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    EZB-Negativzinsen  5063  1 Kommentar Schwundgeld - Anheizen der Kreditvergabe auf Kosten der Sparer?

    Wenn am Donnerstag der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) zusammen kommt, dürfte es auf der anschließenden Pressekonferenz eine Premiere geben: Zum ersten Mal wird die EZB aller Voraussicht nach negative Zinsen einführen. Betroffen wären nicht nur Banken, sondern vor allem Sparer. 
     
    Die Idee von Geld, das im Zeitablauf seinen Wert verliert, ist an sich nicht neu. Freiwirtschaft nennt sich das Modell, das Silvio Gesell anfang des 20. Jahrhunderts begründete. Sein Ansatz war, dass Geld wieder mehr als Tauschmittel dienen sollte denn als Wertaufbewahrungsmittel. Historisch gesehen wurde dieser Ansatz beispielsweise beim „Chiemgauer“ umgesetzt. Aber auch in der Gegenwart haben Länder wie die Schweiz, Schweden oder Dänemark die Idee bereits in die Tat umgesetzt. Neu ist, wenn eine der größten und bedeutendsten Zentralbanken eine derart drastische Maßnahme – und davon gehen mittlerweile fast alle Experten aus – umsetzt. 
     
    Negative Zinsen als Allheilmittel gegen die niedrige Inflationsrate?
     
    Heute bedeutet die Idee des „Schwundgeldes“, die der Deutsch-Argentinier Silvio Gesell bereits vor 100 Jahren entwarf, nicht, dass Banknoten zu rosten beginnen. Heute wird der Wert des Geldes über Zinsen geregelt. Und wenn der Einlagenzins am Donnerstag von der EZB ins Negative gesetzt wird, dann bedeutet das eben auch, dass das Geld peu à peu an Wert verliert. Gewiss, in erster Linie soll ein negativer Einlagenzins Banken, die ihre baren Schätze hüten und bei der EZB parken, bestrafen. Oder positiver formuliert: Zu mehr Kreditvergabe motivieren. Denn darum geht es den Geldpolitikern. Sie wollen die Kreditvergabe der Banken anheizen, um so durch mehr Investitionen die Konjunktur in Schwung zu beringen und die Inflationsrate langsam in Richtung ihres Zielwertes von "zwei Prozent oder knapp darunter" zu bringen. 
     
    Die Deutschen als Sparmeister der Euro-Zone dürften besonders leiden
     
    Doch, wenn Banken für ihr geparktes Geld zahlen müssen, dürfte klar sein, dass auch die Sparer, die ihr Geld wiederum bei den Banken „geparkt“ haben, zahlen müssen. Insbesondere die Deutschen könnten deswegen unter negativen Einlagezinsen zu leiden haben, schreibt die „Welt“. Denn das Sparvolumen der deutschen Sparer ist mit 1,88 Billionen Euro höher als das aller anderen Euro-Länder. Sinkt der Einlagenzins ins Negative auf minus 0,15 Prozent, und wird dieser direkt an die Sparer weitergegeben, würde das laut "Welt" einen Geldschwund in Höhe von 2.800 Millionen Euro bedeuten. Ein Blick auf Länder, deren Notenbanken bereits negative Zinsen eingeführt haben, zeigt dem Bericht zufolge, dass die Sparer zumindest indirekt mitbelastet werden: Während die Dänischen Banken lediglich höhere Kontogebühren fordern, haben Schweizer Banken Gebühren von Sparern verlangt. 
     
    Doch der Einlagenzins ist nicht nur wichtig, weil er festlegt, zu welchen Konditionen Banken Geld bei der EZB anlegen können. Auch hat er sich zu einem Referenzwert für den Preis des Geldes entwickelt, berichtet die Zeitung. Denn im Handel zwischen den Banken vergleichen Banken die Konditionen, die sie voneinander bekommen, natürlich mit denen, die die EZB ihnen bietet. Ist der Einlagenzins der EZB hoch, fordern Banken hohe Zinsen, wenn andere Banken sich von ihnen Geld leihen wollen. Umgekehrt: Ist der Einlagenzins niedrig oder sogar negativ, können Banken auch von anderen Banken nur geringe oder sogar gar keine Zinsen verlangen. Liquide Mittel zu halten, wird so extrem unattraktiv. Die „Welt“ spricht deswegen von einer „Art ‚Heiße-Kartoffel-Effekt‘“, bei dem Banken jede nur mögliche Lücke suchen, um liquide Mittel loszuwerden – oder gar nicht erst zu bekommen. Damit wäre man wieder beim Sparer angelangt. Und der Frage, wie lange kostenlose oder zumindest kostengünstige Kontoführung noch der Regelfall sein wird, wenn keine Bank mehr an liquiden Mitteln interessiert ist?
     





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