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    Geldpolitik  968  0 Kommentare China zieht die Schrauben an

    Chinas Notenbank entzieht der Wirtschaft weiter Liquidität. Am Freitag nach Börsenschluss kündigte die Notenbank an, den Mindestreservesatz für die kreditvergebenden Geschäftsbanken um 0,5 Prozent anzuheben. Die erste Anhebung seit der Finanzkrise fand bereits am 12. Januar statt. Der Mindestreservesatz für Großbanken liegt zurzeit bei 16 Prozent und für kleinere Banken bei 14 Prozent.

    Dieser Schritt findet global erhebliche Beachtung, denn sehr viele Beobachter sehen dieses Vorgehen als inoffizielles Eingeständnis dafür an, dass Chinas Wirtschaft tatsächlich überhitzt sei und dass jetzt eine massive Drosselung stattfinden wird. Die neue Anhebung des Mindestreservesatzes um 0,5 Prozent wirkt an sich noch nicht dramatisch. Doch kleine Ursache – große Wirkung: Chinas Banken müssen jetzt noch mehr Eigenkapital für jeden verliehenen Renminbi vorhalten, oder aber die Kreditvergabe zurückfahren. Die Credit Suisse schätzt, dass dem Wirtschaftsystem dadurch 300 Milliarden Yuan an Krediten verloren gehen, die ansonsten ausgereicht werden würden. Dies sind umgerechnet rund 45 Milliarden Dollar. 

    Von Seiten der Regierung sieht man den neuen Drosselungsschritt allerdings eher als „maßvoll“ an. Die bisherige Politik der „moderat lockeren Geldpolitik“ sei dadurch weder aufgehoben noch in Frage gestellt. Stattdessen kehre das Finanzregime damit zur Normalität zurück, während es während der Finanzkrise eine nahezu ungebremste Kreditvergabe zugelassen habe, um das Wachstum zu stimulieren. Und in der Tat: Chinas Banken haben 2009 Darlehen ausgereicht wie noch nie. Und diesen Januar lag die Kreditvergabe schließlich bei unglaublichen 1,1 Billionen Dollar. Damit wurde allein im ersten Monat des Jahres das Plansoll für 2010 bereits zu 19 Prozent ausgeschöpft. Kein Wunder, dass Regierung und Notenbank jetzt gegensteuern. 

    Die Wahrnehmung der Marktteilnehmer, dass China jetzt auf die Wachstumsbremse tritt, ist durchaus richtig. Das Land kann sich dieses Vorgehen aber auch leisten. Die Wirtschaft ist im vierten Quartal um 10,7 Prozent gewachsen; im laufenden ersten Quartal könnte das Wachstum bei über 11 Prozent liegen. Hinzu kommt, dass die Konjunktur jetzt auch nicht mehr komplett von der Binnennachfrage abhängt, da sich die Exporte inzwischen wieder erholen. Diese stiegen im Januar auf Jahressicht um 21 Prozent. China ist also gut beraten, die Liquidität im Binnensektor zurückzuschrauben, und nicht mehr so stark wie bisher auf die Investitionstätigkeit und den heimischen Bausektor zu setzen. 

    Die Maßnahme hat daneben einen eher präventiven Charakter. Eine unmittelbare Gefahr droht nicht, und von einer ausufernden Inflation kann keine Rede sein. Die Verbraucherpreise haben sich zwar erholt, sind aber im Dezember nur um 1,9 Prozent gestiegen. Im Januar ergab sich sogar eine überraschende Verringerung auf plus 1,5 Prozent. Angesichts dessen steht die Notenbank noch nicht unter Druck, die Zügel allzu fest anzuziehen. Sie kann das Geldmengenwachstum tatsächlich in kleinen Schritten drosseln, ohne damit die Wachstumsdynamik ernsthaft zu gefährden.

    Die kritischen Stimmen, die die Erhöhung der Mindestreservesätze begleitet haben, sind nicht gerechtfertigt. Chinas Wirtschaftslenker verhalten sich sehr umsichtig. Eine allzu lockere Geldpolitik ohne ein Bewußtsein für die daraus resultierenden Gefahren kann in niemandes Interesse sein. 

    Wie die Dinge momentan liegen, war China nicht nur die einzige unter den großen Wirtschaftsnationen, die ihr Wachstumstempo auch in der Finanzkrise beibehalten konnte. Vielmehr ist das Land jetzt auch das einzige, das den künftigen Inflationsgefahren ins Auge sieht - und das gewillt ist, auch mit unpopulären Maßnahmen gegenzusteuern. Diesen deutlichen Gegensatz zu den westlichen Nationen sollte man als Anleger für die Zukunft im Hinterkopf behalten – auch wenn die Börsen auf Chinas Drosselungsschritt kurzfristig eher negativ reagieren dürften.

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    Gerhard Heinrich
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    Gerhard Heinrich ist freier Finanzredakteur. Er schreibt unter anderem für den Börsenbrief EMERGING MARKETS TRADER (www.emerging-markets-trader.de).
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    Verfasst von 2Gerhard Heinrich
    Geldpolitik China zieht die Schrauben an Chinas Notenbank entzieht der Wirtschaft weiter Liquidität. Am Freitag nach Börsenschluss kündigte die Notenbank an, den Mindestreservesatz für die kreditvergebenden Geschäftsbanken um 0,5 Prozent anzuheben. Die erste Anhebung seit der …