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     1626  0 Kommentare Dollar-Schwäche nur vorübergehend – Europa bleibt weiter Krisenzone

    Es wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben, ob die Entscheidung des portugiesischen Verfassungsgerichtes über die Unrechtmäßigkeit zahlreicher Sparmaßnahmen und die daraufhin von der Regierung in Lissabon gezeigte Unverständlichkeit nicht ein von langer Hand geplanter Schachzug aller Beteiligten war. Denn nun kann man sich immerhin mit der Begründung nach Brüssel wenden, man könne ja die im Rahmen der Finanzhilfe aus der Eurozone vereinbarten Ziele schon allein aus rechtlichen Gründen nicht erreichen. In Brüssel zeigt man sich von den Vorgängen auf der iberischen Halbinsel noch relativ unbeeindruckt und will hart bleiben, was die Einhaltung der finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Euro-Partnern angeht. Portugal müsse nun andere Wege finden, die vom Gericht für unzulässig erklärten Sparmaßnahmen im Volumen von 900 Millionen Euro einzusparen. Nicht so ganz einfach allerdings für ein Land, welches in diesem Jahr mit einem Minus von prognostizierten 2,3 Prozent immer tiefer in die Rezession rutschen wird und so auch nur sehr schwer sein Problem der massiven Arbeitslosigkeit in den Griff bekommen wird. In Brüssel und Lissabon rechnet man für 2014 schon wieder mit einem Wachstum von einem Prozent. Diese Hoffnung könnte allerdings durch Einsparungen an anderen wichtigen Stellen schnell zunichte gemacht werden.

     

    Das Beispiel Portugal zeigt mir erneut, auf welch wackeligem Boden das in den vergangenen Monaten von Notenbank und Politik aufgebaute Fundament einer aus der Schuldenkrise geretteten Eurozone steht. Klar wird auch hier wieder am Ende die Europäische Zentralbank parat stehen, dem Land über die im Laufe von zähen Verhandlungen erreichten zeitlichen Aufschübe der Reformerfolge hinweg zu helfen. Genau deshalb ist es auch über das Wochenende hinaus an den Finanzmärkten sehr ruhig geblieben, was dieses Thema angeht und man hat sich schnell wieder dem Tagesgeschäft zugewandt. Nämlich darüber zu spekulieren, welche Notenbank wann welchen geldpolitischen Kurs wieder einschlägt, beibehält oder verlässt.

    US-Notenbank bastelt weiter an Exit-Strategie aus der lockeren Geldpolitik

    Dieses Thema betreffend meint man ja nach den Arbeitsmarktzahlen aus den USA vom Freitag wieder etwas schlauer geworden zu sein. Aus der Tatsache, dass statt der erwarteten 200.000 doch nur 88.000 Stellen außerhalb der Landwirtschaft neu geschaffen wurde, zog man zwei Schlüsse: Erstens bekommt die US-Wirtschaft durch die Haushaltskürzungen nun doch noch einen Dämpfer verpasst. Und zweitens wird die Notenbank nun wieder davon abrücken, ihre expansive Geldpolitik doch früher zu beenden. Ja, die Auswirkungen des „Fiscal Cliff“ werden in den kommenden Monaten zu spüren sein, das war auch immer schon meine Erwartung. Aber sie sind notwendig auf dem Weg zur Lösung des amerikanischen Schuldenproblems und sie werden von einer anziehenden Wirtschaft in einer vernünftigen Größenordnung abgefedert werden können. Und nein, die US-Notenbank wird nicht nach dieser einen Zahl davon abrücken, weiter an ihrer Exit-Strategie aus dem Rückkaufprogramm von Anleihen in einem Volumen von monatlich 85 Milliarden Euro zu basteln. Auch weil sie sich nicht an diesen Zahlen, sondern an der Arbeitslosenquote orientiert, die im Übrigen auf 7,6 Prozent gesunken ist. Damit liegt diese zwar immer noch weit entfernt vom Ziel der US-Notenbank von 6,5 Prozent. Aber der Trend ist intakt, weil sich immer mehr Amerikaner gänzlich vom Arbeitsmarkt verabschieden.

    Wenn ein Ereignis die Währungshüter in der vergangenen Woche zum Nachdenken angeregt hat, dann wohl eher die Entscheidung der Bank of Japan, nun den Aggressionskurs in der Geldpolitik einzuschlagen, auf dem sich ihre Kollegen aus den USA schon seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 befinden. So ist auch zu erklären, dass gegenüber dem Yen der Dollar trotz der miserablen Arbeitsmarktzahlen weiter zulegen konnte. Da aber die Europäische Zentralbank in der vergangenen Woche an ihrer aktuellen Politik der ruhigen Hand festhielt, zog der Herdentrieb die Devisenmarktteilnehmer kurzerhand in den Euro, aber auch in das Britische Pfund, weil auch aus London keine konkreten Signale über eine weitere geldpolitische Lockerung kamen.

    Euro-Schwäche wird weiter anhalten

    Diese Bewegungen sind alles in allem kurzfristig völlig nachvollziehbar, aber langfristig vorerst weiter ohne eine wirklich reale Chance auf Fortsetzung. Jetzt gilt es, neben dem vorerst geretteten, aber vermutlich in die schwerste Rezession seiner Geschichte stürzenden, Zypern eben auch mal wieder verstärkt nach Portugal zu blicken. Außer Acht lassen sollte man auch nicht die Risikofaktoren Slowenien als neuen Krisenherd, aber auch das immer noch nach einer Regierung suchende Italien als alter Bekannter in der Eurokrise. Hinzu kommt mit Frankreich ein Kandidat, den immer mehr Experten als nächsten Kandidaten für Finanzhilfen sehen. Soweit würde ich noch nicht gehen, aber allein die aktuelle wirtschaftliche Verfassung des europäischen Schwergewichts würde eine wo auch immer herkommende Dynamik der Eurozone gewaltig behindern. Die Europäische Zentralbank wird deshalb über kurz oder lang gezwungen sein, ihre im Moment eher rückläufige Bilanz und damit auch Geldmenge in Europa wieder signifikant auszuweiten, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Der Deckel ist auch schon gerade deshalb auf dem Euro, weil die Notenbanker auch kommunikativ sehr schnell wieder einschreiten müssten und würden, sollte die Stärke weiter anhalten. Allen, die meinen Einschätzungen in den vergangenen Wochen über einen schwachen Euro gefolgt sind, empfehle ich deshalb, ruhig zu bleiben und Kurse über 1,30 EUR/USD eher zum Ausbau ihrer Short-Engagements zu nutzen.

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    Torsten Gellert
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    Torsten Gellert ist seit Januar 2015 Head of Germany/Austria bei CMC Markets. Schon von 2007 bis 2009 war er mitverantwortlich für die Geschäfte im deutschsprachigen Raum und etablierte in dieser Zeit CMC Markets als größten Anbieter von CFDs und Forex in Deutschland. Der studierte Diplom-Mathematiker startete seine berufliche Karriere 1997 bei der Allianz Versicherung. Nach zehn Jahren in der Versicherungsbranche wechselte er 2007 zu CMC Markets Deutschland in die Geschäftsleitung. 2010 zog es ihn in seine Heimatstadt zurück und er baute das Deutschland-Geschäft des internationalen Brokers FXCM auf.
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    Verfasst von 2Torsten Gellert
    Dollar-Schwäche nur vorübergehend – Europa bleibt weiter Krisenzone Es wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben, ob die Entscheidung des portugiesischen Verfassungsgerichtes über die Unrechtmäßigkeit zahlreicher Sparmaßnahmen und die daraufhin von der Regierung in Lissabon gezeigte Unverständlichkeit nicht ein von langer Hand geplanter Schachzug aller Beteiligten war. Denn nun kann man sich immerhin mit der Begründung nach Brüssel wenden, man könne ja die im Rahmen der Finanzhilfe aus der Eurozone vereinbarten Ziele schon allein aus rechtlichen Gründen nicht erreichen. In Brüssel zeigt man sich von den Vorgängen auf der iberischen Halbinsel noch relativ unbeeindruckt und will hart bleiben, was die Einhaltung der finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Euro-Partnern angeht. Portugal müsse nun andere Wege finden, die vom Gericht für unzulässig erklärten Sparmaßnahmen im Volumen von 900 Millionen Euro einzusparen. Nicht so ganz einfach allerdings für ein Land, welches in diesem Jahr mit einem Minus von prognostizierten 2,3 Prozent immer tiefer in die Rezession rutschen wird und so auch nur sehr schwer sein Problem der massiven Arbeitslosigkeit in den Griff bekommen wird. In Brüssel und Lissabon rechnet man für 2014 schon wieder mit einem Wachstum von einem Prozent. Diese Hoffnung könnte allerdings durch Einsparungen an anderen wichtigen Stellen schnell zunichte gemacht werden.

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