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     2789  4 Kommentare Facebook abgemeldet

     

    Über 50 Milliarden Dollar ist das Unternehmen Facebook derzeit wert. Befinden wir uns also wieder in einer neuen Blase? Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, dass bei mir gerade etwas geplatzt ist.

     

    Kennen Sie den alten Witz: Wenn man ins Zimmer kommt und das Licht ganz schnell anmacht, kann man kurzzeitig sehen, wie die Dunkelheit aussieht?

     

    Aber was hat das jetzt beides miteinander zu tun?

     

    Gestern habe ich mich bei Facebook abgemeldet. Als ich keine Freunde dort hatte, fühlte ich mich irgendwie stigmatisiert. Nachdem ich jedoch viele Freunde hatte, war ich vollkommen überflutet.

     

    Facebook ist sicherlich nur etwas für Menschen, bei denen den ganzen Tag über Radio läuft. Also für beinahe alle Menschen auf der Welt. Bei mir hingegen läuft niemals Radio und wird es deswegen auch kein Facebook mehr geben.

     

    Das Problem kommt jedoch in dem Moment, indem man sich von Facebook abgemeldet hat. Denn um nachzuschauen, ob die Abmeldung tatsächlich wirksam geworden ist, muss man sich zuerst wieder anmelden, was die ursprüngliche Sachlage natürlich sofort signifikant verändert.

     

    Insofern spiegelt Facebook tatsächlich das reale Leben wieder. Ist das allerdings wirklich 50 Milliarden wert? Mir jedenfalls ist das Gerede der Anderen nicht mal einen Cent wert.

     

    Doch just in diesem Moment wird es phantastisch: Denn um zu schauen, ob mein altes Ich noch dort ist, schicke ich einfach ein neues Ich los, um nachzugucken.

     

    Vielleicht ist es das, was Facebook so wertvoll macht?! Dass die Menschen dadurch dem eigenen Ich entfliehen können. Da kann man das alte Ich einfach abmelden und mit einer brandneuen Identität von Neuem starten. Ein alter Menschheitstraum wird wahr. Und der ist sicher nicht nur 50 Milliarden, sondern eher 500 oder 5000 Milliarden wert.

     

    Es soll hinterher aber niemand sagen, dass er nicht von Anfang an von dem Beschiss gewusst hat.

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Facebook abgemeldet 50, 5000 oder 5000 Milliarden? Es soll hinterher aber niemand sagen, dass er nicht gewusst hat, worum es geht.