Der Leichtsinn und die Gier

(Horst Szentiks | red-shoes.de) - Ein junger Mann will sein Master-Studium aufgeben. Weil er Daytrader werden möchte, euphorisch und vollster Zuversicht. Er sucht eine seriöse Adresse für eine Praktikumsstelle, um das Trading zu erlernen und bittet mich um eine Stellungnahme. Meine Antwort war nicht das, was er gerne hören wollte.

Vor Kurzem stellte sich mir ein junger Mann vor. Auf der Suche nach einem Trading-Coach. Ein Praktikum als Daytrader wolle er gerne machen und dafür sein Master-Studium zurückstellen. Er sei erst 4 Monate zuvor mit dem Thema in Berührung gekommen und seitdem fasziniert von der Materie.

Immerhin hatte er in dieser kurzen Zeit schon den Eindruck gewinnen können, daß es etliche unseriöse Anbieter gibt. Er bat mich um eine Stellungnahme.

Bei mir klingelten sämtliche Alarmglocken. 4 Monate sind nichts, absolut nicht ausreichend, um eine solch schwerwiegende Entscheidung, wie ich finde, zu treffen. Wieder einmal bekam ich den Eindruck, daß da jemand von der Gier nach dem schnellen großen Geld angesteckt worden war.

Meine persönliche Meinung dazu stellte ihn nicht zufrieden: Ich würde unbedingt zuerst das Studium absolvieren, um mir eine solide Basis für die Zukunft zu verschaffen. Und extra Risikokapital für ein solches Vorhaben ansparen. Dessen möglicher Totalverlust dürfe dabei nicht die Existenz gefährden!

Und erst danach langsam, Schritt für Schritt, in die Materie einsteigen.

Weil ich in den letzten Jahren zu oft beobachten konnte, wie sich Leute ruiniert hatten. Infiziert und geblendet vom schnellen Geld an der Börse. Darunter auch viele junge Menschen, die glaubten, Börse sei doch so einfach. Weil sie anfangs stattliche Gewinne erzielen konnten.

Der krasseste Fall war ein anderer junger Student, der innerhalb von wenigen Monaten mit hoch gehebelten Finanzinstrumenten zum Millionär wurde. Überglücklich, euphorisch und siegestrunken, aber alle meine Warnungen bezüglich seines Risikoverhaltens in den Wind schlug - und anschließend noch schneller wieder alles verlor.

"Hätte ich doch nur auf Sie gehört, Herr Szentiks." Aber die Gier war zu mächtig. Wer das selber noch nicht erlebt hat, kann gar nicht wissen, was die eigene Psyche dann mit einem anstellt. Noch fataler: er hatte mit sogenannten CFD's gehandelt. Bei solchen Papieren kann der Handel nicht nur zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen, sondern auch darüber hinausgehende Verluste nach sich ziehen.

Der oben angesprochene junge Mann aber ist sicher, daß er diszipliniert genug sei. Ich bezweifele das, insbesondere wegen der kurzen Vorgeschichte - aber das ist auch nur meine persönliche Meinung.

Horst Szentiks (Red Shoes)
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