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    Gläserne Gesundheit  8257  0 Kommentare Wie Krankenkassen sich Fitness-Apps zunutze machen

    Joggen gehen mit Runtastic, Kalorien zählen mit Noom und Fitness-Tagebuch führen mit MyFitnessPal: Immer mehr Menschen nutzen Fitness- und Diät-Apps, um in Form zu kommen. Ein lukratives Geschäft - auch für Krankenkassen.

    Sommer, Sonne, Fitness: Die ersten Sonnenstrahlen animieren viele dazu, dem Winterspeck den Kampf anzusagen. Apps wie Runtastic und Noom sollen dabei helfen, den inneren Schweinehund zu überwinden. Der Markt für solche Fitness- und Diät-Apps boomt und entpuppt sich als wahre Goldgrube, nicht nur für Unternehmen.

    Geringere Kosten durch gesünderen Lebensstil

    Auch Krankenkassen haben längst den Trend erkannt. Viel Bewegung, gesunde Ernährung – seit Jahren versuchen die Versicherer ihre Kunden zu einem gesünderen Lebensstil zu animieren. Denn wer viel Sport macht und auf seine Ernährung achtet, so die Überlegung, wird weniger häufig krank und verursacht geringere Behandlungskosten. Und so zeigen sich Krankenkassen großzügig, nicht nur wenn es um Prämien für Vorsorgeuntersuchungen geht. Darüber hinaus werden mittlerweile auch Mitgliedschaften in Sportvereinen oder der regelmäßige Gang ins Fitnessstudio honoriert – eben alles, was zu einem gesünderen Lebensstil beiträgen kann.

    So ist es nicht verwunderlich, dass die Krankenkassen die Gunst der Stunde erkannt haben und nun ihrerseits mit eigenen Fitness-Apps auf den Markt drängen.

    100 Euro für 100 Kilometer Laufen

    Einem Bericht der „Welt“ zufolge, bietet die DAK ihren Mitgliedern eine kostenlose FitCheck-App. Dort registriert, können die Kunden mit ihren sportlichen Aktivitäten Punkte sammeln und diese später gegen Prämien oder bis zu 150 Euro Bargeld eintauschen. 50 Punkte gibt es dabei für je 30 Minuten Joggen, Radfahren oder Skaten. Im Jahr können bis zu 2400 Punkte erreicht werden.

    Ähnlich sieht es bei der Daimler-Betriebskrankenkasse aus: Kunden, die mit der Lauf-App Runtastic nachweisen können, dass sie pro Jahr mindestens 100 Kilometer gelaufen oder 250 Kilometer Radgefahren sind, werden mit 100 Euro Prämie für ihre Mühen belohnt.

    Noch einen Schritt weiter geht die AOK Nordost. Laut „Welt“ wurde gemeinsam mit dem Schweizer Fitnessportal Dacadoo das Pilotprojekt „AOK mobil vital“ ins Leben gerufen. Mit der Tracker-App von Dacadoo übermitteln Kunden ihre Angaben zu Geschlecht, Alter, Größe und Gewicht an die Dacadoo-Datenbank. Dort werden die Daten mit klinischen Werten abgeglichen und es wird ein so genannter „HealtScore“ ermittelt. Dieser Wert drückt sowohl die Fitness- als auch den Gesundheitszustand aus und reicht von 1 (schlecht) bis 100 (hervorragend). Im Verlauf des Projekts konnten die Teilnehmer dann durch sportliche Leistungen, aber auch durch Angaben zu ihrem Lebensstil (Ernährung, Rauchen, Alkoholkonsum, etc.) versuchen, ihren HealthScore zu verbessern. Ein Erfolg soll nach Auswertung der Ergebnisse des Pilotprojektes schließlich in ein Prämienprogramm einfließen.

    Sammelwut nutzt Krankenkassen und Pharmaindustrie

    Doch während sich die Einen über zusätzliche Prämien freuen, sehen andere die zunehmende Sammelwut kritisch. Denn die Daten, die die Benutzer mit solchen Fitness-Apps so fleißig sammeln, sind für Dritte wie Krankenkassen und Pharmaindustrie, von großem Nutzen. Damit lässt sich nicht nur der gesunde Lebensstil eines Kunden ermitteln. Vielmehr besteht der Mehrwert dieser Vielzahl Daten darin, dass sie für Prognosen und langfristige strategische Überlegungen genutzt werden können, so die "Welt" weiter. Dabei gilt: je umfangreicher die Angaben, desto genauer die Berechnungen. So lassen sich anhand der gewonnen Daten feststellen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Kunde erkrankt, oder welche Erkrankungen gemäß der Datenlage womöglich in Zukunft verstärkt auftreten werden. Entsprechend könnten Versicherungstarife angepasst oder die Produktion von bestimmten Medikamenten gesteuert werden.

    Wird das Gesundheitsdatensammeln bald zur Pflicht?

    Nichts als düstere Zukunftsszenarien, sagen viele. Doch schon jetzt stellt sich die Frage, was mit all jenen Kunden passiert, die nicht zu Smartphone oder Armband greifen, um ihren Fitnesszustand zu dokumentieren. Oder denjenigen, die zwar fleißig messen, aber trotzdem einen schlechten HealthScore erzielen.

    Die Krankenkassen versuchen zu beschwichtigen und beteuern einstimmig, weder personenbezogene Daten zu erheben, noch das „Self-Tracking“ zur Pflicht machen zu wollen. Zweifel dürften trotzdem bleiben, vor allem wenn es um Sondertarife geht. Gerade da sei die Freiwilligkeit zumindest infrage gestellt, nämlich wenn Versicherungen durch die Überlassung der Gesundheitsdaten individuelle Risikoeinschätzungen vornähmen und besondere Tarife anböten, warnt der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar in der „Welt“. Denn damit würden am Ende all jene belastet, die nicht in der Lage sind, positive Gesundheitsdaten online zu liefern oder dies ablehnen. Also doch nicht nur düstere Zukunftsmusik?





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