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    Devisen - Währungen  1970  0 Kommentare Yen mit Anzeichen von Schwäche - Unsicherheit stützt

     

    Es klingt schon ein wenig paradox: Der Euro befindet sich seit Monaten auf Talfahrt, da sich die Schuldenkrise in Europa immer weiter zuspitzt und eine Lösung der Probleme längst nicht erkennbar ist. Er fällt auch gegenüber dem Japanischen Yen, von der leichten Korrektur in den vergangenen drei Wochen mal abgesehen. Und das, obwohl Japan aktuell mit 230 Prozent des Bruttoinlandsprodukts die höchste Staatsverschuldung unter den Industrieländern hat, die Handelsbilanz des Landes immer roter wird und die Bank of Japan weitere Lockerungsmaßnahmen in der Geldpolitik zur Rettung von Nippons Wirtschaft nicht ausschließt.
     
    Der Grund für den bisher sehr starken Yen liegt in seiner Funktion als sicherer Hafen. Nimmt die allgemeine Risikoneigung an den Finanzmärkten ab, fließt das Geld aus Währungen wie dem Euro in den US-Dollar, aber auch verstärkt in den Yen. Aber nicht nur die weltweit verunsicherten Finanzinvestoren, sondern auch vor allem die Japaner selbst holen in Krisenzeiten ihr Geld in ihre Heimat zurück und stärken damit die eigene Währung. Hinzu kommt, während in Europa und den USA die Preise steigen, herrscht in Japan Deflation. Das macht den Yen gegenüber anderen Währungen attraktiver.
     
    Vor allem Japans Exportindustrie braucht aber einen schwächeren Yen, um wieder auf die Beine zu kommen. Elektronikkonzerne wie Sony oder Panasonic wollen nach Rekordverlusten in 2011 in diesem Jahr wieder in die Gewinnzone zurückkehren. Deshalb ist es meiner Meinung nur eine Frage der Zeit, wann Japans Notenbank die nächsten Schritte im weltweiten Kampf um die schwächste Währung unternimmt. Der Druck aus der Politik auf die Notenbank, die geldpolitischen Zügel weiter zu lockern und verstärkt Staatsanleihen zu kaufen, wird immer stärker. In der vergangenen Woche wurden mit den früheren Investmentbankern Kiuchi und Sato vom Parlament zwei neue Ratsmitglieder ernannt, von denen man weiß, dass sie für eine expansive Geldpolitik eintreten und den Druck auf den Notenbankgouverneur Shirakawa erhöhen werden.
     
    Dieser wiederum vertritt die auch in meinen Augen völlig richtige Einstellung, Geldpolitik allein könne die wirtschaftlichen Probleme des Landes nicht lösen. Er fordert Reformen des Arbeitsmarktes und der sozialen Sicherungssysteme, die bisher allerdings ausblieben. Er wird sich dennoch früher oder später dem Druck der Politik und nun auch vermehrt aus den eigenen Reihen beugen müssen. Früher heißt für mich, schon auf dem nächsten Treffen der Währungshüter (11. und 12. Juli) könnte eine Aufstockung des Anleihekaufprogramms beschlossen werden.
     
    Indikationen bekommt die Notenbank bis dahin durch in dieser Woche veröffentlichte Konjunkturdaten. Einkaufsmanagerindex, Verbraucherpreisinflation und die Arbeitslosenquote stehen dann unter anderem im Kalender. Weitaus wichtiger wird dann der in der Nacht von Sonntag auf Montag erscheinende Tankan-Bericht der Bank of Japan (BoJ). Hier erwarten die Volkswirte für das zweite Quartal 2012 einen leichten Anstieg auf minus drei Punkte von minus vier Punkten in den ersten drei Monaten. Bei einer Stagnation auf diesem niedrigen Niveau oder gar einem weiteren Rückgang hätte ich dann keine Zweifel mehr, dass die BoJ zehn Tage später tätig wird. Ihr Blick richtet sich zusätzlich auf die Abstimmung des japanischen Parlaments über die geplante schrittweise Erhöhung der Mehrwertsteuer auf zehn Prozent bis Ende 2015, um die hohe Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen. Aktuell liegt sie gerade einmal bei fünf Prozent. Ein Scheitern dieser Abstimmung könnte auch Einfluss auf die Geldpolitik der Notenbank haben, denn ohne diese zusätzlichen Einnahmen stünde eine erfolgreiche Sanierung der öffentlichen Haushalte und damit langfristig die Bonität Japans auf der Kippe.
     
     
     
    In der vergangenen Woche stieg der US-Dollar erstmals seit vier Wochen wieder über die Marke von 80 Yen, der Euro notierte wieder über 100 Yen. Ich gehe davon aus, dass sich Dollar und Euro unter großen Schwankungen je nach Unsicherheitsgrad an den Märkten weiter gegenüber dem Yen erholen werden.  Kurse unter 80 bzw. 100 Yen sehe ich auf diesem Weg eher als Einstiegskurse, auf Sicht von zwölf Monaten bleibe ich bei meiner Einschätzung von 85 USD/JPY und 115 EUR/JPY.
     


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    Torsten Gellert
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    Torsten Gellert ist seit Januar 2015 Head of Germany/Austria bei CMC Markets. Schon von 2007 bis 2009 war er mitverantwortlich für die Geschäfte im deutschsprachigen Raum und etablierte in dieser Zeit CMC Markets als größten Anbieter von CFDs und Forex in Deutschland. Der studierte Diplom-Mathematiker startete seine berufliche Karriere 1997 bei der Allianz Versicherung. Nach zehn Jahren in der Versicherungsbranche wechselte er 2007 zu CMC Markets Deutschland in die Geschäftsleitung. 2010 zog es ihn in seine Heimatstadt zurück und er baute das Deutschland-Geschäft des internationalen Brokers FXCM auf.
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    Verfasst von 2Torsten Gellert
    Devisen - Währungen Yen mit Anzeichen von Schwäche - Unsicherheit stützt Es klingt paradox: Der Euro befindet sich seit Monaten auf Talfahrt, da sich die Schuldenkrise in Europa weiter zuspitzt und eine Lösung längst nicht erkennbar ist. Er fällt auch gegenüber dem Japanischen Yen - trotz der immensen japanischen Staatsverschuldung.

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