Egbert Prior: Salzgitter - Gewinnschwelle greifbar nah

Der Chart des zweitgrößten deutschen Stahlherstellers sieht grauenvoll aus. Die Aktie befindet sich nahe eines 5-Jahres-Tiefs bei 29 Euro. Zwei tiefrote Jahre haben dazu geführt. Die Nachfrage nach Stahl ist aufgrund der zyklischen Marktes mickrig. Aber irgendwann wird die Stimmung drehen. Das geschah kürzlich über dem großen Teich bei U.S. Steel. Wie von Wunderhand gesteuert, begann plötzlich der ausgebombte US-Titan in wenigen Wochen nach oben zu stürmen. Ähnliches kann bei den Deutschen passieren. Gerade erhielt die Beteiligung von Salzgitter, die amerikanische Berg Steel Pipe Corp den größten Auftrag der Unternehmensgeschichte. Für ein Pipelineprojekt liefert sie Großrohre mit einem Gewicht von 430.000 Tonnen. Mehr Erfolgsmeldungen von diesem Kaliber könnten wie ein Katalysator auf den niedrigen Kurs wirken. Ein positives Quartal und schon kann Salzgitter Fahrt aufnehmen. 2013 gingen 9,2 Milliarden Euro Umsatz durch die Bücher. Der Verlust türmte sich auf 489 Millionen Euro. Es war der reinste Horror. Doch im ersten Halbjahr gelang es Vorstandschef Heinz Jörg Fuhrmann, den Verlust vor Steuern auf 4 Millionen Euro einzudämmen. Im Vorjahreszeitraum gingen noch 300 Millionen über die Wupper. Es half ihm das Restrukturierungsprogramm „Salzgitter AG 2015“. Hinzu kam ein positiver Ertrag aus der Aurubis-Beteiligung. Die Finanzausstattung verbesserte sich auf plus 156 Millionen Euro. Insofern schlummert viel Geld in der Kasse. Die Eigenkapitalquote kommt auf auskömmliche 38%. Für die kapitalintensive Branche ist das ordentlich. Fuhrmann sagt, das Unternehmen verfüge „über eine solide finanzielle Basis“. Im Flachstahl zog der Auftragseingang in diesem Jahr an. Die Grobbleche und der Profilstahl leiden jedoch. Im Energiesektor wurden weniger Pipelines gebraucht, auch hier herrscht Flaute. Trotz des durchwachsenen Brot- und Buttergeschäft peilt Fuhrmann einen Umsatz „von fast 10 Milliarden Euro“ bis Silvester an. Das Vorsteuerergebnis soll weiterhin deutlich besser ausfallen. Es stehe die Annäherung an die Gewinnschwelle bevor, so das Management. Auf das eingesetzte Kapital soll wieder eine moderate Rendite verdient werden. Kommen wir zur Bewertung. Die Börsenwaage zeigt 1,7 Milliarden Euro an. Schauen wir auf das Eigenkapital. Es umfaßt 3,5 Milliarden Euro einschließlich der 10% des Grundkapitals, in dessen Besitz Salzgitter ist nach dem Aktienrückkauf. Sprich, Sie bekommen die Aktie zum halben Buchwert. Das ist ein Witz. Abwarten müssen Sie indes auf nachhaltige Gewinne. Das kann dauern, bis die fließen. Die meisten der 23 Bankhäuser, die den Konzern covern, sind skeptisch. Es liegt am Kapazitätsüberhang in Europa. Zieht aber die Konjunktur an und kommt Fuhrmann mit seinem Kostenprogramm voran, ist ein klotziger Gewinn schnell eingetütet. Zuletzt flossen 20 Cent Dividende. Das sind 0,7% Rendite, was zugegeben lausig ist. Was tun? Wir raten, die Aktie zu kaufen. Zum halben Buchwert können Sie unserer Meinung nach mittelfristig nicht viel falsch machen. 26% der Aktien besitzt das Land Niedersachsen. Es geht dem Land darum, das Unternehmen vor einer feindlichen Übernahme zu schützen.