Wöchentlicher Marktkommentar
Aufruhr an den Rohstoffmärkten – Fed und EZB in Zinspolitik weiterhin auf gegensätzlichem Kurs
Ein nach oben schießender US-Dollar und steigende Konjunktursorgen führten gestern zum Kollabieren des Ölpreises und versetzten die Rohstoffmärkte in Aufruhr. US-Öl notiert nun wieder unter 100 US-Dollar je Barrel, Silber verlor diese Woche fast ein Drittel an Wert (-30%) und auch bei den Agrarrohstoffen kam es zum Preisrutsch. Der GSCI-Index, der die Entwicklung von 24 Rohstoffen abbildet, verlor 6,5 Prozent. Die wachsende Sorge, dass steigende Energie- und Rohstoffkosten die Wirtschaftserholung abwürgen könnten, hat zu einer kräftigen Korrektur geführt. „Die Rohstoff-Rally der vergangenen Monate ist damit jedenfalls erst einmal beendet“, sagt Torsten Gellert, Managing Director von FXCM Deutschland.
Der Euro war nach dem gestrigen Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank erheblich unter Druck geraten. Dass die EZB eine Zinspause einlegen und den Leitzins bei 1,25 Prozent belassen würde, war im Vorfeld erwartet worden. Enttäuscht zeigten sich viele Marktteilnehmer jedoch darüber, dass gleichzeitig kein Signal für eine weitere Zinserhöhung im Juni gesendet wurde. Notenbank-Chef Trichet benutzte nicht die erwartete Formulierung von der „gesteigerten Wachsamkeit“ gegenüber Inflationstendenzen, was die Märkte dahingehend interpretierten, dass der nächste Zinsschritt nicht vor Juli zu erwarten sei.
„Damit reiht sich die EZB wieder ein in die Reihe der Zentralbanken, die nur sehr zögerlich agieren“, so Gellert. „Der tendenziell zwar auf Zinserhöhungen ausgelegte Kurs wird nur äußerst vorsichtig beschritten, um die einsetzende Erholung der Wirtschaft nicht zu gefährden.“Für die nächsten zwölf Monate hält der Experte eine schrittweise Erhöhung der Zinsrate auf bis zu 2 Prozent jedoch nach wie vor für wahrscheinlich. Der nächste Zinsschritt um 25 Basispunkte auf dann 1,5 Prozent wird nun für Juli erwartet. Notenbank-Chef Trichet will mit seiner Zinspolitik der steigenden Inflation im Euro-Raum begegnen. Diese hatte zuletzt erneut angezogen und stieg im April auf 2,8 Prozent.
In den USA hatte US-Notenbankchef Bernanke dagegen vor Ostern angekündigt, auf unbestimmte Zeit an einem Leitzins bei knapp über null Prozent festhalten zu wollen. „Damit wird die Kluft zwischen der Geldpolitik in Europa und den USA immer größer“, so Gellert. Zwar kämpft auch die USA mit einer hohen Inflation.Doch die Fed will das zögerlich anlaufende Wirtschaftswachstum nicht durch eine Leitzinsanhebung gefährden und so einen erneuten Anstieg der Arbeitslosigkeit riskieren.
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„Auch wenn die gestrigen Äußerungen Trichets im Hinblick auf weitere Zinserhöhungen zögerlicher ausfielen als erwartet, bleibt die gegensätzliche Tendenz in der Geldpolitik von EZB und Fed bestehen“, so Gellert. Zwar wurde der Euro im Nachgang der EZB-Sitzung gegenüber dem US-Dollar kurzfristig auf Talfahrt geschickt und verbilligte sich bis zum Abend auf 1,4590 Dollar. Auf längere Sicht profitiert die Gemeinschaftswährung jedoch weiter vom Zinsvorteil gegenüber dem US-Dollar. Seit Jahresanfang hatte dieser gegenüber dem Euro fast 10 Prozent verloren. „Es mag immer wieder leichte Schwankungen geben, aber auf lange Sicht ist ein anhaltender Wertverfall des US-Dollars gegenüber dem Euro wahrscheinlich“, erklärt Gellert.