Grexit-Sondergipfel
Schäuble gibt den Spielverderber – „Keine substanziellen Vorschläge bekommen“
Tag des Grexit-Showdowns und alle hoffen auf die lang ersehnte Einigung. Doch dann kommt Schäuble, der Spielverderber, und versetzt den Hoffnungen einen Dämpfer.
Es begann so verheißungsvoll… Pünktlich zum heutigen Grexit-Showdown legte die griechische Regierung praktisch in letzter Minute neue Vorschläge für harte Steuererhöhungen und Einsparungen vor. Die Maßnahmen sollen in den kommenden Jahren fünf Milliarden Euro einbringen. Nach Presseberichten ist Athen nun bereit, die Mehrwertsteuer im Bereich Tourismus zu erhöhen, die meisten Frührenten abzuschaffen und die Reichen des Landes mit einer Sondersteuer zu belegen. Griechenland fordere seinerseits eine Umschichtung und Umlegung der Schulden des Landes. Zudem solle es ein umfangreiches Investitionsprogramm geben, damit die griechische Wirtschaft wieder wachse (siehe: Vorhang auf für den Grexit-Showdown – Athen wohl doch zu Reichensteuer bereit).
Juhu, dachten sich die Börsianer, dann kann es ja heute doch noch zur lang ersehnten Einigung im Schuldenstreit kommen. Entsprechend hoffnungsvoll kletterte der DAX am Morgen in die Höhe. Bis auf 11.426 Punkte ließ sich der deutsche Leitindex vom griechischen Optimismus treiben. Dann war plötzlich Schluss. Denn: Finanzminister Wolfgang Schäuble betrat die Grexit-Bühne und gab den Spielverderber.
"Keine substanziellen Vorschläge bekommen"
Im Streit um weitere Milliardenhilfen für das finanziell angeschlagene Griechenland vermisst Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) belastbare Angebote aus Athen. "Wir haben bisher keine substanziellen Vorschläge bekommen", sagte Schäuble am Montag in Brüssel vor einem Krisentreffen mit seinen Kollegen der Eurozone zu Griechenland (siehe hier). Deshalb könnten die Euro-Finanzminister auch den Staats- und Regierungschefs der Eurozone für ihren Griechenland-Gipfel am Abend "keine angemessene Vorbereitung liefern". Diese verhaltenen Aussagen Schäubles nahmen dem optimistischen DAX dann erst einmal wieder etwas Wind aus den Segeln. Der deutsche Leitindex musste einen Teil seiner hohen Gewinne abgeben, notiert aber noch immer deutlich im Plus.
Der DAX im 24-Stunden-Chart
Lesen Sie auch
Politiker dämpfen die Erwartungen
Und das obwohl auch andere politische Akteure bemüht sind, die Erwartungen an den heutigen Sondergipfel zu dämpfen. Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling zeigte sich „nicht sehr optimistisch“. Er hält eine Einigung mit Griechenland an diesem Montag für unwahrscheinlich. Auch sein finnischer Amtskollege Alexander Stubb sprach von „sehr geringen Erwartungen“. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betonte, man habe zwar Fortschritte gemacht über die letzten beiden Tage, aber man habe es noch nicht geschafft. Bei einem gemeinsamen Auftritt mit Griechenlands Alexis Tsipras sagte er: „Ich weiß nicht, ob wir heute eine Einigung bekommen werden.“
Nach Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel hängen die Verhandlungen maßgeblich vom Votum der Geldgeber-Institutionen ab. Nur, wenn die drei Institutionen eine abschließende Empfehlung geben, könnten die Finanzminister beziehungsweise die Staats- und Regierungschefs Entscheidungen treffen, so Merkel laut "dpa-AFX". „Gibt es dies nicht – und die Zeit, die Vorschläge zu begutachten, ist ja kurz - , dann wird der heutige Gipfel der Staats- und Regierungschefs ähnlich wie der der Finanzminister nur ein Beratungsgipfel sein.“
Bundestag müsste in einer Notfall-Sitzung über Hilfsgelder abstimmen
Unterdessen erhöht die Bundesregierung den Druck auf Athen. In einer Note an die Euro-Arbeitsgruppe in Brüssel und den Bundestag weist das Finanzministerium darauf hin, dass es mit den normalen parlamentarischen Prozedere jetzt kaum noch möglich sei, den Griechen finanziell zu helfen. Das deutsche Parlament – nicht die Bundesregierung – müsse daher entscheiden, ob es zu einer Notfall-Sitzung bereit sei, heißt es in dem Schreiben, das der „Welt“ vorliegt.