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     586  0 Kommentare Der Yen steigt unaufhörlich - Teil 2

    Der Anstieg des Yen ist beeindruckend. Vergangene Woche erreichte die japanische Währung ein neues 15-Jahres-Hoch. In den zurückliegenden drei Jahren zog der Yen damit gegenüber dem Dollar um 35 Prozent und gegenüber dem Euro sogar um über 55 Prozent an.

    Es ist klar, dass dieser deutliche Anstieg für Japan erhebliche Herausforderungen mit sich bringt. Das Land ist ohnehin schon chronisch wachstumsschwach. Jetzt beeinträchtigt die hohe Währung auch noch massiv die internationale Konkurrenzfähigkeit der Exportwirtschaft, auf die Japan weiterhin stark angewiesen ist. 

    Die Aktien der großen japanischen Auto- und Technologieunternehmen sind dementsprechend wieder in den Keller gerauscht, und zogen den Gesamtmarkt mit nach unten. Der Nikkei 225 ist von seinem Jahreshoch im April inzwischen um fast 18 Prozent abgerutscht, und wirkt charttechnisch stark angeschlagen. Die Anleger trauen dem japanischen Markt inzwischen so wenig zu, dass die durchschnittliche Bewertung aller Aktien aus dem Topix unter deren Buchwert gefallen ist. 

    Angesichts des starken Yen könnte man vermuten, dass Japans Industrie überhaupt kein Wachstum im Export mehr erzielen kann. Dieser Eindruck täuscht allerdings. Stattdessen zogen die Ausfuhren des Landes noch im Juli um 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr an. Dies ist zum einen natürlich auf die Erholung der globalen Nachfrage zurückzuführen, die in diesem Zeitraum stattfand. Das hohe Exportwachstum demonstriert aber auch klar die Stärken der japanischen Produzenten, die sich bislang trotz widriger Umstände erfolgreich auf dem Weltmarkt behaupten konnten. Der Einfluss des Yen wurde zuletzt möglicherweise überschätzt, und verstellte den Blick auf die Stärken der japanischen Konzerne.

    Dennoch müssen die japanischen Unternehmen natürlich reagieren. Zu den Gegenmaßnahmen der Konzerne gehören unter anderem Währungsabsicherungsgeschäfte, die das Problem mittelfristig aber nicht lösen. Vielversprechender sind dagegen die Restrukturierungen und Kostensenkungsmaßnahmen, die bereits während der Finanzkrise begonnen wurden, und sich in den kommenden Jahren in den Bilanzen sichtlich bemerkbar machen sollten. 

    Eine weitere Strategie ist die Auslagerung von immer mehr Wertschöpfungs-Prozessen ins Ausland - und zwar insbesondere dort hin, wo sich auch die Abnehmer der Produkte befinden. Für Japans Wirtschaft als Ganzes ist dies zwar schwer zu verkraften. Die Unternehmen umschiffen damit aber elegant die Belastungen durch die hohe Heimatwährung. Nicht nur die Auslandsumsätze werden somit in „schwachen Währungen“ verrechnet, sondern auch ein immer höherer Anteil der Kosten. 

    Äußerst positiv ist der hohe Yen außerdem für jene japanischen Konzerne, die durch Zukäufe im Ausland wachsen wollen. Denn durch die via Wechselkurs gestiegene Kaufkraft werden ausländische Unternehmen plötzlich zu Schnäppchen. Dies gibt den in der Regel sehr kapitalstarken japanischen Gesellschaften die Möglichkeit, ihre globale Präsenz auszuweiten. Wir wären nicht überrascht, wenn in den kommenden Monaten einige internationale Großakquisitionen japanischer Firmen gemeldet werden würden. 

    Je nach Strategie bringt der hohe Yen für die japanischen Exportriesen also nicht nur Belastungen, sondern birgt auch Chancen in sich. Die eigentlichen Gewinner dieser Entwicklung sind aber natürlich nicht die Export-, sondern die Importunternehmen. Letztere verfügen auf dem Weltmarkt inzwischen über eine deutlich höhere Kaufkraft als noch vor einigen Jahren. Wer gleichzeitig auf dem Heimatmarkt eine gute Marktposition innehat, dürfte jetzt seine Gewinnmargen deutlich steigern können. 

    Zu den Profiteuren unter den „Importfirmen“ gehören dabei nicht nur die Vielzahl der japanischen Einzelhandelsunternehmen aus allen Sektoren, sondern auch die Versorger, die Rohstoffhandelsgesellschaften, die Dienstleistungsunternehmen sowie zahlreiche Industriekonzerne, die einerseits auf die Einfuhr ausländischer Vorprodukte angewiesen sind, aber ihre Endprodukte größtenteils in Japan selbst verkaufen. 

    Es gibt also gar nicht so wenige japanische Unternehmen, die im laufenden Geschäftjahr mit deutlich steigenden Gewinnen überraschen dürften – der Wirtschaftsflaute in Japan zum Trotz. Daneben sind die Bewertungen am japanischen Aktienmarkt derzeit sehr attraktiv. Und auch dies verdanken wir zu einem guten Teil dem gestiegenen Yen.

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    Gerhard Heinrich
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    Gerhard Heinrich ist freier Finanzredakteur. Er schreibt unter anderem für den Börsenbrief EMERGING MARKETS TRADER (www.emerging-markets-trader.de).
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    Verfasst von 2Gerhard Heinrich
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