Ausblick 2014 Die Särken und Schwächen: USA - Euroraum - Emerging Markets
Fünf Jahre nach dem Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise im Herbst 2008 beträgt das Wachstum in den USA weiterhin nur knapp zwei Prozent, während es im Euroraum
erstmals wieder zugelegt hat. Obwohl sich die Stimmung an den Finanzmärkten aufhellt, ist es fraglich, ob beide Volkswirtschaften zu einem nachhaltigen Wachstum zurückkehren. Und: Können sie dann
auch die Emerging-Markets-Länder mitziehen, die der Krise größtenteils standhalten konnten, zuletzt aber schwächelten?
Emerging Markets: Strukturelle Schwäche, konjunkturelle Stärke
Seit dem Aufschwung 2010 ist das Wirtschaftswachstum in den Emerging-Markets-Ländern kontinuierlich zurückgegangen. Heute ist es deutlich niedriger als vor der Krise. Das geringere Wachstum ist
Folge struktureller Veränderungen, insbesondere in China, wo die Produktivität mit der zunehmenden wirtschaftlichen Entwicklung zwangsläufig weniger stark zulegt. Der Wachstumsrückgang hat aber
auch etwas mit den abnehmenden Leistungsbilanzdefiziten der Industrieländer zu tun, einer Folge des Schuldenabbaus. Diese Sparpolitik dämpft ihre Binnennachfrage und schwächt auch den Absatz der
Schwellenländer. „Der Abschwung hat an Dynamik gewonnen, seit der Euroraum zu einem Nettoexporteur geworden ist. Mitte der 2000er Jahre war die Leistungsbilanz des Euroraums weitgehend
ausgeglichen, doch jetzt liegt sie mit 250 Milliarden US-Dollar im Plus“, meint Anton Brender, Chefvolkswirt bei Dexia Asset Management (Dexia AM). Heute stehen dem Überschuss des Euroraums
Leistungsbilanzdefizite vieler großer Schwellenländer, wie Brasilien, Indien, der Türkei, Indonesien und Südafrika, gegenüber. Diese Defizite haben die Schwellenländer anfälliger für Veränderungen
im internationalen Finanzumfeld gemacht. Ihr Wachstum dürfte sich dennoch aufgrund der Entwicklung in den USA und des Endes der Rezession im Euroraum 2014 leicht beschleunigen.
USA: Fiskalpolitik weniger restriktiv, mehr Wachstum
In den USA zeigen die Konjunkturindikatoren noch immer nach oben. Trotz der jüngsten Dollar-Aufwertung dürften sich die Exporte weiter erhöhen, auch wenn die Nettoexporte keinen Beitrag mehr zum
Wachstum leisten. Brender: „Trotz des Anstiegs der Hypothekenzinsen seit dem Frühjahr gehen wir davon aus, dass sich der Wohnimmobilienmarkt weiter erholt. Die anhaltenden Fortschritte am
Arbeitsmarkt und das wachsende Haushaltsvermögen könnten auch den Konsum in den nächsten Quartalen voranbringen.“ Nach den Steuererhöhungen in diesem Jahr dürfte die Belastung im neuen Jahr
weitgehend unverändert bleiben. Zwar sorgen die ungelösten Haushaltsfragen 2014 für Unsicherheit. Offen sind weiterhin die Abstimmung über den Haushaltsplan und die Schuldenobergrenze. Außerdem
gibt es noch ungelöste strukturelle Fragen, zum Beispiel die Finanzierung der Gesundheitsprogramme. Dennoch dürfte die Fiskalpolitik das Wachstum im kommenden Jahr nur geringfügig dämpfen (vgl.
Abbildung 2). Vor diesem Hintergrund werden die Unternehmensinvestitionen nach einer Schwächephase im dritten Quartal vermutlich wieder zulegen. 2014 ist sogar mit einem Anstieg um mehr als 2,5
Prozent zu rechnen. „Natürlich wird die Fed schon bald beginnen, ihre Anleihekäufe zurückzuführen. Sie wird aber alles in ihrer Macht stehende tun, um einen deutlichen Zinsanstieg zu verhindern und
eine wachstumsfreundliche Geldpolitik beibehalten“, so Brender.
Euroraum: Ruhigere Märkte, aber ungelöste Probleme
Fünf Jahre nach dem Beginn der Finanzkrise ist es den Euro-Ländern gelungen, die Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen zu verringern. Dieser Ausgleich hatte schwerwiegende Auswirkungen auf die
Konjunktur, da die Regierungen es versäumt haben, ihre Fiskalpolitik an die Ausgaben der Privathaushalte und die Weltwirtschaft anzupassen. Während das Wachstum in den USA Ende 2011 noch anhielt,
ist der Euroraum in die Rezession gefallen. „Nur mit den entschlossenen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) im Sommer 2012 ist es gelungen, die Spannungen an den Staatsanleihemärkten zu
verringern und einen Zusammenbruch der Währungsunion zu vermeiden – zumal gleichzeitig die Regierungen ihre Austeritätspolitik etwas gelockert haben“, sagt Florence Pisani, Volkswirtin bei Dexia
AM.
Das BIP ist daher nicht weiter zurückgegangen (vgl. Abbildung 3) und die Konjunkturindikatoren haben sich erholt, insbesondere in den Peripherieländern. Dort sind die Exporte gestiegen, was auch
weiterhin die Konjunktur stützen dürfte. Pisani: „Aber auch das Verbrauchervertrauen beginnt sich zu erholen und der Konsum stabilisiert sich. Der Konsum könnte 2014 sogar leicht zulegen, da sich
auch die Arbeitsmarktlage stetig verbessert.“ Die Unternehmensinvestitionen werden sich voraussichtlich stabilisieren, doch spricht wenig für eine stärkere Erholung. Noch ist die
Kapazitätsauslastung niedrig, und die Nachfrage der Unternehmen ist noch immer schwach. Daher fällt das Wachstum im neuen Jahr voraussichtlich nur gering aus.
„Trotz der ruhigeren Märkte sieht sich der Euroraum noch immer mit großen Herausforderungen konfrontiert“, meint Pisani. Erst nach dem Jahreswechsel wird die EZB die Ergebnisse des
Bankenstresstests bekanntgeben. Zu den geringen Investitionen in den letzten Jahren kommt die Alterung der Bevölkerung, die das Wachstumspotenzial des Euroraums ebenfalls schwächt. Um die
Schuldenquote zu dämpfen, müssen die Staatsausgaben noch viele Jahre lang nachhaltig verringert werden. Schließlich bleibt auch die politische Unsicherheit bestehen; bei den Wahlen 2014 könnten
Europagegner besorgniserregende Gewinne erzielen. „Die EZB wird aber weiter mutig handeln und alles tun, um den Euro zu erhalten“, so Pisani abschließend. (Gastbeitrag von Dexia Asset
Management)