EUR/USD
Der Rettungsschirm ist aufgespannt – Warten auf Spaniens Antrag
„Es gibt da ein kleines Missverständnis – Spanien muss überhaupt nicht gerettet werden,“ so beruhigend, wie der Satz des spanischen Finanzministers Luis de Guindos eigentlich klingen müsste, so gefährlich ist dieses Spiel auf Zeit seines Landes aber für die vermeintliche Stabilität des nun einsatzbereiten Konstrukts aus Rettungsschirm und Anleihekäufen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Denn wenn vor Monaten ein Antrag aus Spanien auf Rettung den Euro noch auf Talfahrt geschickt hätte, jetzt würde dieser Schritt wohl mit steigenden Notierungen belohnt werden.
Bis es soweit ist, wird die Marke von 1,30 zum US-Dollar allerdings einen nicht so leicht überwindbaren Widerstand darstellen. Im Gegenteil: Umso länger diese Ungewissheit andauert, desto länger sehe ich eher eine Schwäche des Euro gegenüber den wichtigsten Währungen.
Der Blick auf Spaniens Zahlen zu Neuverschuldung, Wirtschaftswachstum (oder besser Schrumpfung), Bankenkrise und Arbeitslosigkeit macht klar, das Land braucht dringend die finanzielle Hilfe seiner Nachbarn, um Zeit für grundlegende Strukturreformen zu gewinnen. Dementgegen stehen aber die immer stärker werdenden Massenproteste der Spanier gegen die geplanten Einsparungen, die nur ein Vorgeschmack dessen sind, was passieren würde, wenn die strikten Spar- und Reformauflagen, die ein Weg unter den Rettungsschirm mit sich bringen, umgesetzt werden müssten. Das aber wissen auch die Geldgeber, die in diesen Tagen ihre Milliarden nach Luxemburg überweisen müssen, um den Rettungsschirm ESM nun auch mit Leben zu füllen.
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Am heutigen Nachmittag beim Treffen der Euro-Gruppe werden sie dann auch darüber beraten, wie sie mit Spanien weiter umgehen. Der spanische Ministerpräsident Rajoy versucht, so lange wie möglich Herr im eigenen Haus zu bleiben, denn sobald sein Land unter den Schirm geht, bestimmt eine Troika die Sparmaßnahmen und kontrolliert deren Umsetzung. Aber über eines bin ich mir sicher: Dass ein Antrag notwendig ist, weiß auch Rajoy und deshalb wird er auch kommen. Noch sind die Finanzmärkte zwar allein durch die Ankündigungen der EZB und die nun endgültige Funktionsfähigkeit des Rettungsschirmes auf eine gewisse Art beruhigt, diese Ruhe kann aber auch ganz schnell vorbei sein, kommt der Antrag aus Madrid nicht in den nächsten Wochen. Die Folge wären wieder ansteigende Renditen nicht nur der spanischen, sondern auch der italienischen Anleihen und die Spekulation auf einen Zerfall der Eurozone würde in eine neue Runde gehen. Die Milliardenhilfen stünden zwar dann zur Auszahlung bereit, aber (fast) keiner würde sie haben wollen, um sich nicht erpressbar zu machen. Damit wäre das monatelange Tauziehen um den Rettungsschirm umsonst gewesen, das kann nicht Sinn der Sache sein. Die Lösung liegt also in einem Kompromiss, mit dem alle Seiten leben können und keiner das Gesicht verliert.