Smart Investor Weekly 36/2012
Luftalarm über Jackson Hole – Wie „Helikopter-Ben“ auf die Märkte wirkt
Er wird es wieder tun
Eigentlich konnte es kaum einen Zweifel geben, dass es dies- wie jenseits des Atlantiks weitere Runden eines sogenannten Quantitative Easings geben
würde. Am Freitag ging Fed-Chef Ben Bernanke voran, indem er, nur untypisch dürftig verklausuliert eine weitere Runde von Staatsanleihenkäufen durch die Fed ankündigte. Die Politik extrem leichten
Geldes, so „belegte“ der oberste – man mag das Wort in diesem Zusammenhang nicht mehr gebrauchen – „Währungshüter“ anhand selbst gefertigter Statistiken, sie war erfolgreich: 2 Mio. neue Stellen
und 3% Wirtschaftswachstum will „Helikopter-Ben“, dem dieser Spitzname seit einer früheren Äußerung anhaftet, notfalls Geld mit dem Hubschrauber abzuwerfen, mit Gelddrucken aus dem Hut gezaubert
haben. Eine Einschätzung, die selbst in der in solchen Fragen bislang wenig kritischen Presse zunehmend hinterfragt wird. Weder die konkreten Zahlen, noch der behauptete enge Wirkungszusammenhang
der Geldpolitik können überzeugen. Die deutsche Ausgabe des Wallstreet Journal zitiert Donald Kohn mit der Frage "Wie kann es sein, dass wir für so lange Zeit eine so unglaublich stimulierende
Geldpolitik haben und so wenig Wachstum?" Kohn dürfte wissen, wovon er spricht, er war immerhin Vize-Präsident der Fed. Auch die Märkte bildeten sich im Gefolge der Rede von Jackson Hole ein
Urteil, das von der Schönfärberei Bernankes weitgehend unbeeindruckt blieb. Die nachfolgende Grafik zeigt die Kursänderungen ausgewählter Rohstoffe, Währungen und Indizes zwischen Donnerstag,
dem 30. August (Tag vor der Rede) und dem gestrigen Dienstag (Montag, der 3. September war in den USA „Labor Day“, also Feiertag):
„Brüder im Geiste“
Das Bild ist eindeutig. Vor allem wurden nach den Äußerungen des großen Vorsitzenden Silber, Gold und die ungehedgten Minenaktien des „HUI“-Index nach oben
getrieben. Der breite Aktienmarkt konnte dagegen nur geringfügig profitieren. Auch der Euro erhöhte sich nur marginal, wobei die Märkte natürlich wissen, dass Bernankes „Bruder im Geiste“, EZB-Chef
Mario Draghi, ebenfalls die Hand am Abzug seiner „Dicken Bertha“ hat und vielleicht schon morgen (6.9.2012) ähnliches in Bezug auf den Aufkauf europäischer Staatsanleihen verkünden wird. Sollte,
wie Bernanke behauptet, der Aufkauf von Staatsanleihen tatsächlich ein wirksames Programm zur Konjunkturankurbelung ohne große Nebenwirkungen sein, dann hätte man eigentlich ein Freudenfeuer bei
Aktien erwarten dürfen, nicht aber eine Flucht aus dem US-Dollar in Richtung Edelmetalle. Die Marktteilnehmer wissen also nur zu genau, was von Leuten vom Schlage Bernankes und deren Politik zu
halten ist – die entsprechende Marktreaktion, sie ist ein Stachel, der tief im Fleisch der Geldmanipulateure sitzt. Dies dürfte auch der wesentliche Grund sein, warum Märkte unter dem ständigen
(Verbal-)Beschuss einer solchen Politik stehen, die sich anmaßt Wirtschaft steuern zu können und doch täglich aufs Neue widerlegt wird. US-Staatsanleihen haben wir in dieser Betrachtung übrigens
nicht mehr berücksichtigt. Durch die massenhaften Aufkäufe der Notenbank existiert in diesem Bereich ohnehin kein Markt mehr, der diese Bezeichnung noch verdienen würde – das gilt im Übrigen auch
für etliche Anleihen von Euro-Staaten. Faktisch nehmen die Notenbanken damit immer mehr Staaten vom Kreditmarkt, selbst wenn phantasievolle Ratings diesen Staaten noch immer Kreditwürdigkeit
attestieren.