Wöchentlicher Devisenkommentar
Die Märkte sind stärker, als sie selber denken
Nach einer turbulenten Börsenwoche mit der längsten pausenlosen Verlustserie in der Geschichte des DAX und den höchsten Kursschwankungen seit der Lehman-Pleite standen die Aktienmärkte am Donnerstag bis zum Mittag immer noch leicht im Plus. Auch wenn ein weiteres Minus im Laufe des Tages mehr als möglich ist, wäre auch eine nachhaltigere Erholung keine Übertreibung.
Die Aktienmärkte und auch der Euro haben in den vergangenen Wochen stärker gelitten, als die Fundamentaldaten rechtfertigen. Auch wenn weitere Verluste aufgrund der aktuell vorherrschenden Angst an den Märkten natürlich möglich sind, sollten Anleger wieder anfangen, gezielt nach Einstiegskursen zu suchen.
„Die Abwertung der amerikanischen Kreditwürdigkeit durch S&P auf AA sehe ich gelassen", sagt Torsten Gellert, Managing Director FXCM Deutschland. „Kein Marktteilnehmer glaubt wirklich, die USA könnten einmal zahlungsunfähig werden. Und auch einen geringfügigen Zinsaufschlag auf ihre Schulden machen die USA leicht wieder durch die niedrigere Zinspolitik ihrer Notenbank wett." Ben Bernanke, der Chef der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), hatte erst diese Woche betont, den Leitzins in der größten Volkswirtschaft der Welt noch mindestens bis 2013 nahe oder bei Null zu belassen.
Finanzexperte Gellert sieht kurzfristig vor allem diese Aussage Bernankes als gutes Zeichen, auf das die Märkte sich stützen können: „Bernanke hat deutlich gesagt, dass er den Märkten zur Seite stehen wird mit niedrigen Zinsen. Eventuell wird es sogar noch einmal ein weiteres Ankaufprogramm für US-Staatsanleihen geben. Und dieses billige Geld ist nun mal das Lebenselixier für die Aktienmärkte."
Auch in Europa sind laut Gellert die aktuellen Kursverluste übertrieben. „Natürlich ist es ein Warnsignal, wenn die Europäische Zentralbank damit beginnt, italienische Anleihen zu kaufen", räumt der Finanzexperte ein. „Sollte die Zahlungsfähigkeit Italiens ernsthaft in Frage stehen, würde das auch die deutschen Banken schwer treffen. Aber wenn überhaupt wird das nicht in absehbarer Zeit passieren."
Lesen Sie auch
Gellert empfiehlt Anlegern deshalb, sich bereits jetzt wieder vorsichtig nach Einstiegsmöglichkeiten in den Aktienmarkt umzusehen. „Sowohl der Euro als auch die europäischen Aktienmärkte sind zurzeit stärker, als sie scheinen", lautet seine Einschätzung. Wer sich der Risiken bewusst sei, könne nun günstig einkaufen. „Anleger sollten allerdings überlegen, vielleicht mit etwas weniger Hebel und Stoppkursen zu arbeiten, um sich gegen weitere irrationale Kursverluste abzusichern." Insbesondere die hohe Volatilität ist ein Indikator, dass Anleger sehr vorsichtig sein müssen. Die so genannte implizite Volatilität ist ein Maß dafür, wie stark die Kursschwankungen sind, die Anleger in nächster Zeit von einem bestimmten börsengehandelten Produkt erwarten. Der VDAX New, der die Volatilität des DAX abbildet, steht zurzeit bei knapp 50 Punkten. In ruhigeren Börsenzeiten steigt der Index selten höher als 25 Punkte.