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     1485  0 Kommentare Warum ist gerade der Yen so stark?

    Der Yen befindet sich vor allem gegenüber dem Dollar weiterhin auf dem Höhenflug. Japans Währung war damit in den letzten Jahren eine der weltweit stärksten Devisen, und zwar nicht nur seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008, sondern auch in der Zeit der Erholungsrallye von Frühjahr 2009 an. 

    Dies ist eigentlich erstaunlich, denn Japan ist weder ein „Hartwährungsland“, noch sind seine Wirtschaftsdaten sonderlich berauschend. Zwar erzielt das traditionell exportabhängige Land bereits seit zwölf  Monaten durchgehend wieder Handelsbilanzüberschüsse. Die sonstigen Daten sehen aber wenig attraktiv aus. So liegt die Staatsverschuldung bei schwindelerregenden 9,6 Billionen Dollar, oder beim zweifachen des jährlichen Bruttoinlandsprodukts. Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ist Japan damit so schwer verschuldet wie keine andere Industrienation der Welt. 

    Und auch in Punkto Zinsrenditen gibt es im Land der aufgehenden Sonne wenig zu holen. Japan verfolgt schon fast seit 20 Jahren eine sehr expansive Geldpolitik, und hält dementsprechend die Zinsen unten. Der Leitzins befindet sich dort weiterhin bei 0,1 Prozent; ohne das dies bisher Nennenswertes gegen den schwachen Binnenkonsum und den anhaltenden Deflationsdruck ausgerichtet hätte. Daran wird sich vorerst wenig ändern, so dass die japanische Währung unterm Strich als relativ unattraktiv erscheint. 

    Trotzdem befindet sich der Yen schon seit langem auf dem aufsteigenden Ast. Dazu muss man wissen, dass Japans Währung seit vielen Jahren das beliebteste Vehikel für sogenannte Carry-Trades ist. Die großen Investoren rund um den Globus liehen zu niedrigen Zinsen Geld in Japan, und legten es in risikoreicheren Regionen zu besseren Konditionen an. Im Verlauf der Finanzkrise wurden diese Carry-Trades jedoch in großem Stil wieder aufgelöst. Das geliehene Geld floss in Massen nach Japan zurück; der Yen wurde für die Anleger zum sicheren Hafen. Je stärker der Aktienmarkt auf Talfahrt ging, umso mehr ging es mit Japans Währung nach oben. 

    Diese eiserne Regel – wonach der Yen immer dann stieg, wenn die Weltbörsen fielen – hatte bis Mai 2009 Bestand. Von diesem Zeitpunkt an ging es mit den Börsen weiter nach oben, aber gleichzeitig legte auch der Yen zu. Ausschlaggebend dafür ist wohl vor allem, dass auch die amerikanische Notenbank und die EZB mittlerweile eine Nullzins-Politik fahren. Die japanischen Anleger können also kaum noch eine Überrendite erzielen, wenn sie in den USA und in Europa Anleihen kaufen. Dementsprechend wurden die Gelder wieder zurück in die Heimat transferiert, und der Yen legte abermals zu. Der japanische Exportüberschuss, der im Januar wieder auf 950 Millionen Dollar gestiegen ist, hat diese Entwicklung noch beschleunigt. 

    Allerdings glauben viele Devisen-Händler, dass die Tage des starken Yen gezählt sein könnten. Früher oder später, so deren Vermutung, werden in den USA die Zinsen wieder anziehen. Zwar fährt auch die FED vorerst eine lockere Geldpolitik. Allerdings scheint es eine ausgemachte Sache zu sein, dass die amerikanische Notenbank viel früher den „Exit“ einleiten wird als die Bank of Japan. Dies und die im Vergleich zu den USA noch schwerwiegendere Verschuldung Japans sollen den Yen auf absehbare Zeit gegenüber dem Dollar unter Druck bringen. 

    Die Mehrzahl der an fundamentalen Daten orientierten Devisen-Analysten rechnet derzeit mit einem fallenden Yen. Das Spannende daran ist, dass die Charttechnik momentan eine ganz andere Sprache spricht. Der Aufwärtstrend des Yen gegenüber dem Dollar ist nämlich absolut intakt. Noch im Dezember rutschte der Dollar in der Spitze fast bis auf 86 Yen ab. Dies war das niedrigste Niveau seit 15 Jahren.

    Die kommenden Wochen werden dementsprechend sehr spannend. Sollte sich der Dollar signifikant gegenüber dem Yen erholen, dann würde damit möglicherweise eine säkulare Trendwende eingeleitet. Fällt der Dollar dagegen weiter – und unterschreitet er dabei möglicherweise auch das Dezember-Tief – dann dürfte sich damit der Höhenflug des Yen auf absehbare Zeit fortsetzen; und zwar allen verzweifelten Argumenten der Dollar-Bullen zum Trotz.

    Die weitere Entwicklung bei diesem Währungspaar ist nicht nur für Devisen-Spekulanten interessant, sondern auch für Aktienanleger. Gerade die Papiere aus dem japanischen Exportsektor reagieren auf Schwankungen beim Yen äußerst empfindlich. Unternehmen wie Sony, Panasonic, Honda und Toyota erwirtschaften einen signifikanten Teil ihrer Gewinne im Dollarraum. Wie sich die japanische Börse in den kommenden Monaten entwickeln wird, wird zu einem guten Teil auch vom Wechselkurs des Yen mitbestimmt. 

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    Gerhard Heinrich
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    Gerhard Heinrich ist freier Finanzredakteur. Er schreibt unter anderem für den Börsenbrief EMERGING MARKETS TRADER (www.emerging-markets-trader.de).
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    Verfasst von 2Gerhard Heinrich
    Warum ist gerade der Yen so stark? Der Yen befindet sich vor allem gegenüber dem Dollar weiterhin auf dem Höhenflug. Japans Währung war damit in den letzten Jahren eine der weltweit stärksten Devisen, und zwar nicht nur seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008, sondern auch in …