DAX Profits Analyse
Der Brexit ist richtig - doch niemand hat einen Plan dafür
Jetzt haben sie den Salat: Was der britische Premier Cameron ursprünglich als Abstimmung für seinen pro-EU-Kurs (mit ein paar Zugeständnissen) gedacht hatte, ist gründlich nach hinten losgegangen. Das britische Volk hat angestimmt – und sich für den Abschied von der EU entschieden. Cameron tritt zurück. Ich beglückwünsche die Briten zu ihrer demokratischen Entscheidung. In meinem Spezialreport zum Brexit, den Sie in den vergangenen Tagen downloaden konnten, hatte ich die Prognose gewagt, dass die Umfragen vor dem Ergebnis zugunsten der EU-Befürworter verzerrt sein werden und dass am Ende das Brexit-Lager knapp gewinnen könnte. Genauso kam es dann. Dieses Ergebnis erwischte die zuvor reichlich blauäugigen Finanzmärkte auf dem falschen Fuß. Aktien, Pfund und Euro brachen ein, Edelmetalle gewannen. Alle Depots in meinen beiden kostenpflichtigen Börsendiensten DAX Profits und Voigt-Brief konnten im Zuge der Brexit-Entscheidung zulegen, weil wir im Vorfeld auf die richtigen Pferde gesetzt hatten: Gold und Minen-Aktien stiegen sowieso, US-Aktien gewannen durch die Dollaraufwertung.
Für Deutschland wird die EU-Mitgliedschaft künftig deutlich teurer
Dass der DAX am Freitag so kräftig unter die Räder kam, ist alles andere als ein „Ausrutscher“. Großbritannien fällt künftig als wichtiger Nettozahler der EU aus. Den Job übernehmen Sie dafür künftig mit. Denn Sie dürfen ab sofort den Brüsseler Bürokratie-Apparat stärker mitfinanzieren. Was künftig insgesamt noch teurer werden wird, da weitere Nettonehmerländer von Austrittgedanken abgehalten werden müssen. Was mit mehr Ausgleichszahlungen und mehr EU-Investitionen nur scheinbar am besten gelingt. Gerade in Osteuropa ist die Erinnerung an die Unterdrückung vom „großen Bruder“ in Moskau noch so frisch, dass die Menschen eine neue Gängelung aus Brüssel nicht um jeden Preis akzeptieren werden. Für Ostdeutschland gilt übrigens das gleiche, wie ich als Dresdner sehr genau weiß. Noch schwieriger dürfte es aber werden, die immer erfolgreicheren renitenten Anti-EU-Bewegungen in weiteren Nettozahlerstaaten wie Österreich, den Niederlanden oder Schweden in Schach zu halten.
DAX schwer angeschlagen, nur kurzfristig Erholung möglich
Lesen Sie auch
Der Aufwärtstrend vom Frühjahr ist beim DAX nun endgültig Geschichte. Da die Brexit-Reaktion am Freitag sehr heftig ausfiel, dürfte im Laufe der Woche wahrscheinlich eine (vorübergehende) Kurserholung einsetzen. Danach ist mit weiteren Verkäufen zu rechnen. Fällt die bisher nur intraday verletzte 9300er Marke nachhaltig, ist auch ein Test des unteren 8000er Bereiches nicht mehr auszuschließen. Die Seitwärtsbewegung der letzten Monate zwischen 9300 und 10.500 Punkten dürfte sich als Toppbildungsprozess entpuppen, der ungewohnt „günstige“ DAX-Notierungen nach sich ziehen wird. Da weder EU noch UK klare Vorstellungen über den Brexit-Prozess zu haben scheine, dürfte die anhaltende Unsicherheit noch eine Weile auf die Kurse drücken, was in Verbindung mit den sommerlich dünnen Börsenumsätzen und der bis vor kurzem noch hohen Euphorie an den Aktienmärkten zum Katalysator einer sommerlichen Verkaufswelle werden dürfte. Zumindest solange, bis sich irgendwann die Erkenntnis herumsprechen wird, dass die finanziellen Folgen des Brexits für beide Seiten sehr überschaubar bleiben werden, wenn man sich mit einem Freihandelsabkommen zusammenraufen wird. Dann kann die nächste große Kurserholung beim DAX anlaufen.