SNB-Franken-Abkopplung
Schwarzer Donnerstag für Forex-Broker und Besitzer von CHF-Immobilienkrediten
Die Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den Mindestkurs des Franken zum Euro aufzuheben, schüttelte die Märkte gestern durch. Doch auch die Nachbeben an den Finanzmärkten haben es in sich - mit erheblichen Folgen für Forex-Händler oder auch Besitzer von Immobilienkrediten.
Der deutsche Leitindex DAX ging gestern erst auf Tauchstation, um am Nachmittag nach einem starken Rebound zum Sprung über die 10.000 Punkte-Hürde anzusetzen. Dem entgegen sah der Schweizer Leitindex SMI an der Spitze einen Verlust von 14 Prozent und ging mit einem Minus von 8,7 Prozent aus dem Handel. Vor allem Schweizer Finanzwerte vermeldeten herbe Verluste wie Julius Bär 17 Prozent, Credit Suisse 14 Prozent und die UBS 11 Prozent. Die Gemeinschaftswährung Euro fiel zeitweise um rund 30 Prozent auf ein Rekordtief von 0,8517 Franken und beschloss den „Schwarzen Donnerstag“ mit einem Minus von 16,82 Prozent gegenüber der Schweizer Währung.
„Einen Tag wie heute haben wir am Devisenmarkt seit über 20 Jahren nicht mehr gesehen“, betonte Keith Pilbeam, Professor für Internationale Wirtschafts- und Finanzwissenschaften an der City University London. Viele Investoren seien kalt überrascht worden. Zugleich prognostizierte Pilbeam „enorme Verluste“ für die Händler: „Einige könnten große Gewinne machen, aber andere, wie Hedge-Fonds-Investoren, könnten sehr hohe Verluste machen und gezwungen sein, Vermögenswerte zu verkaufen.“ (siehe auch: „So etwas wie heute passiert nur einmal in 20 Jahren“)
Forex-Broker - Liquiditätsengpässe und Insolvenzen
Die ersten Folgen ließen nicht auf sich warten. Wie heute bekannt wurde, musste der Forex-Broker Alpari Insolvenz anmelden. Aufgrund der außerordentlichen Volatilität und Liquiditätsengpässen, sei es bei einer Mehrzahl der Alpari-Kunden zu erheblichen Verlusten gekommen, die deren Kontendeckung bei Weitem überstieg, teilte das Unternehmen auf seiner Webseite mit. Insofern der Kunde die Verluste nicht selbst ausgleichen kann, werden diese an den Broker weitergereicht. Aus diesem Grund sah sich Alpari (UK) Limited gezwungen, Insolvenz anzumelden (siehe: Forex-Broker Alpari meldet Insolvenz an). Dem neuseeländische Händler „Global Brokers NZ Ltd.“ erging es mit seiner Tradingplattform Excel Markets laut „Bloomberg“ nicht besser. Kurz nach der Entscheidung der SNB stellte dieser seine Geschäfte ein.
Auch könnte der größte US-Forex-Broker FXCM in Schieflage geraten sein. Wie das Unternehmen in einem Statement mitteilte, stehen Kunden aufgrund der Abkopplung des Franken vom Euro derzeit mit rund 225 Millionen US-Dollar bei FXCM in der Kreide. Als Folge dieser Verlustsalden, könnte das Unternehmen gegen regulatorische Anforderungen an das Eigenkapital vorstoßen. Die Märkten reagierten prompt. So wurden die FXCM-Aktie an der New Yorker Börse am Freitag vom Handel ausgesetzt. Vorbörslich brachen die Papiere des Forex-Brokers um rund 88 Prozent ein.
Warum geraten Forex-Broker durch die Franken-Abkopplung in Schieflage?
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Fahren Kunden von Forex-Brokern Verluste ein, müssen sie die Minusposition aus eigener Tasche decken. Jedoch sichern sich die Devisenbroker eigentlich für diese Fälle ab. An die Kunden mit Minussalden ergeht dann der so genannte „Margin Call“ (Margin = Sicherheitsleistung) mit der Aufforderung, Geld nachzuschießen oder die Position wird geschlossen. Doch in der Masse, Schnelligkeit und Tiefe wie am gestrigen Tag versagten anscheinend die Sicherungssysteme.
Wetten auf den eidgenössischen Franken waren seit der Einführung des Mindestkurses zum Euro bei den Forex-Kunden sehr gefragt. Da die Schweizerische Nationalbank den Euro-Kurs des Franken nach unten absicherte, schien dies eine sichere Wette. Mit dem richtigen Hebel potenzierten sich auch kleine Gewinne. Wie die „Welt“ ausführt, handelten Investoren zum Teil mit einem Hebel von 400. Doch der Hebel wirkt sich nicht allein auf die Gewinne aus, sondern auch auf die Verluste. Somit ergaben sich gestern zum Teil horrende Verluste. Wer muss diese nun tragen? Hier greift die Nachschusspflicht der Forex-Kunden, insofern sie bei diesem „Finanz-Tsunami“ dieser nachkommen können. Doch auch in Deutschland? Hier seien Klauseln mit der Nachschussverpflichtung nicht enthalten, schreibt die „Welt“. Es bleibt spannend.
Immobilienbesitzer zittern um Frankenkredite
Doch nicht allein Investoren an den Devisenmärkten, sondern auch Immobilienfinanzierer zittern seit der Verkündung der Schweizerischen Nationalbank und dem Anstieg des Franken. So sitzen zum Beispiel 700.000 polnische Haushalte auf Immobilienkrediten in Franken. Rund 40 Prozent der Immobilienkredite in Polen in einem Umfang von insgesamt 31 Milliarden Euro wurden mit Koppelung an den Schweizer Franken abgeschlossen. In Kroatien seien gut 60.000 Kreditnehmer betroffen. Das größte Ausmaß stehe in Ungarn zu erwarten. Allerdings können, wie die „Welt“ weiter schreibt, seit November vergangenen Jahres ungarische Kreditnehmer ihrer Kredite in die Landeswährung Forint tauschen. Glücklich, wer dies rechtzeitig getan hat.
Warum Immobilienkredite in Schweizer Franken? Zum einen war der Franken an den Euro gekoppelt und zum anderen notierten die Staatsanleihen der Eidgenossen mit 0,15 Prozent auf einem äußerst niedrigen Niveau. Eigentlich gut für Immobilienkredite in Franken, wenn man denn der Beteuerung der SNB Glauben schenkte, alles für die Beibehaltung des Mindestkurses zu tun. Seit gestern nun, ist alles anders.