Japan
Kehrt das Deflations-Gespenst zurück?
1990 brach die japanische Aktien- und Immobilienblase in sich zusammen. Japan stürzte daraufhin in eine Deflationsphase, die das Land rund ein Jahrzehnt lang im Griff behielt und jegliches Wachstum
abwürgte. Wann immer jüngst die Rede war von den Gefahren der Deflation, wurde die japanische Krise als mahnendes Beispiel herangezogen. Im Grunde hat sich das einstmals so dynamische Inselreich
von dieser Krisenphase bis heute nicht erholt.
Im Zuge der Finanzkrise scheint jetzt die Deflation nach Japan zurückgekehrt zu sein. Die Verbraucherpreise sind dort im August gegenüber dem Vorjahr um 2,4 Prozent eingebrochen. Dies entspricht
dem stärksten Rückgang seit dem Beginn der Aufzeichnungen vor 38 Jahren. Ist dies der Anfang einer neuen Deflationsspirale, die die Wirtschaft des Landes abermals um Jahre oder sogar Jahrzehnte
zurückwerfen wird?
Die Ursachen sind vordergründig klar: Japans Wirtschaft ist schon vor der Finanzkrise kaum gewachsen, und ist zudem stark exportabhängig. Die Finanzkrise traf das Land dementsprechend mit voller
Wucht. Die OECD geht davon aus, dass sein Bruttoinlandsprodukt 2009 um bis zu 6 Prozent schrumpfen wird. Die produzierende Wirtschaft sitzt auf gewaltigen Überkapazitäten. Gleichzeitig fürchten
sich die Verbraucher vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes, und halten sich mit Ausgaben zurück. Dies führt zu einem Druck auf die Preise von Waren und Dienstleistungen. Die Unternehmen schrecken
deshalb vor Investitionen zurück, so dass die nötigen Impulse für eine Erholung ausbleiben. Dies lässt die Preise weiter fallen und setzt die gefürchtete Deflationsspirale in Gang, die das gesamte
Wirtschaftsleben lähmt.
Ein genauerer Blick auf die Daten nimmt dem Preisrückgang allerdings viel von seinem Schrecken. Rechnet man die Kosten für Energie und frische Lebensmittel heraus, so sind die Preise nur um 0,9
Prozent gefallen. Ein guter Teil des allgemeinen Preisverfalls ist demnach auf niedrigere Energiepreise zurückzuführen. Dies macht Sinn, denn noch im Juli 2008 lag der Rohölpreis in der Spitze bei
147 Dollar pro Barrel, und damit 100 Prozent über dem aktuellen Niveau. Niedrigere Energiepreise sind aber im Falle Japans grundsätzlich positiv zu sehen. Es handelt sich dabei um „gute
Deflation“.
Ein weiterer Faktor ist der japanische Yen, der zurzeit immer weiter steigt, und gegenüber dem Dollar zuletzt auf ein 8-Monats-Hoch geklettert ist. Dies macht importierte Waren billiger, und dürfte
ebenfalls zum Rückgang des Preisniveaus beigetragen haben. Auch dies stärkt die Kaufkraft des Verbrauchers, doch der Preis dafür ist hoch. Gleichzeitig schwächt der hohe Yen nämlich die
Konkurrenzfähigkeit der japanischen Produkte auf dem Weltmarkt. Japans Autohersteller und Elektronikkonzerne können davon ein Lied singen. Dies ist auch der Hauptgrund, warum Japans Wirtschaft von
der globalen Erholung vorerst weit weniger profitieren wird als bisher angenommen.
Unser Fazit: Auch für Japan ist Weltuntergangsstimmung fehl am Platz. Doch das Umfeld für japanische Unternehmen bleibt vorerst schwierig. Wir glauben deshalb, dass sich japanische Aktien in den
kommenden Monaten unterdurchschnittlich entwickeln werden. Dennoch gibt es auch in Japan einige fabelhafte Einzelwerte, denen wir weiter erhebliches Potential zutrauen. Sie finden unsere
japanischen Favoriten auf der ASIEN-TRENDS-EMPFEHLUNGSLISTE oder in einer der kommenden Ausgaben von ASIEN-TRENDS.
Gerhard Heinrich und Rainer Hahn sind die renommiertesten Asien-Experten und verfassen gemeinsam den Börsenbrief ASIEN-TRENDS, wobei einer der beiden Experten immer in Asien vor Ort ist.
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