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    Geldanlage  3740  0 Kommentare Die Nutzlosigkeit von Kapitalmarktprognosen

    Die Untersuchung der Treffsicherheit vergangener Vorhersagen führt zu einem eindeutigen Ergebnis: Kapitalmarktprognosen sind nicht zu gebrauchen. Was bleibt dem Anleger zu tun, der das durchschaut hat?

    Gerade das Streben nach Sicherheit führt die meisten Anleger immer wieder in die Irre. Entweder sie konzentrieren ihr Vermögen in wenigen Anlageklassen, die sie für sicher halten, z.B. Staatsanleihen, Bankeinlagen oder Immobilien, und fallen dann aus allen Wolken, wenn sie nach einem Staatsbankrott, einer Bankenkrise oder einem Immobiliencrash die schmerzhafte Erfahrung machen müssen, dass diese Sicherheit eine Illusion war. Oder sie lassen sich widerwillig auf offensichtlich unsichere Anlagen wie Aktien, Unternehmensanleihen oder Edelmetalle ein, glauben aber, dass die Kapitalmarktprognosen hochbezahlter Experten sie vor dieser Unsicherheit weitgehend schützen können. Sie vertrauen ihr Vermögen also Verwaltern an, die behaupten, die Entwicklung der Märkte voraussehen und damit Verluste weitgehend vermeiden zu können. Wie verlässlich sind solche Prognosen? Sind sie zumindest zuverlässig genug, dem Privatanleger auf die Dauer bessere Anlageergebnisse zu ermöglichen? Oder ist auch die Vorhersagbarkeit eine Illusion, genau wie die Sicherheit einzelner Anlagen?

    Zur Beantwortung dieser Fragen muss man die Treffsicherheit vergangener Prognosen untersuchen. Wenn man aber auf den Websites führender Banken nach vergangenen Vorhersagen sucht, wird man zwar immer den aktuellen Kapitalmarktausblick finden, vielleicht auch noch einen aus den unmittelbar vorangegangenen Monaten, fast nie aber deutlich ältere. Wenn man bedenkt, wie viele hochbezahlte Experten an diesen umfangreichen Publikationen mitwirken, wie aufwendig diese mit hochwertigen Photographien und beeindruckenden Graphiken gestaltet sind, ist es doch erstaunlich, dass diese Werke nach wenigen Monaten wieder spurlos verschwinden und nur mit größter Mühe noch aufzufinden sind.

    Dankenswerterweise sammelte und veröffentlichte die deutsche Finanzzeitung Handelsblatt viele Jahre lang die Marktprognosen der Bankexperten für das jeweils kommende Jahr. An diesen Umfragen nahmen fast alle in Deutschland tätigen Banken teil, darunter alle international führende Institute. Wenn man sich diese in der Vergangenheit getätigten Prognosen genauer anschaut, kann man gut verstehen, warum die meisten Banken ihre älteren Vorhersagen schnell wieder aus dem Verkehr ziehen.

    Unverzichtbarer Bestandteil aller Kapitalmarktausblicke ist in Deutschland die Vorhersage der zukünftigen Entwicklung des deutschen Aktienindex DAX. Wenn man sich nun die durchschnittliche Prognose aller beteiligten Banken in den letzten 20 Jahren anschaut, dann sieht das Ergebnis auf den ersten Blick gar nicht so schlecht aus. In immerhin 15 von 20 Jahren wurde zumindest die Richtung, also Anstieg oder Rückgang, richtig vorhergesagt. Auf den zweiten Blick ist diese Leistung aber weniger beeindruckend: Banken sagen fast immer steigende Märkte voraus, denn negative Prognosen wären ihrem Geschäft nicht förderlich. Unerschütterlicher Optimismus scheint geradezu eine Einstellungsvoraussetzung für Bankvolkswirte zu sein. Da Börsen auf lange Sicht tatsächlich häufiger steigen als fallen, müssen die Banken, wenn sie fast immer steigende Kurse prognostizieren, also zwangsläufig in den meisten Jahren richtig liegen. Von größerem Interesse für Anleger wäre es aber, die wenigen Jahre mit Kursrückgängen voraussehen und die damit verbundenen Verluste vermeiden zu können. Wenn man sich aber nur die Jahre mit Kursverlusten anschaut, dann ist das Ergebnis ernüchternd: Von den seit 1994 immerhin sechs Jahren mit Kursverlusten (1994, 2000, 2001, 2002, 2008, 2011) wurde nur für ein einziges , nämlich 2000, von der Gesamtheit der Banken tatsächlich ein Kursrückgang vorhergesagt. Für Anleger, die mit Hilfe der Experten Kursverluste vermeiden wollten, waren die Prognosen also völlig nutzlos.

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    Dr. Matthias Kelm
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    Dr. Matthias Kelm ist unabhängiger Ökonom und Wirtschaftsberater, mit internationaler Erfahrung als Unternehmensberater und CFO. Das besondere Interesse des in Cambridge promovierten Volkswirts besteht darin, die Erkenntnisse der Österreichischen Schule der Nationalökonomie auf das Portfoliomanagement anzuwenden. Er unterstützt als Independent EconomicAdvisor die Fondsgesellschaft Tareno (Luxembourg) S.A. bei Konzeption, Verwaltung und Vermarktung des neuen Mischfonds Diversified Index Investing Equities/Bonds/Real Assets.
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    Verfasst von 2Dr. Matthias Kelm
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