Gold - Rückblick
Das Ende des Goldstandards - Seite 2
In seinem neuen Buch „Saving the City“ erklärt Richard Roberts, wie die Finanzmärkte am darauffolgenden Montag geschlossen wurden. Nachdem am Dienstag offensichtlich wurde, dass wichtige Aktien wie die von Kupfer-Riesen Rio Tinto innerhalb einer Woche 25% ihres Werts eingebüßt hatten, wurden zum ersten Mal seit 1801 die Handelsgeschäfte an der Londoner Börse vorübergehend eingestellt.
Am Mittwoch, den 31 Juli 1914, hörten dann auch die Geschäftsbanken in Großbritannien auf, Gold an ihre Sparer auszugeben, die in langen Warteschlangen auf die Auszahlung ihrer Einlagen warteten. Der Bank Run erweiterte sich schließlich sogar auf die Bank of England, die Zentralbank des Vereinigten Königreichs. Die Menschen standen an, um die 5-Pfund-Scheine, die sie zuvor erhielten, in Sovereign-Goldmünzen einzutauschen. Auf diese Weise floss innerhalb von drei Tagen Edelmetall im Wert von 6 Millionen Pfund ab. Um den Abfluss aufzuhalten, wurde der britische Sommerfeiertag auf die Zeit vom 1. bis 7. August ausgedehnt. Allerdings erklärte Großbritannien zwischenzeitlich am 4. August Deutschland den Krieg.
Der Goldstandard
Der Goldstandard untermauerte bis dahin das ganze Finanzsystem, da bei Banken Geld gegen Gold eingetauscht werden konnte und dieses als anerkanntes Äquivalent der wichtigsten Währungen der Welt galt. Doch dieses Währungssystem verlor an Bedeutung, nachdem die Kanonen und Gewehre im November 1918 endlich verstummten, und hat sich nie wieder erholt. Denn es basierte auf dem britischen Empire und der finanziellen Dominanz Londons. Fortan wurden Goldtransporte immer häufiger durch Überweisungen ersetzt. Und anstelle der Bank of England waren nun die US-Notenbank oder die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich herangezogen. Französische Kriegsschiffe verfrachteten Edelmetall nach Paris, und Flugzeuge der russischen Aeroflot brachten Gold aus dem Moskauer Kreml nach Kanada, um es dort gegen Weizen einzutauschen.
Der Goldstandard war vor allem zwischen 1870 und dem Ersten Weltkrieg vorherrschend. Es war US-Präsident Richard Nixon, der im Jahr 1971 endgültig das sogenannte Goldfenster schloss und dadurch die Goldbindung des Dollars aufhob.
Heute sind amerikanische Banken für die Abwicklung von weltweiten Handelsgeschäften so wichtig wie es vor einem Jahrhundert die Londoner „City“ war. Aber falls eines Tages diese Abwicklungsweise nicht mehr verfügbar oder vertrauenswürdig sein sollte - sei es aufgrund des Kreditausfallrisikos oder aus politischen Gründen - wird das bisherige System entweder zusammenbrechen (so wie es nach dem Bankrott von Lehman Brothers geschah) oder durch andere Kanäle ersetzt werden.
Laut des FTfm-Kolumnisten John Dizard „ist Gold schwer zu tragen muss oft zuerst neu untersucht werden, bevor es als Zahlungsmittel akzeptiert werden kann“. Aber um dieses Misstrauen der Händler untereinander aus dem Weg zu räumen, wurde auf dem Londoner Goldmarkt eine sogenannte Integritätskette geschaffen, welche die Qualität der Barren garantiert. „Es werden kaum Transaktionen in Gold fakturiert“, fügt Dizard hinzu. „Anstelle zur Preisangabe wird es vielmehr als Mittel zur Zahlungsabwicklung genutzt.“ Insofern ist Gold nach wie vor bei internationalen Handelsgeschäften sehr beliebt.
Willkommen also zu einer Art des neo-klassischen Goldstandards. Und aus diesem Grund dauert auch Londons primäre Funktion als Verrechnungsstelle für physisches Edelmetall noch bis heute an. Aber wie lange noch?
Nun, wir werden es sehen. Und bis dahin wünsche ich allen Sparern dieser Welt anlässlich des Jahrestags zum Ende des Goldstandards alles Gute.
[Artikel übersetzt und bearbeitet von Steffen Grosshauser.]
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