Winterkorns Vermögen
Haftungsschirm gegen Gläubiger? Ex-VW-Chef Winterkorn ordnet Vermögensverhältnisse neu
Der frühere Volkswagen-Chef Martin Winterkorn hat im vergangenen Sommer und Herbst seine persönlichen Vermögensverhältnisse neu geordnet. Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ gründeten der Manager und seine Frau Anita zwei Immobilienfirmen - eine kurz bevor der VW-Abgasskandal bekannt wurde, die andere wenig später. Geschäftsführerin und persönlich haftende Gesellschafterin ist Anita Winterkorn.
„Verwertung eigener Immobilien und Vermögen“
Am 5. August ließen sich Martin und Anita Winterkorn von dem Münchener Notar Heinrich Kreuzer die Gründung der „OGH Immo GmbH“ beurkunden, einer Gesellschaft mit dem Zweck der „Verwaltung eigener
Immobilien und sonstigen eigenen Vermögens“. Gesellschafter der GmbH sind Martin und Anita Winterkorn. Beide bringen je 12.500 Euro ein, „in Geld“, wie aus Unterlagen hervorgeht, die der
„Welt am Sonntag“ vorliegen. Als alleinige Geschäftsführerin wird Anita Winterkorn bestellt. Geschäftsadresse ist eine Villa im Münchner Stadtteil Oberföhring, die die Winterkorns 2009 vom
VW-Großaktionär Wolfgang Porsche gekauft hatten.
Zu diesem Zeitpunkt wusste Martin Winterkorn bereits von den ungesetzlich hohen Abgaswerten von VW-Modellen in den USA. Gut eine Woche zuvor, am 27. Juli 2015, hatte er mit gemeinsam mit anderen
Spitzenmanagern von Volkswagen über eine Lösung des Problems diskutiert. Anleger per Ad-hoc-Meldung über drohende Rückrufe und Strafzahlungen zu
informieren hielt man bei VW damals nicht für notwendig. Aber Winterkorn forderte, wie es in einem VW-Bericht heißt, „eine weitere Aufklärung des Sachverhalts“.
Im Oktober 2015 kam das Ehepaar noch einmal mit dem Notar Heinrich Kreuzer zusammen – um eine zweite Gesellschaft zu gründen, die „M+A OGH Immo GmbH & Co. KG“. Die beiden Kommanditisten legen
diesmal je 50.000 Euro ein. Wieder ist der Zweck unter anderem die „Verwertung eigener Immobilien“, wieder wird Anita Winterkorn Geschäftsführerin, und zur einzigen persönlich haftenden
Gesellschafterin wird die bereits im August gegründete OGH Immo GmbH erklärt.
Anwalt dementiert Zusammenhang mit VW-Abgasaffäre
„Der angesprochene Sachverhalt geht zurück auf eine bereits im Jahr 2013 initiierte Neuordnung des Immobilienvermögens der Familie Winterkorn“, teilte Winterkorns Anwalt Kersten von Schenck der
„Welt am Sonntag“ auf Anfrage mit. Ein Zusammenhang mit Vorgängen bei Volkswagen bestehe nicht. „Mit den Beurkundungen aus August und Oktober 2015 wurde das seinerzeit beschlossene Konzept
umgesetzt.“
Gesellschaftsrechtler sehen Probleme für potenzielle Gläubiger
Die Firmen, die die Winterkorns gegründet haben, könnten dazu dienen, Steuern zu sparen oder das Erbe zu regeln. Nach Einschätzung von Gesellschaftsrechtlern könnten sie allerdings theoretisch auch
als sogenannte Haftungsschirme genutzt werden. „Wenn Vermögen oder Teile davon in Immobiliengesellschaften ausgelagert werden, ist Gläubigern der Zugriff darauf erschwert. Denn das Vermögen steht
dann nicht mehr als solches, sondern nur noch als Gesellschafteranteil zur Verfügung“, sagt der Rechtsanwalt Rainer Velten der Zeitung.
Überlegungen, die vielleicht nicht so ganz unangebracht sind. Denn: Beruflich endete der VW-Skandal für Martin Winterkorn bereits im Desaster (wallstreet:online berichtete). Nun könnte die Affäre um manipulierte Abgaswerte auch für ihn persönlich zur Tragödie werden. Ob er von den Manipulationen wusste oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Lesen Sie mehr: VW-Skandal: Martin Winterkorn vor finanziellem Ruin? Seine gesamte Existenz steht auf dem Spiel
Auch Ferdinand Dudenhöfer, Professor für Automobilwirtschaft, hatte vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse zu den zeitlichen Abläufen in der VW-Abgasaffäre den VW-Konzern geraten, Klage gegen den ehemaligen VW-Chef Martin Winterkorn zu erheben. „Der VW-Aufsichtsrat muss nach meiner Einschätzung vorsorglich Klage gegen seinen früheren Vorstandsvorsitzenden erheben wegen erheblicher Pflichtverletzungen“, sagte Dudenhöffer im März den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“. Und ergänzt: „Wir das nicht getan, erhöht sich das Risiko, dass der VW-Konzern in hohem Umfang haften muss.“ Insgesamt stelle sich die Frage, „warum der Aufsichtsrat bisher diesen Schritt noch nicht getan hat“, so Dudenhöffer. Mehr dazu hier: Erhebliche Pflichtverletzungen - Droht Ex-Chef Martin Winterkorn Klage durch VW-Konzern?
Doch nicht allein Winterkorn, auch der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch gerät in Erklärungsnöte. So soll er bereits am 8. September 2015 über die Betrugssoftware informiert worden sein. Als Finanzvorstand war Pötsch dafür verantwortlich, ob und wann der Konzern seine Aktionäre über Risiken informieren muss. Erst zwei Wochen später veröffentlichte VW eine Ad-hoc-Meldung (mehr dazu hier).