Prokon-Genussrechte
Prokon-Insolvenz bereits im Januar?
Der umstrittene Windkraftspezialist Prokon ist gut bekannt von aggressiven Werbekampagnen in Bussen, Bahnen und den Medien. Seit einiger Zeit jedoch macht das Unternehmen aus Itzehoe andere Schlagzeilen. Das Einwerben neuen Genussrechtkapitals stockt, fällige Zinsen werden nicht mehr automatisch ausgezahlt, kündigungswilligen Anlegern wird geschäftsschädigendes und unsoziales Verhalten vorgeworfen. Dass neben Verbraucherschützern, den Medien und Banken nun auch die eigenen kündigungsgeneigten Anleger zu Buhmännern erklärt werden, eröffnet eine neue Dimension im Fall Prokon.
Mittlerweile zahlt das Unternehmen die Zinsen an die Genussrechtsinhaber nur aus, wenn die Anleger das ausdrücklich fordern. Bereits Anfang Januar berichtete wallstreet:online, dass die Inhaber der Prokon-Genussrechte persönlich vom Geschäftsführer der Gruppe, Carsten Rodbertus, mit der ausdrücklichen Bitte angeschrieben wurden, die im Januar 2014 fälligen Zinsen nicht einzufordern, sondern diese zumindest vorerst im Unternehmen zu belassen. Dabei werde nicht einmal um eine explizite Zustimmung der Anleger für den Zinseinbehalt gebeten, sondern deren Einverständnis implizit vorausgesetzt.
Neben dem Versuch, die Zinsen nicht auszuzahlen zu müssen, werden auch die Prokon-Anleger, die ihre Genussrechte bereits gekündigt haben, persönlich vom Prokon-Geschäftsführer mit der Aufforderung angeschrieben, ihre Kündigung zu widerrufen. Sollten sie dennoch an ihren Kündigungen festhalten fordert Prokon, für die Rückzahlung der Zeichnungssumme eine Ratenzahlung von drei, sechs oder mehr Monatsraten zu akzeptieren. „Deutlicher kann das Management die akuten Zahlungsschwierigkeiten wohl kaum noch zum Ausdruck bringen“, so Rechtsanwalt Kaltmeyer von der Berliner Kanzlei FEIL KALTMEYER Rechtsanwälte.
Emotionale Appelle: Geld ist doch nicht alles
Verdeutlicht wird die Situation nun durch ein auf den 10. Januar 2014 datiertes Rundschreiben von Prokon an die Anleger der Prokon-Genussrechte: „Am 16.12.2013 hatten wir allen PROKON Genussrechtsinhabern ein Schreiben zur aktuellen Lage und mit der Bitte, die Zinsen für das 2. Halbjahr 2013 zur Entspannung der Liquiditätslage im Unternehmen zu belassen, geschickt. Mit großem Bedauern stellen wir fest, dass aufgrund der seit Monaten andauernden Medienkampagne gegen PROKON nach wie vor zahlreiche Anleger aus Angst vor einem Verlust ihres angelegten Geldes ihre Genussrechte kündigen. Daher ist diese Maßnahme leider nicht ausreichend, um wieder eine stabile Liquiditätssituation herzustellen. Somit stehen wir vor einem ernsten Problem.“ In üblicher Manier spricht Prokon emotional aufgeladen von einer „Hetzkampagne der Medien“, die dem Unternehmen das Betreiben eines Schnellballsystems vorwerfen.
Gier aber auch Emotionen sind keine guten Ratgeber in der Geldanlage. Emotional appelliert Prokon an das WIR-Gefühl der Anleger, an die Zukunftsträchtigkeit der Geldanlage in Ökoanlagen, speziell Windräder. Nicht zu letzt konnte man in den Rundschreien auch lesen, dass Geld doch nicht alles sei. Der Wind hatte merklich gedreht.
Prokon droht mit Planinsolvenz
Sollte es Prokon nicht gelingen, die Liquiditätslage zu stabilisieren, „werden wir voraussichtlich Ende Januar gesetzlich gezwungen sein, eine Planinsolvenz wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einzuleiten,“ heißt es weiter in dem Prokon-Schreiben. Diese könne nur verhindert werden, wenn Prokon für mindestens 95% des Genussrechtskapitals die Zusage erhält, dass die Anleger ihr Kapital mindestens bis zum 31.10.2014 - also für weitere zehn Monate - um Unternehmen belassen, einer Ratenauszahlung zustimmen oder neues Kapital durch ausreichende Neuzeichnungen hinzukommt. Vor allem auch hier droht Ungemach, denn das frische Geld fließt wesentlich langsamer als zuvor. Seit dem dritten Quartal 2013 investieren deutlich weniger Anleger in Genussscheine der PROKON. Der Zufluss an frischem Kapital ist im Vergleich zu früheren Perioden fast zum erliegen gekommen.
So wurden seit September vergangenen Jahres monatlich nur noch rund vier Millionen Euro an neuem Genussrechtskapital eingesammelt – ein durchschnittlicher Einbruch von bis zu 90 Prozent gegenüber den ersten acht Monaten des Jahres. In den ersten acht Monaten des Jahres 2013 sammelte Prokon rund 322 Millionen Euro Genussrechtskapital ein, rund 40,3 Millionen Euro pro Monat. Im September, Oktober und November kamen jedoch durchschnittlich jeweils nur noch rund 3,7 Millionen Euro hinzu. (Siehe Artikel: Grauer Kapitalmarkt: Prokon-Genussrechte – Erhebliche Verluste für Anleger?)
Seit langem war deutlich, dass Prokon nicht die Zinsen erwirtschaftet, die das an die Genussrechteinhaber auszahlen müsste. Da die Verbindlichkeiten bestehenden Genussrechte auch nicht mehr durch neues Kapital gedeckt werden können, bleibt Prokon also nur, an die Anleger zu appellieren: „Wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen, denn es ist nicht unsere wirtschaftliche Lage, die uns unter Druck setzt, sondern der Kapitalentzug durch die Kündigungen unserer Anleger!“ Eine Reflektion der Vorwürfe wirtschaftlicher Verfehlungen oder Antworten auf die Berichte unterschiedlicher Medien sucht man hier Vergebens. Besonders fragwürdig: Auf dem beigefügten Antwortbogen können Anleger zwar ihr Genussrechtkapital kündigen, doch wird ihnen durch diese Schritt geschäftschädigendes Verhalten und damit die Schuld an einer möglichen Insolvenz direkt in die Schuhe geschoben. Dort heißt es: „Ich werde meine Genussrechte zeitnah kündigen. Eine Insolvenz von PROKON nehme ich bewusst in Kauf.“ Kein Zeugnis eines Unternehmens, das an die eigene Geschäftsidee glaubt.
„Anlegern, die nicht rechtzeitig ihre Rechte sichern, steht in einem Insolvenzverfahren aufgrund des Nachrangs der Genussrechte nicht einmal eine Insolvenzforderung zur Verfügung," so Rechtsanwalt Kaltmeyer weiter. Da das PROKON-Management selbst von einer selbsterfüllenden Prophezeiung bei einem Abzug der Gelder spricht und eine Insolvenz nun auch direkt ins Spiel bringt, dürfte Eile geboten sein, da das "Windhundrennen" bereits eröffnet ist.
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Da wallstreet:online keine Rechtsberatung macht, wird die Interessengemeinschaft von Rechtsanwalt Christoph Kaltmeyer von der Kanzlei FEIL KALTMEYER in Berlin betreut.