Griechenland-Krise Die London-Connection
Die griechischen Schuldenprobleme, die Belastungen für das europäische Finanzsystem und die Rolle der Wall Street beim Kaschieren der Schuldenberge: All das läuft in einem kleinen
Londoner Büro nahe der Liverpool Street zusammen. Dort wurde Anfang 2009 die Titlos PLC gegründet.
Hinter der Gründung stand einzig und allein der Zweck, in den Genuss von Liquiditätsspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB) zu kommen. Diese hatte während der Finanzkrise beschlossen,
Geld in das Bankensystem zu pumpen. Nur 22 Tage nach der Gründung von Titlos arrangierten die National Bank of Greece und Goldman Sachs, dass die Londoner Zweckgesellschaft Kreditverbriefungen in
Höhe von 5,1 Milliarden Euro emittierte.
Die Verbriefungen waren so konstruiert, dass die EZB sie als Sicherheiten akzeptieren würde. Um den Deal zu ermöglichen, übertrug die National Bank of Greece ihre Rolle als
Geschäftspartner Griechenlands an Titlos. So konnten Zahlungsströme von Griechenland über Titlos fließen, und die Zweckgesellschaft war in der Lage, Verbriefungen zu emittieren, die dann bei der
EZB als Sicherheit eingereicht werden sollten. Am 26. Februar 2009 verkaufte Titlos die bis 2039 laufenden Kreditverbriefungen im Rahmen einer Privatplatzierung. Käufer: die National Bank of
Greece. Auch wenn der Name es nahelegt, ist dieses Institut nicht die Zentralbank des Landes, der Staat hält über sein Pensionssystem jedoch zwölf Prozent der Anteile.
Die Wurzeln von Titlos reichen bis ins Jahr 2001 zurück. Damals lieh Goldman Sachs Griechenland in einer komplexen Transaktion 2,4 Milliarden Dollar. Der Deal war so strukturiert,
dass Griechenland damit seine Verschuldung senken konnte. Insgesamt zwölf Währungs-Swap-Geschäfte strukturierte Goldman Sachs für die Hellenen von 1998 bis 2000. Sie führten schließlich zu der
Transaktion von 2001. Um sich gegen die Kreditrisiken abzusichern, schloss Goldman ein Geschäft mit einer kleinen Firma in Dublin ab. Und auch mit Griechenland gab es einen weiteren Deal, der
Zinsrisiken absichern sollte. Dieses Geschäft sollte mögliche Verluste für Goldman aus dem Währungs-Swap kompensieren. 2005 stieg Goldman Sachs aus dem Zins-Swap-Geschäft aus, als die National Bank
of Greece der neue Handelspartner der Regierung wurde.
Als die Finanzkrise Ende 2008 ihren Höhepunkt erreichte und sich Banken untereinander kaum noch Geld liehen, fanden Goldman Sachs und die National Bank of Greece einen Weg, das
Zins-Swap-Geschäft in einen Vermögenswert umzuwandeln, der als Sicherheit für EZB-Kredite dienen konnte. „Während der Finanzkrise gab es viele Verbriefungen von toxischen Papieren, die nur dafür
gedacht waren, bei der EZB als Pfand für Repo-Kredite hinterlegt zu werden“, sagt Darrell Duffie, Finanzprofessor in Stanford.
Heute stellt sich die Frage, ob eine Partei des Transaktionsgeschäfts bei einer Abwertung der Papiere zusätzliche Zahlungen leisten muss. Genau das passierte 2008, als die Partner des
US-Versicherungsgiganten AIG, zu denen auch Goldman Sachs gehörte, zusätzliche Zahlungen verlangten. AIG konnte die Summe nicht aufbringen und stand am Rand des Abgrunds.
Ein Emissionsprospekt von Titlos suggeriert, dass Griechenland keine zusätzlichen Zahlungen an Titlos leisten muss, sollte das Land herabgestuft werden. Die National Bank of Greece, die in
der Transaktion der Hedgingpartner für Titlos ist, ist jedoch laut Moody’s zu Zusatzzahlungen verpflichtet, falls das Rating der Bank unter ein gewisses Niveau rutschen sollte. Trotzdem bleiben die
Papiere mit Griechenland verflochten. Im Dezember stufte Moody’s die Papiere auf A2 herunter, nachdem die Ratingagentur zuvor Griechenland vom bisherigen A1-Status auf A2 abgewertet hatte.