BUNDESANLEIHEN
Unter 1,3 Prozent Rendite
Mario Draghi hat es tatsächlich getan: Um die Wirtschaft und die Kreditvergabe in der Eurozone anzukurbeln, hat der Chef der Europäischen Zentralbank Anfang Juni unter anderem den Leitzins auf das Rekordtief von 0,15 Prozent gesenkt. Dass die Renditen von Bundesanleihen seither kräftig nachgegeben haben, dürfte aber auch noch andere Gründe haben.
Überraschend kamen diese Maßnahmen nicht, schließlich haben bereits vor der letzten Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) schon zahlreiche ranghohe Vertreter geldpolitische Lockerungsmaßnahmen
angekündigt. Dass EZB-Chef Mario Draghi Anfang Juni aber nicht nur die Geldschleusen noch weiter geöffnet hat, sondern zudem auch ankündigte, notfalls noch weitere Maßnahmen zu beschließen, hat den
einen oder anderen Experten womöglich schon überrascht.
Historische EZB-Maßnahmen
Um die Wirtschaft zu beflügeln und vor allem die Kreditvergabe in den Südländern der Währungsunion anzukurbeln, hat Draghi unter anderem den Leitzins um 10 Basispunkte auf das Rekordtief von 0,15
Prozent gesenkt. Zudem wurde der Einlagenzinssatz um 0,1 Prozentpunkte auf minus 0,1 Prozent gesenkt. Damit müssen Banken, die nun Geld bei der EZB parken, erstmals in der Geschichte eine Art
Strafzins zahlen. Mit dieser Maßnahme sollen die Geldhäuser – allen voran in Südeuropa – in erster Linie dazu animiert werden, mehr Kredite an Unternehmen zu verteilen. Das gleiche Ziel verfolgt
auch das zweckgebundene Kreditprogramm in Höhe von bis zu 400 Millionen Euro.
Dass die nun noch expansivere EZB-Geldpolitik vor allem für risikoscheue Anleiheinvestoren problematisch ist, liegt in der Natur der Sache. Und: Laut Wolfgang von Malottky, Geschäftsführender
Gesellschafter der HPM Hanseatische Portfoliomanagement, wird sich die Lage für konservative Anleger auch nicht so schnell verbessern. Im Gegenteil: „Mit der Ankündigung der Maßnahmen hat die EZB
erstens nur den Grundstein für weitere expansive Schritte gelegt und zweitens ist spätestens jetzt klar, dass die Phase niedriger oder noch besser Zinsen nahe Null mindestens in der Eurozone noch
einige Jahre andauern wird. Wir müssen uns also daran gewöhnen, dass vermeintlich risikolose Anlagen wie Bundesanleihen auch in den kommenden Jahren nach Abzug der Inflationsrate und Steuern keine
realen Renditen mehr abwerfen.“
Geopolitische Risiken dürften Anleihen ebenfalls beflügelt haben
Schon jetzt ist mit vermeintlich sicheren Anleihen unterm Strich kaum mehr eine reale Rendite zu erzielen. So ist die Rendite von zehnjährigen Bundesanleihen jüngst unter die Marke von 1,3 Prozent
per annum gefallen. Vor dem Hintergrund, dass die Inflationsrate in Deutschland im Juni von 0,9 auf 1,0 Prozent gestiegen ist, bleibt da nicht mehr viel übrig, zumal auch noch die Abgeltungsteuer
fällig ist. Zum Vergleich: Anfang des Jahres rentierten diese Bonds immerhin noch mit knapp 2 Prozent.
Dass die Renditen sicherer Anleihen zuletzt nochmal nachgegeben haben, ist aber wohl nicht ausschließlich mit den EZB-Maßnahmen zu erklären. Auch aufgrund der anhaltenden Ukraine-Krise sowie des
Vormarschs der Terrormiliz ISIS im Irak dürfte der eine oder andere sicherheitsorientierte Anleger den heimischen Rentenhafen angesteuert haben.
Finger weg von Bundesanleihen
Sollte sich die Lage in den Krisenregionen weiter zuspitzen, könnte die Kurse womöglich noch ein wenig Luft nach oben haben und die Renditen noch weiter sinken; Kurse und Renditen entwickeln sich am Anleihemarkt systembedingt entgegengesetzt. Angesichts des bereits recht niedrigen Renditeniveaus dürfte das Potenzial aber sehr begrenzt sein, ein Engagement sollten sich Anleger daher zweimal überlegen. „Die Rendite liegt aktuell bei 1,25 Prozent, und der damit im Zusammenhang stehende Bund-Future ist zeitweise über die rekordverdächtige Marke von 147 Punkten gestiegen. Im Fahrwasser dieser Entwicklung haben sich auch viele andere Rentenmärkte weiter positiv entwickelt, so dass nun langsam das zukünftige Performancepotenzial von Anleihen abschmilzt“, schreiben die Experten von M.M. Warburg in einem aktuellen Bericht.
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