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    Marktkommentar  1201  0 Kommentare Ulrich Kaiser (Credit Suisse): Digitalisierung beeinflusst die Mode und wie wir einkaufen

    Bisher ging es vor allem um den Look. Wohlbefinden war nur ein psychologisches Nebenprodukt eines erfolgreich projizierten Images. Mit dem Einzug smarter Kleider und Textilien erhält das «gute Feeling» eine völlig neue Bedeutung im Bereich Gesundheit und Wellness. Die Modebranche hat die Integration moderner Technologien spät aufgegriffen. Jetzt stehen wir aber am Anfang der vielleicht ultimativen Verschmelzung von Form und Funktion.

    Global Investor 1.16 - Mode

    Dass sich Technologie auf die Mode auswirkt, ist alles andere als eine neue Erkenntnis. In der Geschichte der Bekleidungs- und Textiltechnologie gab es zahlreiche größere Veränderungen in der Herstellung und im Vertrieb. Zu den Innovationen zählen Kunstfasern wie Polyester, Nylon und Vinyl sowie Erfindungen wie der Reißverschluss und Velcro - oder Gore-Tex, das 1969 erfunden wurde bei der Forschung im Chemiesektor. Heute wird Mode zunehmend von der Digitalisierung der Gesellschaft und Wirtschaft beeinflusst. Ein Beispiel sind in Bekleidung eingearbeitete Radio-Frequency-Identification- Chips (RFID), mit denen sich der Weg der Kleider von der Produktion bis in den Laden verfolgen lässt und die belegen, dass man tatsächlich einen Markenartikel und nicht eine billige Fälschung erstanden hat. Dank RFID lassen sich verlegte Kleidungsstücke zudem einfach wiederfinden.

    Modebranche integriert neue Technologien nicht schnell genug

    Heute eröffnet die Vereinbarkeit von Technologie und Mode unzählige Möglichkeiten und eine Vision für die Zukunft, die vom E-Einzelhandel über E-Textilien bis hin zu «intelligenten», in 3D-Druck gefertigten Stoffen reicht. In der Produktion kommt bereits Computerdesign zum Einsatz und an Modeschauen oder in Onlinevideos werden schon Prototypen von 3D-Druck-Kleidern gezeigt.

    Der E-Commerce ist bereits gut etabliert, könnte nun aber nochmals Auftrieb erhalten. Ersatzstücke wie Unterwäsche und Jeans werden bereits via Internet erworben - oft wegen tieferer Preise und, in geringerem Umfang, wegen der Zeitersparnis. Der Ablauf ist ganz einfach, vor allem wenn Sie Ihre Größe kennen. Was aber, wenn Sie eine spezifische Marke oder sogar ein maßgeschneidertes Teil möchten? Dafür gibt es bald eine Lösung: Lassen Sie Ihren Körper einscannen und benutzen Sie Ihre Masse bei Ihrem Besuch im Onlineshop. Die gekauften Stücke werden anschließend direkt zu Ihnen nach Hause geliefert.

    Robo-Mannequins mit Ihren Körpermaßen

    Ein Pionier der innovativen Biorobotik ist das 2010 gegründete Unternehmen Fits.me, das im Juli 2015 von Rakuten Inc., einem global führenden E-Commerce-Akteur, übernommen wurde. Die Firma erregt zurzeit viel Aufmerksamkeit, nachdem sie eine Partnerschaft mit dem Einzelhändler Hawes & Curtis eingegangen ist. Ihre «virtuelle Umkleidekabine» trägt zur Lösung des größten Problems im E-Commerce mit Bekleidung bei - nämlich, dass Kunden die Kleider vor dem Kauf nicht anprobieren können. Das wandlungsfähige Robo-Mannequin der Website macht sich Ihre Körpermaße und -form zu eigen und führt Ihnen die gewählten Stücke vor. So sehen Sie 1:1, wie sie Ihnen passen würden. Die Site ist derart erfolgreich, dass sich die Bekleidungsumsätze des deutschen Online-Einzelhändlers Quelle verdreifachten, während die Zahl der Rücksendungen um 28 Prozent fiel.

    Revolutionäre E-Textilien

    Eine weitere Revolution ist die Entwicklung von E-Textilien oder Smart Textiles. Sie integrieren digitale Komponenten, die dem Träger Zusatznutzen bieten. Rebeccah Pailes-Friedman vom Pratt Institute definierte sie wie folgt in einem Gespräch mit Rebecca Gaddis, publiziert am 7. Mai 2014 auf der Forbes-Website: «Intelligente Textilien sind revolutionär, weil sie viele funktionale Eigenschaften haben, die traditionellen Stoffen abgehen. Sie kommunizieren, passen sich an, leiten Strom und können sogar wachsen.» Therapeutische Textilien sind ein Beispiel hierzu. Die Haut ist das einzige Körperorgan, das direkt mit unseren Kleidern in Kontakt kommt. Da der Hautkontakt über längere Zeiträume erfolgt, brächten uns Textilien, welche die Haut oder sogar den Körper heilen oder schützen, einen klaren Zusatznutzen. Therapeutische Stoffe eröffnen neue Ansätze und gewinnen dank ihrer vielen Vorteile und positiven Resultate langsam an Bedeutung.

    « Heute eröffnet die Vereinbarkeit von Technologie und Mode unzählige Möglichkeiten und eine Vision für die Zukunft, die vom E-Einzelhandel bis hin zu E-Textilien reicht. »

    Eine Beschichtung von Textilien mit Kräuterextrakten kann beispielsweise heilend wirken. Derartige Stoffe können substanziell zur Linderung von Stress, zur Regeneration der Haut, zur Behandlung von Hautkrankheiten und sogar zu einem besseren Schlaf beitragen.

    Ihre Unterwäsche signalisiert, wenn Sie sich nicht gut fühlen

    Ihre Unterwäsche liegt Ihnen am nächsten, weshalb Sie sie beim Kauf wohl mit besonderer Sorgfalt auswählen. Künftig werden Sie dies noch selektiver tun, denn Unterwäsche und weitere Kleidungsstücke können viel mehr, als nur ein Gefühl von Tragekomfort und Gut-angezogen- Sein zu generieren. Statt eines Blicks in den Spiegel können Sie Ihre Kleider fragen, wie es Ihnen heute geht. Ihre Unterwäsche kann Ihnen beispielsweise signalisieren, wenn eine Krankheit im Anzug ist - noch bevor Sie dies spüren. Oder sie kann andere informieren, wenn Sie hingefallen sind, oder Ihrem Arzt die Diagnose und Behandlung von Krankheiten erleichtern. Die nächste Generation tragbarer Technologien zielt darauf ab, Sensoren in Ihre Kleider einzubetten, sodass Sie sich nur anzuziehen brauchen, um Ihre Gesundheit zu überwachen.

    « Intelligente Textilien sind revolutionär, weil sie viele funktionale Eigenschaften haben, die traditionellen Stoffen abgehen. Sie kommunizieren, passen sich an, leiten Strom und können sogar wachsen. »

    Diese gesundheitlichen Funktionen haben viel gemeinsam mit denen für sportliche und Trainingsaktivitäten. Allgemein besteht die Idee darin, dass die Informationen zur physischen Verfassung des Trägers - wie etwa Puls, Körpertemperatur, Biochemie und körperliche Aktivitäten - erfasst und gespeichert oder kontinuierlich an eine Klinik übermittelt werden, um die Überwachung Ihrer Gesundheit zu erleichtern. Dies erlaubt es Menschen mit chronischen Krankheiten, ihre Gesundheit Schritt für Schritt zu verbessern. Chronisch Kranke könnten so statt in einem Krankenhaus zu Hause bleiben, ohne dass eine qualitativ gute Überwachung ihres Gesundheitszustands dadurch beeinträchtigt würde. Wie funktioniert das? Textilien werden mit smarten sensorbestückten Fasern durchwebt. T-Shirts, Shorts und Unterwäsche mit leitenden oder optischen Sensoren können ein umfassenderes Spektrum an Körpersignalen viel sensibler erfassen als steife Sensoren auf Clips und Armbändern.

    Technologische Fortschritte werden unsere Wahrnehmung von Mode und folglich unsere Einkaufsgewohnheiten verändern. Je schneller wir uns an diese Innovationen und Erfindungen gewöhnen, desto besser. Doch keine Angst: Zu guter Letzt werden wir wohl weiterhin vor allem modische - wenn auch aus anderen Materialien bestehende - Kleider tragen.




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    Marktkommentar Ulrich Kaiser (Credit Suisse): Digitalisierung beeinflusst die Mode und wie wir einkaufen Bisher ging es vor allem um den Look. Wohlbefinden war nur ein psychologisches Nebenprodukt eines erfolgreich projizierten Images. Mit dem Einzug smarter Kleider und Textilien erhält das «gute Feeling» eine völlig neue Bedeutung im Bereich Gesundheit und Wellness. Die Modebranche hat die Integration moderner Technologien spät aufgegriffen. Jetzt stehen wir aber am Anfang der vielleicht ultimativen Verschmelzung von Form und Funktion.