Duell der Online-Händler
Daumen hoch für Amazon - Fälschung und Korruption bei Alibaba?
An den Finanzmärkten geht es manchmal zu wie bei den Gladiatorenspielen im antiken Rom. Am Donnerstag wagten sich mit Amazon und Alibaba die beiden Online-Handelsgiganten in die Arena.
Amazon-Chef Jeff Bezos warf dabei einen Gewinn von 214 Millionen US-Dollar im letzten Quartal in die Waagschale. Sein Kontrahent, Alibaba-Gründer Jack Ma, versuchte sein Glück mit einem ausgewiesenen Quartalsgewinn von 964 Millionen US-Dollar. Doch am Ende entscheiden bekanntlich die Zuschauer bzw. der römische Kaiser darüber, für welchen der beiden Gladiatoren der Daumen hoch und für wen er nach unten geht. Und die Anleger in der Börsen-Arena fällten ein klares Urteil: Daumen, oder besser Aktie hoch für Amazon, Daumen/Aktie runter für Alibaba.
Alibaba kann Erwartungen nicht erfüllen, Amazon übertrifft sie sogar
Obwohl der chinesische Handelsgigant seinen Umsatz im dritten Quartal des Geschäftsjahres um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 4,2 Milliarden US-Dollar steigern konnte, ging es für die Alibaba-Aktie gewaltig nach unten. Weil Analysten mit einem noch höheren Zuwachs gerechnet hatten, zeigten sich die Anleger enttäuscht über die Geschäftszahlen und schickten die Papiere im frühen Donnerstaghandel knapp 10 Prozent in den Keller.
Die Alibaba-Aktie im 5-Tage-Chart
Ganz anderes Bild dagegen bei Amazon. Zwar konnte Amazon, genau wie Alibaba, nicht an den Quartalsgewinn des Vorjahres anknüpfen (rund 10 bzw. 28 Prozent weniger). Allerdings hatten Analysten weit schlimmeres erwartet, berichtet "dpa-AFX", sodass die tatsächlichen Zahlen die Erwartungen bei Weitem übertrafen. Das sorgte an der Börse für Begeisterung: Die Aktie sprang am Donnerstag nachbörslich um über zwölf Prozent in die Höhe. Auch die Tatsache, dass Amazon mit einem Umsatzplus von 15 Prozent auf 29,33 Milliarden US-Dollar die Marktprognosen verfehlte und trotz Quartalsgewinn zum Jahresausklang einen Verlust von 241 Millionen US-Dollar verbuchen muss, tat der Jubelstimmung keinen Abbruch.
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Jubel bei Amazon, lange Gesichter bei Alibaba und wieder zeigt sich: an den Börsen entscheiden nicht immer die Fakten alleine. Vielmehr sind es die Erwartungen, die oftmals über das Schicksal der Gladiatoren entscheiden. Aus diesem Grund ging der Daumen für Amazon dieses Mal nach oben.
Die Amazon-Aktie im 5-Tage-Chart
Amazon wechselt in den Gewinnmodus
Das liegt vor allem daran, dass niemand mit dem Comeback des amerikanischen Online-Händlers gerechnet hatte, kommentiert das „Handelsblatt“. Dabei spricht eigentlich alles dafür, dass Amazon im „Duell der Handelsgiganten“ die Nase vorne hat.
Dem Bericht zufolge habe Amazon-Chef Bezos mit dem Quartalsgewinn bewiesen, dass er jederzeit vom Investitionsmodus in den Gewinnmodus wechseln könne. In der Vergangenheit hatte Amazon meist wenig bis gar keinen Gewinn erzielt, da das Unternehmen traditionell massiv in den Ausbau des Geschäfts investiert. Aber laut „Handelsblatt“ gebe es scheinbar einen „Gewinnschalter“, den Bezos nur umlegen müsse, damit das Geld sprudelt. Das sehen die Anleger gerne.
Rechtsstreitigkeiten stürzen Alibaba in Vertrauenskrise
Weit weniger gerne sehen sie dagegen Streitigkeiten, wie sie bei Alibaba derzeit im Gange sind. "Bloomberg" zufolge bezichtigt die chinesische Regierung Alibaba, Bestechungsgelder angenommen zu haben. Zuvor hatte die Staatliche Kommission für Industrie und Handel (SAIC) in Peking laut „dpa-AFX“ einen Bericht veröffentlicht, wonach Alibaba nicht genug gegen gefälschte Produkte und „illegale Geschäfte“ unternehme. Laut Bericht handele es sich lediglich bei 38 Prozent aller Markenwaren auf den Portalen in China um echte Marken. Dem chinesischen Handelsgiganten wirft die Behörde vor, schlechten Einfluss auf andere Internetunternehmen auszuüben, die legal agieren wollten. Bei Taoboa, dem Alibaba-Marktplatz, wies man diese Vorwürfe vehement zurück und bezichtigte die SAIC der Rufschädigung. Man werde eine formelle Beschwerde einlegen, hieß es. An den Börsen sieht man solche Auseinandersetzungen gar nicht gerne. Vor allem dann nicht, wenn praktisch der gesamte Umsatz in China erzielt werde, merkt das „Handelsblatt“ an.
Zeit für einen kurzen Zwischenstand im Handelsgiganten-Duell:
Alibaba stellte mit dem größten Börsengang aller Zeiten und 25 Milliarden eingesammelten US-Dollar alles bis dato Dagewesene in den Schatten. Seitdem ist der Aktienkurs um rund 45 Prozent gestiegen und Alibaba hat -nach Börsenwert- Amazon längst überflügelt. Abschreiben sollte man Amazon aber noch lange nicht. Denn die jetzigen Quartalszahlen zeigen: Amazon kann, wenn es will. Zudem dürften sich die stetigen Investitionen in das operative Geschäft irgendwann bezahlt machen. Dank des Prime-Mitgliedschaftsmodells, des eigenen Streaming-Dienstes, vor allem aber mithilfe des Cloudgeschäfts könnte Amazon die Zukunft gehören. Das alles hat Alibaba nicht zu bieten. Dafür aber ein enormes Wachstumspotenzial allein im chinesischen Online-Markt. Doch ob das reichen wird, um dem amerikanischen Konkurrenten die Stirn zu bieten, wird sich zeigen. Jack Ma jedenfalls scheint an den Börsen noch mehr Geld einsammeln zu wollen. Wie "Bloomberg" meldet, soll Alibabas Finanz-Tochter Zhejiang Ant Small & Micro Financial Services Group 2016 an die Börse gebracht werden.