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    Keine geldpolitische Maßnahme  3170  1 Kommentar Ist der Kauf von ABS-Papieren durch die EZB möglicherweise illegal?

    Im Oktober sorgte EZB-Chef Mario Draghi für einen Paukenschlag, als er verkündete, die Europäische Zentralbank (EZB) wolle im Rahmen ihres Ankaufprogramms von ABS-Papieren auch so genannte Ramschpapiere aus Griechenland und Zypern aufkaufen. Diese Nachricht versetzte die Finanzwelt in Aufruhr. Viele Experten reagierten mit Unverständnis und Entsetzen (siehe: EZB will Ramschpapiere aufkaufen – Ökonomen sind entsetzt).

    Von „monetärer Sozialisierungsmaschine“, „Euro-Bad-Bank“ und einem „finanziellen Atomendlager“ war die Rede (weitere Reaktionen zur EZB-Entscheidung finden Sie hier). Ökonomen wie Hans-Werner Sinn und Holger Schmieding stritten sich öffentlich über Sinn und Unsinn des Ankaufsprogramms. Die EZB mutiere zur Bad Bank, warnte damals der Eine. Die Schrottbank sei ein Märchen, konterte der Andere (Nachlesen können Sie den Streit hier). Und nun das: Wie die „Welt“ berichtet, sollen die ABS-Käufe möglicherweise illegal sein.

    "EZB hat ihr Mandat überschritten"

    Das behauptet jedenfalls der Freiburger Verfassungsrechtler Dietrich Murswiek in einem Gutachten im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen, welches der „Welt“ vorliegt. Demnach soll die EZB mit diesem Hilfsprogramm ihr Mandat überschritten haben. Das gesteht den Notenbankern nämlich nur geldpolitische Maßnahmen zu. Wirtschaftspolitik zu betreiben ist ihr dagegen ausdrücklich untersagt. Allerdings soll die EZB mit dem ABS-Programm genau das getan haben, so Murswiek.

    Mario Draghi begründete den Schritt hin zum Kauf von ABS-Papieren stets mit Blick auf die stagnierende Kreditvergabe und eine drohende Deflationsspirale. Indem die EZB mithilfe dieser Maßnahme die Bilanzen der Banken entlastet und gleichzeitig frisches Geld in den Markt pumpt, sollten sowohl die Vergabe von Krediten als auch die Inflation angekurbelt werden. Doch Murswiek will diese Begründung nicht gelten lassen.

    ABS-Programm hilft vor allem den Banken

    Es sei evident, dass es der EZB mit diesem Programm in Wirklichkeit nicht um Deflationsprävention gehe, sondern um Hilfe für die Banken, besonders in den Krisenstaaten, heißt es in dem Gutachten. Somit sei klar, dass die EZB mit dem ABS-Ankaufprogramm Wirtschaftspolitik und nicht Geldpolitik betreibe. Mehr noch: Die ABS-Käufe hätten ohnehin nur eine geringe Auswirkung auf das Preisniveau, da der Markt viel zu klein ist um eine signifikante Wirkung zu entfalten. Der Freiburger Verfassungsrechtler sieht daher einen fraglichen geldpolitischen Nutzen der ABS-Käufe, dem im Gegenzug eine umso deutlichere Entlastung der Banken gegenüberstehe: „Objektiv betrachtet, ist das ABS-Ankaufprogramm ein Bankenförderungsprogramm“, zitiert die „Welt“ das Gutachten. In dem Maße, indem die EZB Geschäftsbanken Kredite in Form von ABS abkaufe und damit die Ausfallsrisiken übernehme, entlaste sie die Sitzstaaten von dem Risiko, die betreffenden Banken notfalls mit Steuergeld retten zu müssen.

    Auch andere Experten zweifeln an der demokratischen Legitimation

    Das entspricht im Kern der damaligen Kritik von IW-Präsident Michael Hüther. Dieser hatte der EZB vorgeworfen, falsche Anreize zu setzen, da sie sich mit dem Kaufprogramm zur europäischen Bad Bank mache und so die Staaten aus der Verantwortung nehme, ihrerseits nationale Bad-Bank-Lösungen zu schaffen. Der Wirtschaftsjournalisten Wolfgang Münchau sah in dem Ankaufprogramm daher nichts anderes als die Einführung von Eurobonds durch die Hintertür. Andere Experten äußerten sich ähnlich und stellten dabei immer wieder auch die demokratische Legitimation der ABS-Käufe in Frage (siehe: EZB als Euro-Bad-Bank? Demokratische Legitimation fraglich!).

    Ausnahmeregelung entlarvt Subventionscharakter

    Insofern bringt Dietrich Murswiek also nur das zu Papier, was andere schon länger kritisieren. Allerdings erweitert er die Kritik um ein weiteres Detail. Seiner Meinung nach zeige sich der „Subventionierungscharakter des ABS-Programms“ vor allem dadurch, dass Kreditpakete eigentlich eine gewisse Mindestbonität aufweisen müssen, damit es die EZB aufkauft. Bei den ABS-Papieren ist das anders. Hier werden ausdrücklich auch Papiere mit einer geringeren Bonität, so genannte Ramschpapiere, etwa aus Griechenland und Zypern, aufgekauft. Man wolle so inklusiv wie möglich sein, lautete die damalige Erklärung Draghis. Murswiek ist da anderer Meinung. Die Ausnahmeregelung lasse sich geldpolitisch nicht begründen, weil die EZB aus seiner Sicht denselben geldpolitischen Effekt erziele würde, wenn sie nur ABS-Papiere mit hoher Bonität kaufen würde.





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    Keine geldpolitische Maßnahme Ist der Kauf von ABS-Papieren durch die EZB möglicherweise illegal? Das ABS-Ankaufprogramm der EZB gilt seit jeher als umstritten und löst teils heftige Reaktionen aus. Von "europäischer Bad Bank" oder einem "finanziellen Atomendlager" war die Rede. Und nun das: Der Kauf von ABS-Papieren ist möglicherweise illegal.

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