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    smart Investor Weekly 1/2011  1857  0 Kommentare Fauler Zauber - Gedanken zum Jahreswechsel

    Der routiniert herbei geböllerte Jahreswechsel kann sich da eher nicht qualifizieren. Wenn der Rausch der Silvesternacht in den Kater des Neujahrsmorgens mündet, bekommen wir doch ein recht gutes Gefühl für Kontinuität und für Kausalitäten, die an der Jahresgrenze eben nicht Halt machen. Der erhoffte Zauber des Neuanfangs erweist sich spätestens dann als fauler Zauber, wenn all die guten Vorsätze schon in der ersten Januarwoche purzeln wie die Dominosteine.

    Dabei ist gerade die Börse eine Veranstaltung, die den Zauber des Neuanfangs wie kaum eine zweite für sich in Anspruch nehmen kann. Die dahinter stehenden Gründe sind allerdings ziemlich profan. „Window Dressing“ etwa, also jenes Aufhübschen der Portfolios zum Jahresultimo, ist eine der Ursachen, warum an der Jahresgrenze kräftige Trends mitunter ziemlich abrupt enden. Der passionierte Window Dresser möchte der verehrten Kundschaft in seiner Fondsbilanz natürlich gerne die Gewinner des Jahres zeigen, während die Verlierer ebendort besser nicht mehr herumliegen sollen. Folglich werden die Erstgenannten gehalten bzw. zugekauft, während man die Kellerkinder abstößt. Nach dem Stichtag fallen die Motive für derlei Kosmetik schlagartig weg und die entsprechenden Aktionen bleiben aus. Manch einer entdeckt in den weit gelaufenen Kursen dann eine gute antizyklische Kauf- oder Verkaufschance und handelt entsprechend. Natürlich wird aber auch ein solches Phänomen antizipiert, denn nicht jeder hat Kunden, für die er sich herausputzen muss. Da aber ansonsten der Jahreswechsel eben kein echter Neuanfang ist, können wir uns auch nicht auf Hesses Konsequenz verlassen:

    "…der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“
    Das beherrschende Thema des Jahres 2010, die Schuldenkrise, wird uns also auch 2011 fest im Griff haben: Das Jahr 2010 hat gezeigt, dass Gesetze, Beschränkungen und selbst die Verfassung in die zweite Reihe treten müssen, wenn Politik „gestalten“ will. Die schiere Größe der Maßnahmen, die rasche Abfolge und das ständige Aufflackern neuer Brandherde zeigen aber vor allem eines: Hilflosigkeit. Wo das Wissen um ökonomische Zusammenhänge fehlt oder mutwillig außer Acht gelassen wird, lassen auch außergewöhnliche Maßnahmen keinen Erfolg erwarten. Die Politik ist offenbar unheilbar an der fixen Idee erkrankt, den Markt überlisten zu können. Die Vorgänge um den Euro dürfen als augenfälligste Symptome dieser Krankheit gelten. Seit über zehn Jahren hören wir von offizieller Seite gebetsmühlenartig, wie gut dieses Konstrukt Deutschland doch tue und wie sehr wir davon profitierten. Da könnte man schon ketzerisch fragen, ob die Menschen das nach so vielen Jahren nicht auch selbst, also ohne unablässig herab rieselnde Propaganda merken könnten?! In ihrer Neujahrsansprache versuchte etwa die Kanzlerin uns den Euro als „Grundlage unseres Wohlstandes“ schmackhaft zu machen, so als ob Deutschland bis zu dessen Einführung ein Entwicklungsland gewesen sei. Als Börsianer wissen Sie natürlich um den Informationsgehalt von Regierungspropaganda und Festtagsreden – er entspricht ihrem Unterhaltungswert, nämlich Null. Aufhorchen sollte man dagegen, wenn sich ein Insider, wie der langjährige EU-Kommissar Günter Verheugen einmal in Rage redet und das Folgende aus ihm heraussprudelt:
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    Verfasst von 2Ralf Flierl
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