EZB Geldpolitik Euro-Leitzins bei 0,00 Prozent! Strafzins bei minus 0,4 - Ankaufprogramm auf 80 Mrd. erhöht
Nach der EZB-Ratssitzung im Dezember rauschten die Märkte in den Keller. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hatte nicht geliefert. Auch für die heutige EZB-Sitzung waren die Erwartungen hoch gesteckt, vieles bereits eingepreist.
Und hat Mario Draghi geliefert? Er hat - je nachdem, wie man der Geldpolitik der EZB gegenübersteht. Die neuen Maßnahmen der EZB bieten laut Draghi einen „substantiellen geldpolitischen Stimulus, um den erhöhten Gefahren für die Preisstabilität im Euroraum zu begegnen.“ In der Pressekonferenz wiederholte der EZB-Chef Mantra artig das Ziel einer Inflationsrate von nahe zwei Prozent.
Den Basisprospekt sowie die Endgültigen Bedingungen und die Basisinformationsblätter erhalten Sie bei Klick auf das Disclaimer Dokument. Beachten Sie auch die weiteren Hinweise zu dieser Werbung.
Also: Der Leitzins für die Eurozone wurde überraschend auf 0,00 Prozent gesenkt. Ein Schritt, mit dem Experten im Vorfeld nicht gerechnet hatten. Wie auch bei der Senkung des Hauptrefinanzierungssatzes von 0,3 auf 0,25 Prozent. Der Einlagenzins bei der EZB erhöht sich von -0,3 Prozent auf -0,4 Prozent. Dies wiederum war von den meisten Ökonomen erwartet worden. Somit müssen Geldinstitute, die Geldmittel bei der EZB parken, müssen noch tiefer in die Tasche greifen. Ziel des Strafzinses ist, Banken dazu zu bewegen, das Geld anstatt bei der EZB zu horten, an Unternehmen und Konsumenten in Form von Krediten zu vergeben und mithin die Konjunktur anzukurbeln. Und nicht zu letzt wird das Volumen des Ankaufprogramms von monatlich 60 auf 80 Milliarden Euro erhöht und auf Unternehmensanleihen ausgeweitet. Das Ankaufprogramm startet im April und ist bis Ende März 2017 terminiert, falls erforderlich auch länger. Mit dem Kauf von Unternehmensanleihen des Euroraums soll Ende der zweiten Quartals begonnen werden.
An den Märken hieß es zuvor: Alles außer einer weiteren Senkung des bereits negativen Einlagenzinses, die unter Fachleuten als ausgemacht gilt, "wäre eine Riesenenttäuschung", warnte Analyst Jasper Lawler vom Broker CMC Markets. Auch würde eine Beibehaltung der monatlichen Wertpapierkäufe für Ernüchterung sorgen. Also: Entspannung zumindest von dieser Seite.
Update: Die Reaktion an den Märkten auf den EZB-Entscheid
An der Börse knallen die Korken und der deutsche Leitindex DAX setzt zum Sprung auf die Marke von 10.000 Punkten an. Kurzzeitig war er mit 9.989,62 Zählern nur noch rund 10 Punkte entfernt. (Update 15.00 Uhr: Mit Beginn der EZB-Pressekonferenz knickte der DAX ein. Zwar notiert er weiter im Plus, doch scheint die 10.000 Punkte-Marke erneut in weite Ferne gerückt.)
Ganz im Gegenteil die Gemeinschaftswährung Euro, die wie ein Stein in die Tiefe rauschte. Kurz nach Verkündung der neuen Maßnamen der Euro-Notenbank markierte der Euro sein Tief bei 1,0836 USD und hat sich seitdem kaum merklich erholt.
Update 15.00 Uhr: Während EZB-Chef Draghi noch auf der Pressekonferenz die Maßnahmen und deren Umfang erklärte, setzte der Euro gegenüber zum Sprung an und machte nicht nur die vorherigen Verluste wett, sondern ließ diesen gar hinter sich.
Draghi feuerte die Bazooka ab. Eine Bazooka, die in deren Ausmaß bzw. auch Zusammenwirken so auf den Märkten nicht erwartet wurde. Was bleibt an Maßnahmen noch übrig, wenn der Leitzins bei Null ist, der Hauptrefinanzierungssatz schnurstracks gen Null tendiert und nochmal 20 Milliarden Euro mehr auf den Markt geworfen werden? Auf der Pressekonferenz in Frankfurt zeigte sich der EZB-Chef überzeugt von den Synergieeffekten der jetzigen Maßnahmen und betonte, nicht unendlich gen Null oder drunter gehen zu wollen. Tja, da schienen die Märkte aufzuwachen und legten einfach mal eine Kehrtwende hin. Euro rauf, DAX runter (mehr dazu hier).
Geldpolitik der EZB - Ein Erfolgsprogramm?
Was haben die Maßnahmen der EZB bislang gebracht? Nicht viel. Der Leitzins für den Euroraum ist bis auf ein Rekordtief gedrückt worden. Mit Null Prozent ist die Luft nach unten nunmehr recht dünn. Bereits zuvor ächzten Sparer, sowie staatliche und private Versicherer sowie Pensionsfonds unter den Niedrigzinsen. Und der Einlagenzins für Banken bei der EZB liegt seit einiger Zeit unter Null. Schreckt das ab? Nicht wirklich: Diese geben den Strafzins eher an ihre Groß- und Mittelstandskunden weiter, anstatt Kredite zur Konjunkturbelebung zu vergeben. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis auch die Sparer für ihre Spareinlagen einen Strafzins zahlen müssen. Auch andere Überlegen brechen sich bereits Bahn. So überlegt der bayerische Sparkassenverband, das Geld lieber im eigenen Tresor zu bunkern, als der EZB einen Strafzins zu zahlen. Mehr dazu hier: EZB-Bargeldschutz: Geld im Tresor bunkern - Sparkassen planen "Bargeldschutz" gegen EZB-Strafzinsen.
Dann wäre da noch das Ankaufprogramm für Staatsanleihen, das mittlerweile ein Volumen von mehr als 600 Milliarden Euro angenommen hat, und die Bestückung der Märkte mit Sonderkrediten. All das sollte die Eurozone näher an das proklamierte Inflationsziel von nahe zwei Prozent bringen. Und wo liegt diese? Aktuell bei minus 0,2 Prozent im Februar 2016.
Ausblick: Was könnte noch in der EZB-Wundertüte stecken?
Der EZB-Chef könnte ein neues Kaninchen aus dem Hut zaubern, spekuliert die Tageszeitung „Die Welt“. Sprich: eine Änderung des Kaufgebarens der
Währungshüter. Was damit gemeint ist? Aktuell ist das jeweilige Volumen der Anleihekäufe an die Größe der Volkswirtschaften gekoppelt. Das heißt von großen Ländern wie Deutschland werden mehr und
von kleineren Ländern wie Italien und Portugal werden weniger Staatsanleihen gekauft. Deutschland profitiert, die anderen Länder haben das Nachsehen. Nun könnte sich Draghi jedoch nach den an den
Märkten vorhandenen Anleihen orientieren. Deutschland hätte somit das Nachsehen, nachdem seine Staatsanleihen im Laufe des einjährigen Kaufprogramms um 1,7 Prozent zugelegt hatten. Portugiesische
Staatsanleihen hingegen, mussten einen Verlust von fast fünf Prozent verkraften, führt die „Welt“ weiter aus. Kurz gesagt, haben sich die Risikoaufschläge der so genannten Peripherie-Titel im
Vergleich zu Bundesanleihen erheblich ausgeweitet.
EZB-Geldpolitik: Niedrigzins und Strafzins - Packt die EZB bei der Dicken Bertha noch was drauf? |
EZB-Bazooka verpufft?: EZB-Zinsentscheid - Die Märkte spielen verrückt, oder auch nicht |
Reaktion auf die EZB: EZB am Ende des Lateins - Geldpolitische Irrfahrt zur Rettung von Zombiebanken |
Wertpapier |