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    "Großbritannien wird leiden."  7876  5 Kommentare Tschüss, London, war schön mit dir! Konzerne bereiten Brexit-Abwanderung vor

    Die Mehrheit der Briten hat sich für "Leave" entschieden, Banken und andere Konzerne tun das nun auch. Allerdings in die entgegengesetzte Richtung. Fast überall werden Investitionspläne in London erst mal auf Eis gelegt. Manche befinden sich schon mitten im Stellenabbau. 

    Es ist der ultimative Exodus in der Wirtschaftsgeschichte Londons. Weil sich Großbritannien von der Europäischen Union abspalten will, herrscht nun Aufbruchstimmung unter den Banken und anderen großen Konzernen. Tausendfache Stellenstreichungen werden angekündigt. Eine Überraschung ist das nicht. Nahezu alle haben vor den wirtschaftlichen Folgen einer EU-Abkehr gewarnt. Dass die City of London ihren Status als wichtigstes Finanz-Drehkreuz verlieren würde, es wurde fast schon mantraartig wiederholt.

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    Banken packen ihre Koffer

    Vor allem die Banken brauchen den Europäischen Binnenmarkt, einen Sitz in der EU. Auch wenn hinsichtlich des Brexits noch nichts in trockenen Tüchern ist, sind die Auswirkungen des Referendums schon jetzt spürbar. So wurde laut "Business Insider" der Ausblick fast aller in London ansässigen Banken von der Ratingagentur Moody's am Dienstag auf "negativ" herabgestuft.

    "Wir erwarten ein langsameres Wirtschaftswachstum und eine erhöhte Unsicherheit über das zukünftige Verhältnis Großbritanniens zur EU. Dies dürfte zu einer geringeren Kreditnachfrage, zu höheren Ausfällen sowie zu unbeständigeren Finanzierungsbedingungen für die britischen Banken führen", erklärte Moody's-Managerin Laurie Mayers. 

    Kein Wunder also, dass sich die betroffenen Konzerne nun aufmachen, neue Finanzplätze zu entdecken. Die Liste der Kofferpacker ist lang. Am weitesten fortgeschritten ist derzeit die Lloyds Banking Group. Nach Informationen des "Spiegel" sei man hier bereits mitten im Abbau hunderter Stellen, 23 Filialen sollen geschlossen werden. Auch bei Goldman Sachs würde darüber nachgedacht, alle 6.500 Mitarbeiter aus Großbritannien abzuziehen. Man sei stark davon abhängig, dass die in London zugelassenen Finanzprodukte auch im EU-Ausland anerkannt werden, so der Co-Chef der Investmentbanking-Abteilung Richard Gnodde.

    Bei JP Morgan wurden die Mitarbeiter bereits in einer E-Mail auf Veränderungen in der europäischen Geschäftseinheit vorbereitet. 1000 bis 4000 Arbeitsplätze könnten hiervon betroffen sein. Meldungen, dass Morgan Stanley 2000 Jobs nach Frankfurt und Dublin verlegen würde, habe die Bank indes bereits dementiert. Man habe noch etwas Zeit, um den "bedeutenden Einschnitt" durch den Brexit zu bewerten. Letztlich, so die Geldhäuser, hänge alles vom Ausgang der Brexit-Verhandlungen ab.

    Dass alle aber erst mal brav die Füße stillhalten, bezweifeln die Experten bei Fitch. In der Ratingagentur ist man sich sicher: „Anstatt auf irgendwelche Handelsabkommen zu warten, fangen die Banken jetzt mit der strategischen Umsetzung ihrer Notfallpläne an.“ (Mehr dazu auf „Business Insider“.)

    Airlines fliegen davon

    Doch nicht nur Banken flüchten nach dem Brexit. Auch in der Luftfahrtbranche haben sich bereits drei Airlines sowie der größte europäische Flugzeugbauer zu Wort gemeldet. "Großbritannien wird leiden", sagte Airbus-Chef Tom Enders dem "Spiegel". Man werde nachrechnen, ob sich geplante Investitionen im Königreich noch lohnten.

    Bei den Airlines ist vor allem Easyjet vom Ausgang des Referendums betroffen. Die Billigfluglinie mit Sitz in Luton bei London musste ihre Gewinnprognose am Wochenede nach unten korrigieren, der Aktienkurs brach um fast 30 Prozent ein. Nun wird über eine Verlegung des Hauptquartiers nachgedacht. 

    Daneben wendet sich auch Ryanair von der Insel ab. Der Easyjet-Rivale will keine weiteren Flugzeuge mehr in Großbritannien stationieren und keine neuen Routen aus dem Königreich anbieten. Stattdessen werde man sich nun voll auf weiteres Wachstum in der Europäischen Union konzentrieren.

    Laut Virgin-Airlines-Chef Richard Branson würden seine chinesischen Geschäftspartner derzeit ihr Interesse an Großbritannien verlieren, wodurch tausende Arbeitsplätze gefährdet seien. Die Fluglinie selbst habe nun eine geplante Übernahme einer nicht genannten Firma abgesagt. Mit dem Deal hätte man 3000 Arbeitsplätze gesichert, so heißt es. 

    Andere Riesen gehen

    Zu guter Letzt drohen auch andere Big Player weiterzuziehen, sollte es zum hundertprozentigen Austritt Großbritanniens aus der EU kommen. Unter ihnen Vodafone. Wenn den UK-Mitarbeitern ihre Personenfreizügigkeit entzogen wird, dann muss die Londoner Firmenzentrale ins Ausland verlegt werden, hieß es von dem Telekommunikationsunternehmen. 

    Noch abhängiger von der EU-Mitgliedschaft ist die Kreditkartenfirma Visa. Denn einer Auflage aus Brüssel zufolge müssen die Daten des Unternehmens in einem EU-Land liegen, weswegen das in Großbritannien errichtete Datenzentrum von Visa im Falle des endgültigen Brexits auf jeden Fall verlegt werden muss. 

    Bei Siemens wurde nun der Ausbau eines großen Werkes in Hull an der Nordsee gestoppt. Auch der Autobauer Ford überprüft derzeit seine Investitionspläne in Großbritannien.

    Wohin geht die Reise?

    Wenn alle gehen, lautet natürlich die entscheidende Frage: Wohin? Für die restlichen Länder des Kontinents ist diese Entwicklung eine einmalige Chance, zum größten Finanzplatz Europas aufzusteigen. Daher hat man sich in Frankfurt am Main schon lange vor dem Referendum in Stellung gebracht und den Banken im Falle des Falles (der jetzt der Fall ist) großzügig Asyl angeboten

    Beim Balztanz um die internationalen Kreditinstitute gibt es aber noch einen großen Rivalen: Paris. Denn nun will auch der französische Präsident François Hollande alle Hebel in Bewegung setzen, um der Hauptstadt den Status des europäischen Finanzdrehkreuzes zu sichern. Es sei "legitim und logisch, dass die französischen Banken sich folglich organisieren und vorbereiten", zitiert ihn der "Spiegel". Die Regierung müsse daher "unsere Regeln, darunter die fiskalischen, anpassen, um den Finanzplatz Paris attraktiver zu machen", fügte Hollande hinzu. 

    Vielleicht gewinnen am Ende aber auch Dublin oder Luxemburg. Mit den liberalen Steuergesetzen bräuchte es nicht ganz so viel Überzeugungsarbeit. 





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    "Großbritannien wird leiden." Tschüss, London, war schön mit dir! Konzerne bereiten Brexit-Abwanderung vor Die Mehrheit der Briten hat sich für "Leave" entschieden, Banken und andere Konzerne tun das nun auch. Allerdings in die entgegengesetzte Richtung. Fast überall werden Investitionspläne in London erst mal auf Eis gelegt. Manche sind schon im Stellenabbau.

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