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    "Systemische Krisenqualität"  8126  3 Kommentare Ökonomen vergleichen VW-Skandal mit Finanzkrise - "Made in Germany" ist in Gefahr!

    Volkswagen ist etwas Unvorstellbares gelungen. Die Wolfsburger haben es geschafft, Ökonomen quer durch alle Denkschulen zu vereinen. Das wiederum zeigt, wie ernst der Skandal ist und wie gefährlich er noch werden könnte. Die Ökonomen sind sich jedenfalls sicher: Nicht nur VW, sondern die gesamte deutsche Wirtschaft steht auf dem Spiel.

    Plötzlich ging alles ganz schnell. Am Dienstag hatte VW-Chef Martin Winterkorn in seiner Videobotschaft einen Rücktritt noch weit von sich gewiesen. Keine 24 Stunden später war er die längste Zeit Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG gewesen. Er wolle einen personellen Neuanfang ermöglichen, so Winterkorn, der zugleich jegliches Fehlverhalten von sich wies (Mehr dazu hier: Nun also doch: VW-Chef Winterkorn tritt zurück).

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    Aber ist es mit diesem Rücktritt getan? Wohl kaum. Die Schlinge um Volkswagen wird immer enger, in den USA werden gerade die ersten Sammelklagen vorbereitet, ganz zu schweigen vom Debakel am Aktienmarkt. Die VW-Aktie hat in den vergangenen Tagen gut ein Drittel ihres Wertes verloren – und sie wird weiter verlieren, davon ist die Mehrheit der wallstreet:online-User überzeugt (siehe: Chance oder Fiasko – Jetzt bei VW einsteigen?).

    Am schlimmsten sind aber die Folgen, deren Dimensionen aktuell noch gar nicht abzusehen sind. Der Schaden dürfte immens sein, so viel ist sicher. Entsprechend entsetzt äußern sich die führenden deutschen Ökonomen im „Handelsblatt“. Sie glauben: VW könnte die gesamte Wirtschaft mit in den Abgrund reißen.

    VW-Skandal hat „systemische Krisenqualität“

    Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, stellt den VW-Skandal gar auf eine Stufe mit der Finanzkrise: „Wir erleben, wie in der Finanzkrise, dass ein Vorfall systemische Krisenqualität erlangt hat: hier über die Zulieferernetzwerke, den Kollateralschaden für die ganze Branche, die Teilentwertung der Marke „Made in Germany“, den Wertverlust an der Börse“, so Hüther. Der Unterschied zur Finanzkrise bestehe lediglich darin, dass es sich um ein deutsches und nicht um ein globales Phänomen handle.

    Die Mehrheit der Ökonomen sieht die Marke „Made in Germany“ in akuter Gefahr. Der Bremer Wirtschaftsforscher Rudolf Hickel spricht von einem „Glaubwürdigkeitsverlust“ sowie einem „schweren Imageschaden“ für den Standort Deutschland. Wolfgang Gerke, Präsident des bayrischen Finanzzentrums in München, meint, VW habe mit seinem „kriminellen Verhalten“ den gesamten deutschen Export in seiner Reputation angegriffen. Damit gefährde Volkswagen letztlich die Konjunktur Deutschlands.

    „Wenn die Autoindustrie niest, kriegt die deutsche Wirtschaft einen Schnupfen“

    Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ Bank, warnt ebenfalls vor den Konsequenzen für den gesamten Industriestandort Deutschland. „Wenn der Autoabsatz der deutschen Hersteller in den USA nachhaltigen Schaden nehmen sollte, ist das damit gesamtwirtschaftlich ein durchaus bedeutsames Risiko.“ Laut Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, gelte für Deutschland: „Wenn die Autoindustrie niest, kriegt die deutsche Wirtschaft einen Schnupfen.“ „Da sind alle in Sippenhaftung“, sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach mit Blick auf die Folgen für andere Autobauer. Auch der Direktor des Instituts für Deutsche Wirtschaft (DIW), Marcel Fratzscher, sieht ein Risiko durch die hohe Export-Abhängigkeit Deutschlands. Schadensbegrenzung sollte deshalb dringend an erster Stelle stehen, fordert Fratzscher, „für VW und für deutsche Exporte allgemein.“

    Die Ökonomen sind sich einig, dass der VW-Skandal in erster Linie ein „deutsches Thema“ ist, wie Bratzel sagt. Trotzdem stelle Volkswagen auch für die globale Konjunktur eine Gefahr dar. Der VW-Skandal falle in eine „ungünstige“ Zeit, erklärt Dekabank-Chefökonom Kater. „Insofern ist das Autothema Öl ins Feuer einer sich abschwächenden Weltkonjunktur.“ Wirtschaftsprofesser Max Otte geht sogar noch einen Schritt weiter und warnt: Der ganzen Welt drohe eine Rezession, weil die wenigen Wachstumstreiber der letzten Jahre nacheinander wegbrechen würden. Der Kursverlust der VW-Aktie sei deshalb „Symptom und Ursache zugleich“ (Lesen Sie hier, was Max Otte außerdem zum Thema Bargeld sagt.)

    Es könnte – mal wieder – die Kleinen treffen

    Andere Experten wollen den VW-Skandal nicht ganz so dramatisch sehen und ihn, wie Hüther, gar mit der Finanzkrise vergleichen. Eine Konjunkturkrise werde dies nicht auslösen, da ist sich Gustav Horn, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sicher. „Dazu ist die Wirtschaft in Deutschland zu breit aufgestellt.“ Kater hält die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft insgesamt ebenfalls für „verkraftbar“. Auch VW könnte seiner Meinung nach mit einem blauen Auge davonkommen. Zwar sei der Imageverlust natürlich vorhanden, er reiche allerdings bei Weitem nicht aus, um die „Qualitätserfahrungen“ auszulöschen.

    Da ist sich Fratzscher nicht ganz so sicher. Immerhin beruhe der große Erfolg der Exportnation Deutschland auf dem Qualitätslabel „Made in Germany“ und gerade VW stünde für diese deutsche Qualität – „also für Perfektion, Zuverlässigkeit und Vertrauen“, so Fratzscher. Nun allerdings werde der Imageschaden durch den Abgasskandal VW weltweit teuer zu stehen kommen. „Wenn VW diesen Imageschaden nicht sehr schnell begrenzt und das Vertrauen zurückgewinnt, dann könnte dies Jobs bei VW und Zulieferern weltweit und in Deutschland kosten“, warnte der DIW-Chef.

    Hüther zufolge hänge nun alles davon ab, ob und wie die Kollateraleffekte auf andere Anbieter und die Industrie als Ganzes eingedämmt werden könnten. Sollte es dabei nicht gelingen, deutlich zu machen, „dass in kritischen Zeiten das Leitbild des ehrbaren Kaufmanns ernst genommen wird“, warnt der IW-Chef, könnte es vor allem die kleinen Leute treffen – genau wie in der Finanzkrise. Dann würden wir wieder erleben, dass „viele Unschuldige und Ehrliche mit abgestraft werden“, so Hüther.




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    "Systemische Krisenqualität" Ökonomen vergleichen VW-Skandal mit Finanzkrise - "Made in Germany" ist in Gefahr! Wie ernst der VW-Skandal ist und wie gefährlich er noch werden könnte, zeigt sich an der seltenen Einigkeit unter den Ökonomen. Diese sind sich sicher: Nicht nur VW, sondern die gesamte deutsche Wirtschaft steht auf dem Spiel.

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