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    Geschlossene Fonds  3793  0 Kommentare BGH und Anlegerschutz

    Vor Gericht und auf hoher See sind wir in Gottes Hand. So wie direkt hinter dem Horizont eine Gewitterfront aufziehen kann, so entscheiden die Richter oft anders als vermutet. Anders sind manche Urteile nicht zu erklären. Der Bundesgerichtshof hat nun in einem am 8. Juli veröffentlichten Urteil beschlossen, dass Zeichner geschlossener Fonds den Verkaufsprospekt nicht zu lesen brauchen. Es genügt das gesprochene Wort des Beraters. Sagt der: „Alles in Ordnung”, darf sich der Anleger darauf verlassen. Der BGH meint, es sei nicht „grob fahrlässig”, wenn der Investor den Prospekt ignoriert. Der Weg ist frei, Schadenersatz geltend zu machen. Und zwar lange Zeit nach dem Fehlinvestment. Denn damit greift auch die verkürzte Verjährungsfrist von drei Jahren nicht.

    Wie weltfremd ist das denn? Natürlich gibt es Erbaulicheres als die Lektüre eines Fondsprospektes. Wer sollte das besser wissen als jemand, der im Schnitt zwei bis drei dieser Werke pro Woche studiert? Aber es kann doch nicht sein, dass ständig andere Leute für die eigene Entscheidung verantwortlich gemacht werden. Wer sich eine neue Waschmaschine zulegt, kennt häufig die Preise in zehn verschiedenen Elektromärkten und hat am Ende nicht selten mehr Ahnung als der Verkäufer. Geht es dagegen um die Investition von Zigtausend Euro, genügt das Hörensagen. Wofür liegen die Prospekte eigentlich wochenlang bei der BaFin? Warum müssen Initiatoren kleinste Nichtigkeiten ändern, um grünes Licht für den Vertrieb zu bekommen?

    Im konkreten Fall ging es übrigens um einen geschlossenen Immobilienfonds, der sich Ende der 90er Jahre am Turmcenter in Frankfurt beteiligte. Der Fonds lief nicht wie geplant. Der Anleger klagte, weil der Berater ihm das Investment als sicher verkaufte. Welche unternehmerische Beteiligung ist sicher? Wer haftet eigentlich, wenn sich Aktienkurse anders entwickeln als kalkuliert?

    Dabei sind bei geschlossenen Fonds oft externe Gründe dafür verantwortlich, dass die Rendite nicht stimmt. Als Beispiele dafür gelten die Medienfonds mit ihren nachträglich geänderten Steuerregeln. Rückwirkende Änderungen sind auch bei Solarfonds nicht ausgeschlossen. Spaniens Industrieminister Miguel Sebastian fordert sie immer wieder - obwohl ihn sogar Ministerpräsident Zapatero auf internationalen Druck hin zunächst ausgebremst hat. Anbieter Low Carbon hat darauf hin den Vertrieb seines aktuellen Fonds erst mal gestoppt.

    Das ist nachzuvollziehen. Zumal niemand sicher sein kann, dass die entsprechenden Risikohinweise im Verkaufsprospekt auch gelesen werden. Müssen sie ja auch nicht, wie wir jetzt wissen.

    Ihr Markus Gotzi
    Chefredakteur, Der Fondsbrief



    Markus Gotzi
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    Markus Gotzi ist Chefredakteur des Fachmediums "Der Fondsbrief", dem bundesweit auflagenstärksten Newsletter mit Schwerpunkt geschlossene Beteiligungsmodelle, der alle 14 Tage über Neuigkeiten aus der Branche berichtet sowie Rechts- und Steuerfragen analysiert.

    Außerdem verfasst der Diplom-Journalist regelmäßig Artikel zu allen Themen rund um die Immobilie und geschlossene Fonds zum Beispiel in der Financial Times Deutschland, der Welt am Sonntag und im Wirtschaftsmagazin Capital, für das er einige Jahre lang als Redakteur tätig war. Darüber hinaus produziert Gotzi Fernsehbeiträge für den Nachrichtensender n-tv, in denen er vor laufender Kamera als Experte für Beteiligungsmodelle aktuelle Angebote analysiert.
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    Verfasst von 2Markus Gotzi
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