Chef-Entwickler steigt aus
Bitcoin gescheitert, Blockchain vor Kollaps - China hat Macht über Digitalwährung
Aufruhr in der Bitcoin-Community! Einer der fünf Chefentwickler verkündet seinen Rückzug aus der Kryptowährung. Der Grund: Bitcoin sei gescheitert, Blockchain stehe am Rande des Kollapses. Doch dahinter steckt noch viel mehr. +++ Update +++
„Auch wenn ich wusste, dass Bitcoin scheitern kann, macht mich die unvermeidbare Erkenntnis, dass es gescheitert IST, sehr traurig“, schreibt Mike Hearn am vergangenen Freitag in einem Blogeintrag. Ein Blogeintrag, der die Bitcoin-Welt aus ihren Angeln hebt. Denn mit Hearn geht einer der wichtigsten Köpfe der Digitalwährung. Das Fundament sei zerstört, deshalb könne der Preis-Trend langfristig nur nach untern zeigen, so Hearn. Er selbst werde nun nicht mehr zur Bitcoin-Entwicklung beitragen und habe all seine Münzen verkauft.
Wenn ein führender Bitcoin-Entwickler das gesamte Projekt für gescheitert erklärt, bleibt das natürlich nicht ohne Folgen. Unmittelbar nach Veröffentlichung des Blogeintrags rauschte der Kurs der digitalen Taler in die Tiefe. Dabei hatte die Krise in China die Bitcoins gerade erst zu einem Comeback verholfen (siehe: Raus aus Aktien, rein in Bitcoin – Digitale Taler sind große Gewinner des China-Crashs). Doch nach Hearns harscher Kritik stürzte der Kurs von 430 US-Dollar auf zeitweise unter 360 US-Dollar. Aktuell liegt er laut „itBit“ bei knapp 385 US-Dollar.
Nach Ansicht von Hearn ist Bitcoin gescheitert, weil die Community gescheitert ist: „Was ein neues, dezentrales Geld ohne „systemisch wichtige Institutionen“ und ohne „too big to fail“ werden sollte, wurde zu etwas noch viel Schlimmeren: ein System, das komplett von einer Handvoll Leuten kontrolliert wird.“ Dass das ausgerechnet einer Community passiere, die sich immer davor gefürchtet habe von einer repressiven Regierung übernommen zu werden, entbehre nicht einer gewissen Ironie, findet der Bitcoin-Entwickler. Darüber hinaus stehe das Netzwerk am Rande eines technischen Kollapses. „Die Mechanismen, die das verhindern sollten, sind zusammengebrochen, sodass es nicht länger einen Grund gibt zu denken, Bitcoin könne tatsächlich besser sein als das existierende Finanzsystem.“
Blockchain vor technischem Kollaps
Konkret geht es darum, dass das Bitcoin-Netz an seiner Kapazitätsgrenze arbeite. Laut Hearn können maximal drei Transaktionen pro Sekunde verarbeitet werden. Doch mit der wachsenden Bedeutung der Digitalwährung wächst auch das Datenvolumen. Versuche, die Leistung des Blockchain-Systems auszubauen, würden von chinesischen Bitcoin-Miners blockiert werden, so Hear. Die Folgen dessen sind seiner Ansicht nach katastrophal für die Digitalwährung: „Wenn Netzwerke ihre Kapazitätsgrenzen überschreiten, werden sie unzuverlässig.“ Schon jetzt gebe es erste Fälle, in denen die Zahlung per Bitcoin nicht einwandfrei funktionierte. Außerdem steige damit auch das Betrugsrisiko.
Weshalb die Versuche, die Netzwerkleistung auszubauen, blockiert werden, bleibt unklar. Hearn spricht von einem „offenen Bürgerkrieg“ zwischen jenen Unternehmen und Personen, die Bitcoin geschaffen haben. Außerdem werde die Digitalwährung inzwischen von chinesischen Entwicklern kontrolliert. Diese hätten ein Eigeninteresse daran, die Bitcoin-Datenströme nicht so groß werden zu lassen, dass sie nicht mehr durch das Nadelöhr der streng regulierten chinesischen Internetleistung passen.
Was steckt wirklich hinter Hearns Kritik?
„Bitcoin ist in gefährliches Fahrwasser geraten“, lautet deshalb das Fazit des Bitcoin-Entwicklers. Denn anders als bei früheren Krisen, etwa der Pleite der Bitcoin-Plattform Mt. Gox, betreffe diese Krise den Kern der Bitcoin: Blockchain.
Blockchain, die Technologie hinter Bitcoin, gilt als Herzstück der Digitalwährung und hat nach Ansicht vieler das Potenzial, die traditionelle Finanzindustrie zu zerstören. Eine Allianz der mächtigsten Banken, darunter Goldman Sachs, JP Morgan, UBS und Credit Suisse, will das verhindern, indem sie sich Blockchain selbst zunutze macht (Lesen Sie hierzu: Adaption oder Zerstörung – Finanzindustrie schmiedet unheimliche Blockchain-Allianz). Dieses Details ist nicht ganz unwichtig, um den Blogeintrag von Mike Hearn einzuordnen. Interessanterweise hat nämlich ausgerechnet der führende Bitcoin-Kopf die Seiten gewechselt: Hearn arbeitet „Reuters“ zufolge inzwischen für das Startup R3. Jene Firma also, die diese Blockchain-Allianz anführt. Hears Aufgabe bei R3: Eine Blockchain-Technologie für die Banken entwickeln. Insofern steckt hinter Hears Abgesang auf Bitcoin möglicherweise auch eine ganze Menge Eigeninteresse…
Update: Hearn bestreitet Vorwurf der „Banken-Verschwörung“
Mike Hearn hat auf die Vorwürfe, er habe die Seiten gewechselt und sei nun Teil einer „Banken-Verschwörung“, inzwischen reagiert. Seine Kritik an Bitcoin habe nichts zu tun mit seinem neuen Job beim Start-Up R3, bekräftigte er in einem weiteren Blogeintrag. Solche Verschwörungstheorien seien „reine Zeitverschwendung“.
Bitcoin konkurriere zwar in einigen Bereichen mit Banken, allerdings sei deren Hauptgeschäft das Leihen und Handeln. Beides gäbe es auch dann, wenn Bitcoin zur globalen Währung aufsteigen würde. „Es ist kein Nullsummenspiel, Banken und Bitcoin koexistieren, und das Schicksal von R3 ist unabhängig von Bitcoin“, so Hearn.