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    Euro-Stabilitätspakt; EU-Kommission; Eurozone; Geldanlage  3075  0 Kommentare EU-Kommission schafft Stabilitätspakt faktisch ab – was bedeutet das für Anleger?

    Als der Stabilitätspakt 1997 vor der Einführung des Euros verabschiedet wurde, sollte er der Eurozone gemeinsame Regeln geben, damit der Euro eine stabile Währung in der Tradition der D-Mark wird. Durch die jüngsten Entscheidungen zu den Defizitverfahren gegen Spanien und Portugal hat die EU-Kommission nun den Stabilitätspakt faktisch abgeschafft – mit erheblichen langfristigen Konsequenzen für Anleger und Sparer.

    Mit  der Empfehlung der EU-Kommission in der letzten Woche, keine Strafen gegen die Defizitsünder Portugal und Spanien zu verhängen, musste auch dem Letzten klar geworden sein, dass der Stabilitätspakt auch bei eindeutiger Faktenlage keine Anwendung findet. Beide Länder haben ihre Ziele im vergangenen Jahr deutlich verfehlt. Und das nicht zum ersten Mal. Das Defizit Spaniens lag 2015 bei 5,1%, Portugal verzeichnete 4,4% der Wirtschaftsleistung als Neuverschuldung – der Stabilitätspakt sieht eine Obergrenze von 3% vor. Während inmitten der Eurokrise die Akzeptanz der Verfehlung der Haushaltsziele noch nachvollziehbar war, erscheint die Auslegung des Stabilitätspakts mittlerweile völlig willkürlich. Begründet wurde der jüngste Verzicht auf eine Strafe von der EU-Kommission mit der schwierigen wirtschaftlichen Lage der beiden Länder. Doch gerade Spanien verzeichnete im vergangenen Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 3,2% ein wesentlich stärkeres Wachstum als der Durchschnitt der Eurozone (1,7%) und in den vergangenen Monaten deutlich fallende Arbeitslosenzahlen. Portugal war aufgrund der Reformen nach Inanspruchnahme europäischer Rettungsprogramme im Jahr 2011 auf einem guten Weg bei der Neuverschuldung. Nach den Neuwahlen im vergangenen Jahr wurden zahlreiche Reformen jedoch wieder aufgehoben. In der Folge entwickelte sich die Neuverschuldung ungünstiger als geplant. Die Argumentation der EU-Kommission zum Verzicht auf Konsequenzen wirkt vor diesem Hintergrund nicht glaubwürdig und verfestigt den Eindruck, dass Regeln in der Eurozone und der EU nach Belieben ausgelegt bzw. befolgt oder ignoriert werden.  Dies ist vor dem Hintergrund der Schuldenkrisen der vergangenen Jahre enttäuschend und sendet an alle Mitglieder der Eurozone das fatale Signal, dass mangelnde Haushaltsdisziplin nicht geahndet wird.  

    Schuldenproblematik bleibt ungelöst

    Die letzten Jahre haben gezeigt, dass vielen Ländern der Eurozone die Rückkehr zu soliden Haushalten zu unbequem ist. In diesem Licht betrachtet bedeutet der Verzicht auf die Durchsetzung des Stabilitätspaktes, dass die Abkehr von der Haushaltsdisziplin in der Eurozone unumkehrbar erscheint und die Schuldenlast immer weiter steigen wird. Deshalb sind höhere bzw. überhaupt positive Leitzinsen über Jahre oder sogar Jahrzehnte nicht zu erwarten. Eine größere Zinsbelastung wäre für die stark verschuldeten Staaten kaum tragbar. Gleichzeitig hat sich die EZB den Zusammenhalt der Eurozone „um jeden Preis“ zur Aufgabe gemacht. Sie wird daher steigende Renditen mit allen Mitteln verhindern und damit nicht mehr aus der Rolle des indirekten Finanzierers der Staatsschulden, in die sie sich begeben hat, herauskommen.

    Anleger sollten sich stärker außerhalb Europas umschauen

    Worauf müssen sich Sparer und Anleger vor diesem Hintergrund einstellen? Die Renditeerwartungen aus den vergangenen Jahren für klassische Sparanlagen und Vorsorgeprodukte werden nicht erfüllt werden und sich dadurch erhebliche Lücken beim geplanten Vermögensaufbau und bei der Altersvorsorge ergeben. Bei der Neuanlage bleibt die Wahl zwischen Renditeverzicht und dem Eingehen von größeren Risiken mit dem Ziel einer höheren Rendite. Aufgrund der anhaltend experimentellen Geldpolitik der EZB und der ungelösten Schuldenproblematik sollten Sachwerte wie Aktien, Immobilen und Gold ein Bestandteil der Geldanlage sein. Da nicht jeder die Kursschwankungen von Gold und Aktien tragen will oder kann, bieten sich bei Zinsanlagen Währungen von Ländern an, deren Notenbanken nicht immer neues Geld schaffen und damit die Zinsen manipulieren.  Dabei kommen Anleihen von wirtschaftlich stabilen Schwellenländern oder moderat verschuldeten Industrieländern in Frage. Aber auch ausgewählte Anlagen mit Kreditrisiken - z.B. High Yield - können eine sinnvolle Beimischung sein. Warten auf deutlich höhere Zinsen ist jedoch keine erfolgsversprechende Strategie – die Perspektive der Eurozone gibt das nicht her. Für den Anleger steigt damit aber auch der Anspruch an die Auswahl geeigneter Bausteine für die Geldanlage.





    Frank Biller
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    Frank Biller verantwortet bei Fonds transparent, einem anbieterunabhängigen Finanzdienstleister, die Kapitalmarkt- und Fondsanalyse. Dafür greift der Volkswirt und Bankkaufmann auf seine langjährige Berufserfahrung am Kapitalmarkt und im Research zurück. Auf dem Portal „Fonds-transparent“ werden Anleger mit verständlich aufbereiteten Informationen zu den Themen Geldanlage und Investmentfonds bei ihren Anlageentscheidungen unterstützt. Dafür werden laufend verschiedene Anlageklassen beleuchtet, interessante Investmentfonds hervorgehoben und Investmentstrategien erläutert. Mehr Informationen unter www.fonds-transparent.de.
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    Verfasst von 2Frank Biller
    Euro-Stabilitätspakt; EU-Kommission; Eurozone; Geldanlage EU-Kommission schafft Stabilitätspakt faktisch ab – was bedeutet das für Anleger? Durch die jüngsten Entscheidungen in den Defizitverfahren gegen Spanien und Portugal hat die EU-Kommission den Euro-Stabilitätspakt faktisch abgeschafft – mit erheblichen langfristigen Konsequenzen für Anleger und Sparer.

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