euro auf die Börsenwaage, bei Air Berlin beträgt die Marktkapitalisierung dagegen nur läppische 290 Millionen. Zwar schmückt sich Unternehmensgründer und Vorstandschef Joachim Hunold gerne mit dem Titel „zweitgrößte deutsche Fluglinie“, doch der Markt taxiert Platzhirsch Lufthansa um den Faktor 17 (!) wichtiger.



    Egbert Prior
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    Verfasst von Egbert Prior
    Egbert Prior In der Finanzkrise lauert der Schuldentod In den Zeiten des Neuen Markts kursierten sogenannte Todeslisten mit von der Pleite bedrohten börsennotierten Gesellschaften. Wichtigstes Kriterium war damals die sogenannte cash burn rate. Viele Firmen verbrannten während der Interneteuphorie …