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    Thomas Straubhaar  6842  1 Kommentar Globalisierung zum Vorteil aller? Von wegen! "Der Westen hat zu viel versprochen"

    Globalisierungsgegner gibt es viele, doch Thomas Straubhaar würde man nicht unbedingt dazuzählen. Im Gegenteil, der Ex-Präsident des Hamburgischen WeltWirtschaftsinstituts (HWWI) gilt als glühender Anhänger der Globalisierung. Oder besser galt. Denn mittlerweile plagen den Ökonomen erhebliche Zweifel.

    Der positive Effekt der Globalisierung hätte inzwischen deutlich nachgelassen, viele Menschen seien enttäuscht über die Folgen der Globalisierung, konstatiert Straubhaar in einem Interview mit „Spiegel Online“. Auch der Ökonom selbst kann seine Enttäuschung nicht ganz verbergen. Zwar sei er nach wie vor überzeugt von der positiven Kraft der Globalisierung. Noch nie ging es so vielen Menschen so gut wie heute. „Aber“, sagt Straubhaar „es stimmt nicht, dass Aufholprozesse automatisch und auf breiter Front für alle stattgefunden haben.“ Der ehemalige HWWI-Präsident bereiste im vergangenen Jahr Länder wie die USA, Brasilien oder Mexico. Diese Reise hat ihm die Augen geöffnet, wie er erzählt. So herrsche in Mexiko, obwohl das Land „noch relativ gut“ da stehe, eine „enorme Ungleichheit“. Während ein Teil der Wirtschaft hochentwickelt und weltmarktorientiert sei, gebe es auch die Masse an einfachen Arbeitern, die von weniger als vier Euro am Tag leben müssten.

    Globalisierung verfehlt Versprechen

    „Wir waren überzeugt - auch ich -, dass die Globalisierung helfen würde, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen“, gesteht er. Mittlerweile sei die Überzeugung jedoch ein Stück weit der Ernüchterung gewichen: „Jetzt stellt sich heraus, dass die Ungleichheit vielerorts nicht abgenommen hat. Das Versprechen, dass die Globalisierung zum Vorteil aller ist, haben die Industrieländer nicht einlösen können.“

    Straubhaar wirft dem Westen vor, zu viel versprochen zu haben, auch wenn das Scheitern eines Staates in erster Linie in der Verantwortung der jeweiligen Regierung liege. Trotzdem müsse sich der Westen den Vorwurf gefallen lassen, mitunter sogar alte Eliten gestärkt zu haben, die sich gegen Modernisierung und Öffnung gewendet hätten, kritisiert Straubhaar mit Blick auf Saudi-Arabien, Brasilien oder Argentinien. „Solche Länder stehen vor den Trümmern der Politik der vergangenen Jahrzehnte.“

    „Klassischer Güterhandel ist ein Auslaufmodell“

    Vor den Trümmern der vergangenen Jahrzehnte stehen indes auch die Wirtschaftswissenschaften. „Wir haben jahrelang auf die falschen Zahlen geschaut“, gibt Straubhaar zu. Er hält den Ansatz der Außenhandelstheorie für „völlig überholt“: „Die Globalisierung, wie wir sie früher gefeiert haben, mit Containern, Schiffen und Häfen, wird immer weniger relevant.“ Stattdessen erleben wir laut Straubhaar eine Zeitendwende, in der die Digitalisierung der Globalisierung ein neues Gesicht verleihe. Er glaubt: „Der klassische Güterhandel mit standardisierten Massenprodukten ist ein Auslaufmodell.“ Ebenso wie die wissenschaftliche Außenhandelstheorie, die sich allein Import/Export-Handelsstatistiken fokussiere. Denn wie könne man in Zeiten, da Maschinen per Software-Update aus der Ferne gewartet werden, überhaupt noch zwischen Inland und Ausland trennen, fragt der Ex-HWWI-Präsident und kritisiert, dass die Digitalisierung in den derzeitigen wissenschaftlichen Modellen kaum eine Rolle spielt. Die Wissenschaft sei deshalb gefordert, ein besseres Modell zu entwickelt, so der Ökonom. Eines, das das heutige Gesicht der Globalisierung und der Digitalisierung abzubilden vermag. Straubhaar: „Was wir brauchen, ist eine neue Theorie“ (Lesen Sie hierzu auch: Schluss mit der neoklassischen Monokultur!)




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