Smart Investor Weekly SIW 3/2014
Auf der Suche nach Alternativen
Alles gut?!
Liest man die amtlichen Wirtschaftsstatistiken und tut man sich darüber hinaus auch noch die Interpretationen dieser Zahlen durch den Mainstream an, dann kann leicht der Eindruck entstehen, dass
wir irgendwie über den Berg der Dauerkrise der vergangenen Jahre sind und volks- sowie geldwirtschaftlich alles wieder in Butter sei. Mal ehrlich, wer kann nach einer gefühlten Ewigkeit das Wort
„Krise“ überhaupt noch hören?! Da der Mensch ein anpassungsfähiges Wesen ist, setzten bereits während des medialen Höhepunkts dieses Themas im Jahr 2013 Gewöhnung und Krisenmüdigkeit ein. Als die
Horrormeldungen dann sogar ausblieben, lag der Schluss nahe, dass die Malaise bereits ausgestanden sei. Dabei sollte man nicht den Fehler machen, die öffentliche Darstellung des Geschehens in den
großen und vor allem meinungsbildenden Medien mit den tatsächlichen Verhältnissen zu verwechseln. Nachdem der Ausbruch der Krise die Akteure noch auf dem falschen Fuß erwischt hatte und zunächst
ein Krisengipfel den nächsten jagte, wurden mittlerweile Institutionen geschaffen, die das Krisenmanagement vor allem geräuschlos betreiben. Verschwiegenheit ist ein wesentlicher Teil der
Aufgabenbeschreibung einer Institution, wie des eilig aus dem Boden gestampften Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Aus den Schlagzeilen ist er – wie gewollt – längst verschwunden. Das heißt
nun aber nicht, dass dort nicht weiter Schlagzeilenwürdiges geschehen würde.
Nachrichten sind Psychologie
Nicht nur die Wirtschaft ist, auch Wirtschafts- und vor allem Konjunkturnachrichten „sind Psychologie“. Wenn die Botschaft vom Aufschwung nur genügend oft wiederholt wird, dann wird sie im
kollektiven Bewusstsein schon irgendwann Wurzeln schlagen und entsprechende Früchte tragen. Dass die Absatzrekorde der deutschen Premium-Automarken nicht mehr aus dem darbenden Inlandsgeschäft
kommen, sondern im Wesentlichen aus dem durchaus fragilen chinesischen Nachfrageboom erzielt wurden, ist da allenfalls ein kleiner Schönheitsfehler, falls überhaupt. Auch kann man sich anhand der
Marktreaktionen auf die „Tapering“-Ankündigungen des Ex-Fed-Chefs Bernanke leicht ausmalen, was von dem „selbsttragenden“ Aufschwung übrig bliebe, falls Notenbanken wie die US-Fed oder die Bank of
Japan das Gaspedal nicht mehr bis zum Anschlag durchtreten würden. Wie zwanghaft der Konjunkturoptimismus der Meinungsbildner mittlerweile ist, mag eine Überschrift aus der heutigen Online-Ausgabe
von Bild illustrieren. Zwar kommt man nicht umhin, die Verlangsamung des BIP-Wachstums 2013 auf nur noch +0,4% zu vermelden. Die Überschrift „Deutschlands Konjunktur-Motor stottert“ wird aber
bereits in der Unterüberschrift relativiert: „… doch die Aussichten sind glänzend … Weltbank ruft Ende der weltweiten Wirtschaftskrise aus“. Na, dann. In einer Infografik mit dem Titel „Die Zeichen
stehen auf Aufschwung“ werden zudem sogar die positive Kursentwicklung des DAX im abgelaufenen Jahr und der Umstand angeführt, dass mittlerweile 57% der Deutschen optimistisch ins neue Jahr gingen
(nach 48% im Vorjahr). Zumindest aus der Sicht eines antizyklischen Anlegers sind solche Schlaglichter eher Anlass zur Sorge.