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     1226  0 Kommentare Japans Notenbank in der Pflicht – Am Ende steht ein schwächerer Yen

    Geht es nach Shinzo Abe, dem potenziellen Nachfolger des mit hoher Wahrscheinlichkeit im Dezember abgewählten Premiers Noda, war dies die vorerst letzte Sitzung der Bank of Japan in völliger Unabhängigkeit zur Politik. Nachdem die Notenbanker zweimal in den letzten beiden Monaten zusätzliche Anleihekäufe beschlossen, ließen sie das Programm und auch die Leitzinsen heute unangetastet. Offiziell heißt es in Tokio, man wolle erst die Auswirkungen der vorangegangenen Schritte abwarten, bis man neue Maßnahmen ergreift. Allerdings konnte man in diesem politischen Umfeld auch nicht wirklich davon ausgehen, dass die BoJ im vorauseilenden Gehorsam schon jetzt die Zinsen ganz auf Null senkt. Erstens, um nicht den Eindruck zu erwecken, man ergebe sich freiwillig in die Abhängigkeit, noch bevor die neue Regierung im Amt ist, und zweitens – und das ist in meinen Augen der viel wichtigere Grund – will man die Munition, die man für das kommende Jahr braucht, nicht schon jetzt verschießen.

     

    „Wenn es sein muss, auch unter Null“, diese Worte des zukünftigen starken Mannes in Japan in Bezug auf den japanischen Leitzins geben für mich ganz klar die Marschrichtung für 2013 vor, was den geldpolitischen Kurs angeht. Und in meinen Augen führt auch kein Weg an diesem aggressiven Kurs der Notenbank vorbei, denn Japan steckt mittendrin in einer der schwersten Krisen mit für mich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbaren Folgen. Die dritte Rezession in nur vier Jahren ist gerade jetzt in diesen politisch unsicheren Wochen erst recht nicht mehr zu verhindern. Zwar will die scheidende Regierung noch in diesem Monat ein Konjunkturprogramm auf den Weg bringen, aber das dieses seine Wirkung noch bis Weihnachten entfalten wird, ist höchst unwahrscheinlich. Auch die Finanzierung dafür ist noch fraglich. Die Wirtschaft wird also auch im laufenden Quartal schrumpfen und dann befindet sich Japan nach der allgemeinen Definition von zwei aufeinanderfolgenden Minus-Quartalen in der Rezession.

    Nun stellt sich die Frage, ob eine neue Regierung der Wirtschaft neues Leben einhauchen kann und sich im kommenden Jahr das Blatt wendet. Wenn die Rufe des Noch-Oppositionsführers Abe nach der Notenbank zur Finanzierung höherer Staatsausgaben zur Ankurbelung der stagnierenden Wirtschaft das einzige sind, was den Kurs ab Dezember bestimmen soll, schätze ich die Chancen für Nippons Trendwende als sehr gering ein. Zwar kann eine solche Politik die Finanzmärkte beruhigen und sogar beflügeln, wie wir dieses ja in den USA und der Eurozone schon mehrmals in den vergangenen Monaten erlebt haben, auch der Nikkei ist in den vergangenen Tagen in Vorfreude auf die Neuwahlen und der damit verbundenen Hoffnung auf noch mehr Yen aus der Notenpresse wieder über die 9.000er Marke gestiegen. Aber die Frage, ob und in welchem Ausmaß das Geld am Ende tatsächlich in der realen Wirtschaft ankommt, wird auch in Japan erst sehr viel später beantwortet werden können.

    Von dieser Geldpolitik profitieren sollte in erster Linie die japanische Exportwirtschaft, denn so langsam aber sicher zeichnet sich an den Finanzmärkten eine Wende in Sachen Japanischer Yen ab. Bislang kann man die Versuche der Exportnation Japan, im Wettlauf um die schwächste Währung ihren Yen zu drücken, um günstiger exportieren zu können, wohl als gescheitert betrachten. Das allerdings könnte und sollte sich nun auch durch die Ankündigungen der jetzt an die Macht strebenden Politiker ändern. Was den Yen trotz aller geldpolitischen Expansion der BoJ in den vergangenen Jahren gestärkt hat, war nicht etwa eine extrem gute Verfassung der japanischen Wirtschaft, die eine solche starke Währung rechtfertigen würde, sondern vielmehr die Rolle des Yen als „sicherer Hafen“ und vermeintlich einzige Alternative zu Risikoanlagen für das viele in der Welt gedruckte Geld. Doch dieser Hafen verliert aktuell mehr und mehr von dieser Sicherheit. Während sich in den USA zumindest die Anzeichen für eine langsame Erholung der Konjunktur - hier speziell am Arbeitsmarkt und im wichtigen Immobilienmarkt – verdichten und auch die fiskalische Klippe in letzter Minute wohl umschifft werden sollte, treten die Japaner hier maximal auf der Stelle. Hinzu kommt in Japan das von mir schon oft angesprochene demographische Problem, welches bei einem Schuldenberg von über 230 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und einer momentanen Verschuldungsquote bei der eigenen Bevölkerung von 95 Prozent ein unkalkulierbares Risiko darstellt. Kauft der Japaner keine Anleihen mehr, weil er zunehmend vom Ersparten und immer leereren Sozialkassen leben muss, sind ausländische Investoren gefragt. Das im Gegensatz zu patriotischen Inländern fehlende Vertrauen muss langfristig dann aber wahrscheinlich mit höheren Zinsen verrechnet werden, die wiederum Gift für ein so hoch verschuldetes Land sind.

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    Torsten Gellert
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    Torsten Gellert ist seit Januar 2015 Head of Germany/Austria bei CMC Markets. Schon von 2007 bis 2009 war er mitverantwortlich für die Geschäfte im deutschsprachigen Raum und etablierte in dieser Zeit CMC Markets als größten Anbieter von CFDs und Forex in Deutschland. Der studierte Diplom-Mathematiker startete seine berufliche Karriere 1997 bei der Allianz Versicherung. Nach zehn Jahren in der Versicherungsbranche wechselte er 2007 zu CMC Markets Deutschland in die Geschäftsleitung. 2010 zog es ihn in seine Heimatstadt zurück und er baute das Deutschland-Geschäft des internationalen Brokers FXCM auf.
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    Verfasst von 2Torsten Gellert
    Japans Notenbank in der Pflicht – Am Ende steht ein schwächerer Yen Geht es nach Shinzo Abe, dem potenziellen Nachfolger des mit hoher Wahrscheinlichkeit im Dezember abgewählten Premiers Noda, war dies die vorerst letzte Sitzung der Bank of Japan in völliger Unabhängigkeit zur Politik. Nachdem die Notenbanker zweimal in den letzten beiden Monaten zusätzliche Anleihekäufe beschlossen, ließen sie das Programm und auch die Leitzinsen heute unangetastet. Offiziell heißt es in Tokio, man wolle erst die Auswirkungen der vorangegangenen Schritte abwarten, bis man neue Maßnahmen ergreift. Allerdings konnte man in diesem politischen Umfeld auch nicht wirklich davon ausgehen, dass die BoJ im vorauseilenden Gehorsam schon jetzt die Zinsen ganz auf Null senkt. Erstens, um nicht den Eindruck zu erwecken, man ergebe sich freiwillig in die Abhängigkeit, noch bevor die neue Regierung im Amt ist, und zweitens – und das ist in meinen Augen der viel wichtigere Grund – will man die Munition, die man für das kommende Jahr braucht, nicht schon jetzt verschießen.