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    Marktkommentar  1041  0 Kommentare Schroders: Sektor im Fokus - Energieversorger

    Wie die Energiespeicherung über Lithium-Ionen-Akkus grundlegend das Umfeld für Versorgungsunternehmen ändern könnte und wo Anleger Chancen sehen könnten.

    Einer der Titel im Eurostoxx Index mit der schlechtesten Wertentwicklung im Jahr 2015 war RWE - das deutsche Versorgungsunternehmen litt unter den niedrigen Energiepreisen und dem Regulierungsdruck. Niedrige Energiepreise sind zum einen auf rückläufige Rohstoffpreise zurückzuführen, wodurch die Tarife sinken werden. Zum anderen sinken sie, weil erneuerbarer Energien sich zunehmend durchsetzen. Die deflationäre Kraft der Solar- und Windenergie stellt die Zukunft der europäischen Versorgungsbranche grundsätzlich infrage. Darüber sollten sich Anleger nicht nur in Deutschland, sondern rund um den Globus im Klaren sein, denn die Welt verabschiedet sich vom fossilen Zeitalter.

    Sowohl die Wind- als auch die Solarenergie sind von Natur aus nicht kontinuierlich zur Verfügung stehende Stromquellen. So fällt beispielsweise an manchen Tagen der Spotpreis für Strom (siehe Balken in Abbildung 1) in Deutschland in den negativen Bereich. Der Grund dafür ist die Gesamtleistung der Windparks und Solaranlagen, die oberhalb der Nachfrage liegt.

    Die Abstimmung von Angebot und Nachfrage wird mit steigender Abhängigkeit von diesen Energiequellen zunehmend schwieriger. Genau deshalb stellt sie für traditionelle Stromproduzenten wie RWE ein Problem dar.

    Lithium-Ionen-Speicherlösungen gewinnen an Bedeutung

    Einige Branchenkenner haben prognostiziert, dass große Energiespeicher dieses Problem lösen werden. Wenn vorwiegend die nicht ständig verfügbaren erneuerbaren Energiequellen zur Energieerzeugung genutzt werden, gäbe es ihrer Ansicht nach mit der richtigen Art und Anzahl von Speicherlösungen keinen Bedarf an Kohle-, Gas- oder Kernkraftwerken. Sollten sich die Massenspeicher durchsetzen, würden konventionelle Erzeuger wie RWE vor unüberwindbare Herausforderungen gestellt werden.

    Seitdem Tesla zwei verschiedene Arten von Lithium-Ionen-basierten Speicherlösungen vorgestellt hat, hat das Konzept der Massenspeicherung von Energie an Schwung gewonnen. Befürworter der Technologie vertreten die Ansicht, dass die Kosten für diese Lösungen bei steigender Produktion so stark sinken würden, dass eine Massenspeicherung von erneuerbarer Energie erschwinglicher werden würde. Es spricht in der Tat vieles dafür, dass die Gesamtkosten von Lösungen mit Batteriespeichern, wie beispielsweise Lithium-Ionen-basierte Technologie, günstiger werden. Dennoch dürften die Kosten für eine angemessene Ausstattung mit Speichern hoch und die Investitionen erheblich bleiben.

    Hemmende Faktoren sind die Kosten und die Lebensdauer

    Die Investitionen sind selbst unter optimistischeren Szenarien für Kostenrückgänge noch derart kostenintensiv, dass die Massenspeicherung mit Lithium-Ionen-Batterien bei der Aufrechterhaltung des Netzgleichgewichts im großen Umfang wohl kaum jemals mit vollständig abgeschriebenen Kraftwerken für fossile Brennstoffe konkurrieren kann. Ein zweites Problem ist, dass Lithium-Ionen-Batterien für einen langen Lade- und Entladezyklus über viele Jahre hinweg nicht sonderlich gut geeignet sind. Dieses Phänomen kann jeder Nutzer bei älteren Elektronikartikeln beobachten: Eine Laptopbatterie büßt zum Beispiel nach drei bis fünf Jahren einen Großteil ihrer Kapazität ein. Wenn es um die Stromversorgung eines gesamten Landes geht, stellt das natürlich ein erhebliches Problem dar. Die abnehmende Kapazität hat auf die Erträge in der Versorgungsbranche und auch für große gewerbliche oder einzelne Stromverbraucher reale Auswirkungen.

    Die Massenspeicherung mit Lithium-Ionen-Batterien scheint in Anbetracht des Kosten- und Lebensdauerproblems eher ein Konzept für die ferne Zukunft zu sein. Es könnte andere Anwendungen geben, die eine effiziente Massenspeicherung ermöglichen, wie beispielsweise Flüssigbatterien, deren Chemikalien im Innern zur Verlängerung ihrer Lebensdauer leicht ausgetauscht werden können. Diese müssen jedoch noch vermarktet werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass Lithium-Ionen-Batterien nicht auch über Einsatzzwecke für Versorger oder für einzelne Verbraucher verfügen. Für Versorgungsunternehmen sind Lithium-Ionen-Batterien zum Ausgleich von Nachfrage und Angebot wesentlich effizienter als die aktuell vorhandenen Energieanlagen. Dies wird für die effektivere Verwaltung der Stromnetze und die weitere Kostensenkung von großer Bedeutung sein.

    Die Energiespeicherung wird für Lithium-Ionen-Batterien im Vergleich zu ihrer Verwendung in Elektrofahrzeugen aber vermutlich nur eine Nischenanwendung sein. Deshalb werden die Gewinner im Bereich Speicherung wohl eher diejenigen Akteure sein, die auch den Markt für Elektrofahrzeuge beherrschen. Mit der Produktionszunahme im Bereich Elektrofahrzeuge werden Kostensenkungen für Batterien als Nebeneffekt auch dem Speichermarkt zugutekommen.

    Was heißt das für Anleger?

    Die traditionellen Energieerzeuger wie RWE werden wahrscheinlich ständigem Druck ausgesetzt sein, sollten sie die erneuerbaren Energien nicht auf proaktivere Art unterstützen, woran RWE momentan arbeitet. Die Batteriehersteller mit dem größten Skalen- und Kostenvorteil dürften diejenigen sein, die Batterien für den Elektrofahrzeugmarkt herstellen. Die Unternehmen, die sich lediglich auf Batterietechnologien außerhalb des Marktes für Elektrofahrzeuge konzentrieren, werden es vermutlich schwer haben. Für Nischenhersteller wie Saft könnte das zum Problem werden. Bessere Chancen, ihr Batteriegeschäft auszubauen und zu wettbewerbsfähigen Preisen sowohl auf dem Elektrofahrzeug- als auch dem Strommarkt zu verkaufen, könnten Samsung, SDI, LG Chemical und Tesla haben. Obwohl es momentan gewisse technische Unterschiede bei der Entwicklung von Batterien für Elektroautos und für die Energiespeicherung gibt, werden sich diese Bereiche unseres Erachtens im Laufe der Zeit einander annähern. Durch die Kommerzialisierung der Hardware dürften, sobald sich die schnelle Anpassungsphase von Batterien im Stromnetz oder in Fahrzeugen verlangsamt, eventuelle von der Branche erzielte übermäßige Gewinne abgebaut werden. Technologieunternehmen mit niedrigen Investitionen, sogenannte Asset-Light-Unternehmen, werden in dieser Phase vermutlich als Anlage interessanter sein.

    Was Anleger als das "Internet der Dinge" kennen, wird auch einen Einfluss auf das Zusammenwirken von Elektrofahrzeugen oder stationären Batterien mit dem Stromnetz haben. Das Smart Grid1 und die Abstimmung volatiler Stromversorgungsquellen wie erneuerbare Energien mit der Nachfrage werden Software- und Beratungslösungen erfordern, deren Marktwert viel höher sein wird als der von reiner Hardware. In dieser Entwicklung nehmen Unternehmen wie Sonnenbatterie und STEM bereits eine Spitzenposition ein. Im Wesentlichen glauben wir, dass diese Art von Unternehmen als die neuen Microsoft oder Google der Energie- und Mobilitätsbranche sein werden, die unserer Ansicht nach eine wesentlich attraktivere Anlagemöglichkeit darstellen als reine Hardware-Unternehmen.

    1 Ein Netz, das eine Technologie zur Steuerung und Verteilung von Strom zu optimalen Zeiten von Nachfrage und Angebot verwendet.

    Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stammen von Andre Reichel, Globaler Sektorspezialist - Versorger und Isabella Hervey-Bathurst, Globales Aktienteam, und stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar.




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